FLIGHT OF SLEIPNIR, THE - V
Auch im Soundcheck: Soundcheck 11/2014
Mehr über Flight Of Sleipnir, The
- Genre:
- Stoner Rock/Doom
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Napalm Records
- Release:
- 28.11.2014
- Headwinds
- Sidereal Course
- The Casting
- Nothing Stands Obscured
- Gullveig
- Archaic Rites
- Beacon In Black Horizon
Der Weg ist das Ziel: Vom Wachsen und Werden dieser eindrucksvollen Musik
Sleipnir ist das achtbeinige Pferd Odins und als Namensgeber für THE FLIGHT OF SLEIPNIR insofern besonders passend, als sich diese Zweimannband stilistisch und ästhetisch ähnlich vielbeinig präsentiert und eine ganz eigene und originelle Vermischung von metallischen Stilen (Doom und Black Metal) mit Stoner und Psychedelic Rock sowie einem etwas unscheinbaren Folk-Anteil erschafft. Doch es ist nicht nur die stilistische Vielfalt, es sind vielmehr noch die grundlegende Herangehensweise und die kaum greifbaren Songstrukturen, die der Musik das besondere Etwas verleihen. Eine große Stärke dieser gefundenen Ausdrucksform tritt bereits beim Opener 'Headwinds' deutlich zu Tage. Die Band lässt sich nicht nur Zeit, wie gern floskelhaft schwurbelnde Wiederholungsschleifen umschrieben werden, es wird hier tatsächlich mit den Erwartungen des Hörers gespielt und gängige laut/leise- bzw. langsam/schnell-Kontraste werden nicht lediglich aneinandergereiht, sondern vor allem durch die gefühlte Verzögerung derselben gnadenlos ausgereizt.
So startet der erste Song also in den ersten drei Minuten mit einer fast schon als zaghaft zu bezeichnenden Melodie, bevor der erste Gitarrenanschlag ertönt und 'Headwinds' in ein dunkel brummelndes Dröhnen übergeht. Eine Platte so zu beginnen, zeugt schon von einem hohen Maß an Selbstbewusstsein. Dabei taugt "V" auch in den kraftvolleren Momenten nicht dazu, als harte Scheibe durchzugehen. Die doomigen Riffs sorgen eher durch das kunstvolle Zerschneiden der sanften, harmonischen Passagen für die soundgewordene Intensität, die man hier auf allen sieben Songs - stets phasenweise - zu hören bekommt. Über die Brummel-Riffs legt sich dann von Zeit zu Zeit eine erquickliche, nicht selten psychedelisch angehauchte Gitarren- oder Keyboardmelodie (ganz toll bei 'Sidereal Course' und 'Gullveig'), welche den jeweiligen Song wiederum in eine komplett andere Bahn lenkt. Genau das halte ich für eine große Leistung: Es braucht keine 50 Breaks pro Song, trotz der generellen Langsamkeit der Musik und dem repetitiven Schwelgen in den jeweiligen Grundmustern, erzeugt dies ein recht hohes Maß an Variabilität. Es wird quasi immer noch "einer" drauf gesetzt, bis eine dichte Klangwelt erschaffen wurde und der Song schlussendlich rund ist. Man könnte auch etwas plakativ formulieren: Der Weg ist das Ziel in einem FLIGHT OF SLEIPNIR-Song.
Das sehr eindrückliche Auftaktdoppel 'Headwinds' und 'Sidereal Course' zeigt sich als perfekt ausbalanciert zwischen den verschiedenen Polen doomiges Dröhnen, psychedelisches Wabern und kunstvoll in Szene gesetzten, träumerischen Melodien. Wenn die Band mit dieser Melange und der originellen Ausdrucksform beim Hörer einen Nerv trifft, dann ist man an dieser Stelle bereits wie verschweißt mit dem Album. 'The Casting' zeigt die Band dann von ihrer rohesten Seite, während bei 'Nothing Stands Obscured' erneut eine ebenso langwierige wie mitreißende Steigerung in der Intensität und Sounddichte des Songs zelebriert wird. Ein wunderbares Doom-Riff zum Mitbangen zeichnet 'Gullveig' zu Beginn aus, aber auch dieser Song entwickelt sich noch in eine völlig andere Richtung und hat die spektakulärste Berg-und-Tal-Fahrt des Albums zu bieten. Der Gesang hält sich im Übrigen generell sehr im Hintergrund, wobei sowohl fast schüchterne Clean Vocals als auch eine Art atmosphärisches Röcheln (wie es auch zu Black Metal oder Sludge passt) zum Repertoire gehören. Und bei 'Archaic Rites' gibt es - bei solch einer Platte fast schon obligatorischen - dunkel-betörenden Frauengesang. Zum Abschluss bekommt der Hörer mit 'Beacon In Black Horizon' noch einmal etwas heftiger riffende Klangwände, aber auch ziemlich vertrackte Passagen auf die Ohren.
Dass das alles schon sehr speziell ist, macht es im Umkehrschluss aber auch verständlich, wenn diese Musik jemand als langweilig und spannungsarm empfindet - deshalb Obacht da draußen, dies ist keine Allerweltsplatte für den Hör nebenbei. Es gibt Menschen, denen das alles zu träge und eintönig ist, aber diese Platte birgt auch das Potenzial, erst nach dem fünften oder gar zehnten Hördurchlauf "Klick" zu machen. Und hat man erst einmal Zugang gefunden, dann steht zu "befürchten", dass "V" noch ganz gewaltig wächst. Bekommt man diesen Zugang jedoch nicht, dann ist FLIGHT OF SLEIPNIR für den Hörer zwangsläufig eine zähe Angelegenheit. Nicht umsonst bekam die Platte in unserem November-Soundcheck Noten zwischen 3 und 9 unter kompletter Aussparung des mittleren, ergo "ganz guten" Bereichs. Doch ist es ja eh viel interessanter, wenn eine Band so dermaßen polarisiert; schon allein deshalb sollte ihr dem letzten Platz im Soundcheck zum Trotz die verdiente Aufmerksamkeit zuteil werden. Für die zu kurz Angebundenen einfach zu langweilig, für andere mit einer vorhandenen Affinität für solcherlei Klangwelten wahrscheinlich ein lohnenswertes Kleinod.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Stephan Voigtländer