IRON MAIDEN - The Final Frontier
Auch im Soundcheck: Soundcheck 09/2010
Mehr über Iron Maiden
- Genre:
- Heavy Metal
- ∅-Note:
- 8.25
- Label:
- EMI
- Release:
- 13.08.2010
- Satellite 15.....The Final Frontier
- El Dorado
- Mother Of Mercy
- Coming Home
- The Alchemist
- Isle Of Avalon
- Starblind
- The Talisman
- The Man Who Would Be King
- When The Wild Wind Blows
Extraterrestrische Klangreise der verkopften Art.
Es ist irgendwie verflogen, die Neugier auf einen neuen IRON MAIDEN-Release, dieses prickelnde Gefühl, welches einen bereits Wochen und Monate vor dem endgültigen VÖ-Datum packt und nicht mehr loslassen möchte. Die britischen Jungfrauen haben in der Vergangenheit zumindest im Studio Federn gelassen und ihren hohen Anspruch nicht selten mit einem deutlich komplexeren Songwriting kombiniert, welches musikalisch in einer völlig neuen Ära stattfindet. Es war das erfolgreiche Comeback mit "Brave New World", welches hier noch am leichtesten zugänglich war, zwar auch schon diese überlangen Arrangements präsentierte, zumindest jedoch den hymnischen Charakter beibehielt, den man an MAIDEN schätzte und bis heute liebt.
Nun, warum sollte sich eine Band mit diesem Status nicht weiterentwickeln dürfen? Warum ist es MAIDEN nicht gestattet, den Pfad der Tugenden immer weiter zu verlassen und die persönlichen Vorlieben für progressivere Kompositionen auszuleben? Ist nicht schon längst alles gesagt und gespielt, was man von dieser Band erwartet? Ja, da haben wir es: Die Erwartungshaltung, die auch anno 2010 ins Unermessliche ragt und der Band sicherlich mehr beziehungsweise etwas anderes abverlangt, als sie zu geben bereit ist - oder doch was sie geben kann?
Wer jedenfalls glaubte, IRON MAIDEN würden eines Tages tatsächlich noch einmal einen Song wie 'Fear Of The Dark', geschweige denn 'Aces High' ans Tageslicht fördern, rennt der Zeit und der Entwicklung von Harris' Mannschaft mehr als eine Dekade hinterher. Aber welche Konsequenzen hat dieser mittlerweile permanent präsente Disput zwischen künstlerischer Freiheit und Erwartungshaltung für das neue Album "The Final Frontier"? Die Antwort kann man genau jetzt geben.
Tja, und so kunstfertig und musikalisch außergewöhnlich die neue Scheibe auch sein mag, sie besitzt keinesfalls dieses mitreißende Gefühl, welches man sogar noch von den vorherigen beiden Releases nach einiger Zeit geschenkt bekam. War besonders "Dance Of Death" noch unterbewertet und als Fortsetzung von "Brave New World" ein wirklich guter Beitrag, verstrickten sich die Briten auf "A Matter Of Life And Death" bereits viel zu sehr in ihre überlangen Songstrukturen, ohne hier jedoch einen Schritt gen Eingängigkeit und wurzelbetonter Leidenschaft zu wagen. Gut war, was ausgefallen ist - und dieser sogenannte Fortschritt findet auf "The Final Frontier" seine Forsetzung.
Doch sie ist bei Weitem nicht so rühmlich wie noch auf dem vorherigen Werk, welches nach einigen Durchläufen dann irgendwann doch zündete. "The Final Frontier" hat sie auch, diese Momente, in denen man gleich vor Spannung zu platzen droht, gerade in der zweiten Albumhälfte. Doch ein packender Chorus? Eine Killer-Hookline? Scheinbar Schnee von gestern, wie man auch im x-ten Versuch zu konstatieren gezwungen wird. Wenigstens ist der Aufbau einiger Longtracks dann doch sehr ansprechend, wobei die Masche mittlerweile einstudiert scheint: Ruhiger Einstieg, kontinuierlich verfeinerte Bridge, langer Anlauf, dann aber doch der finale Chorus, den sich mitzusingen letzten Endes lohnt. 'Isle Of Avalon' ist so ein Track, der prima in dieses Gefüge passt, 'Starblind' steigert das Ganze und mit dem Doppelpack 'The Talisman' und 'When The Wild Wind Blows' gelingt dem Sextett in den Schlussminuten tatsächlich noch eine Kehrtwende von den durchweg enttäuschenden Anfangsnoten.
Dort tummelt sich mit dem spacig eingeführten Opener 'The Final Frontier' (mit dem Intro-Part namens 'Satellite 15'), dem völlig durchschnittlichen 'El Dorado' und dem schon als "Brave New World"-Ausschussware gehandelten 'Mother Of Mercy' ein Haufen unfertigen, kaum schlüssigen Krams, dessen Qualitäten definitiv nicht denen eines souveränen MAIDEN-Albums entsprechen. Das epische, aber knapp gehaltene 'Coming Home' läutet schließlich die Wende ein, bevor die Band schließlich mit 'The Alchemist' langsam aber sicher wieder in die Spur kommt - naja, zumindest in diejenige, die ihnen auch die vorherigen Alben ebneten.
Da fragt man sich zum Schluss, was eigentlich so manch einer an der Blaze-Phase dieser Gruppe auszusetzen hat. Der direkte Vergleich zwischen Alben wie "The X-Factor" und "Virtual XI" zeigt nämlich, dass die Band seinerzeit Großartiges geleistet hat, welches man heute zumindest in dieser kompakten Form nicht mehr zu leisten imstande zu sein scheint. Und wohlgemerkt hatten die meisten Songs dieser Alben auch Überlänge! Aber vielleicht sollte man auch nicht vergleichen, sondern das annehmen, was vorhanden ist. Und das ist im Falle von "The Final Frontier" immer noch ein ordentliches Werk, dessen eigenständiger Charakter zumindest beweist, dass MAIDEN sich keinesfalls mehr wiederholen wollen.
Der Preis dieser Entwicklung ist jedoch vergleichsweise hoch. Denn irgendwann sollte man auch aufhören, Dinge schönzureden, weil ein bestimmter Name dahintersteht. Und wenn man eines auf jeden Fall festhalten muss, dann dass es lange keine MAIDEN-Produktion mehr gegeben hat, mit der man sich so schwer getan hat. Die finale Wertung scheint daher auch übertrieben hoch; aber wenn man bedenkt, dass hier teilweise auch brillant musiziert wird, muss man einen gewissen Standard auch einfach honorieren. Im Kontext des Bandkatalogs beziehungsweise in Relation zu einigen Klassikern ist diese Note aber bei Weitem nicht so wertvoll einzuschätzen! Aber das wird in wenigen Monaten eh wieder niemanden kümmern, wenn die ganze Sache mit einer Live-DVD und massig Bonus-Schnickschnack doppelt und dreifach verwertet wird...
Anspieltipps: When The Wild Wind Blows, Starblind, The Talisman
- Note:
- 7.00
- Redakteur:
- Björn Backes