JON OLIVA'S PAIN - Festival
Auch im Soundcheck: Soundcheck 02/2010
Mehr über Jon Oliva's Pain
- Genre:
- Heavy Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- AFM/Soulfood
- Release:
- 19.02.2010
- Lies
- Death Rides A Black Horse
- Festival
- Afterglow
- Living On The Edge
- Looking For Nothing
- The Evil Within
- Winter Haven
- I Fear You
- Now
Ein eigenwilliges Album, das sich teilweise stark von SAVATAGE abhebt, aber dennoch alle essentiellen Oliva-Trademarks aufweist.
Der Bergkönig ist zurück, und mit 'Lies' hat Jon Oliva den Einstieg in sein viertes PAIN-Album geschickt gewählt: Sein Keyboard und Matt LaPortes Leadgitarre steigern erstmal eine gute Minute lang die Spannung, bevor nach einer harmonischen Auflösung Schlagzeug, Riffs und Gesang wuchtig und drückend einsetzen. Damit werden erst einmal all jene eines Besseren belehrt, denen "Global Warning" etwas zu "schön" war, und die mit einer stärkeren Bombast-Orientierung der Band gerechnet haben. Zwar haben auch bei 'Death Rides A Black Horse' die Keyboards eine sehr dominante Rolle, doch sind sie nicht kitschig, neoklassisch oder schwülstig, sondern spacig, psychedelisch und düster. Der Refrain ist königlich geraten und das Gitarrenlead zu Beginn des letzten Drittels macht keine Gefangenen. Ja, das ist ein Einstand nach Maß, und damit wird schon bald klar, dass mit Jon Oliva und seinen Schmerzen noch immer zu rechnen ist!
Mit Jahrmarktgeräuschen, die ein Gewitter unterbricht, wird das Titelstück eingeleitet. Es stellt sich ein leichtes Horror-Feeling ein, die Gitarren spielen schaurige Leadmelodien, die bald vom Keyboard unterstützt werden. Jon moderiert mit finster-morbidem Gesang, als würd er uns ein Schauermärchen erzählen. Dabei sind die Riffs sehr klassisch und scheinen einen Siebziger-Einfluss zu haben. Der Song hat eine sehr auffällige Dramatik und brennt sich sauber ein. Auch Matt LaPortes Solo sticht heraus. Eine Siebziger-Schlagseite hat auch das zäh walzende Riff zum Einstieg in 'Afterglow', das sich auch sehr entspannter Akustik-Gitarren, Celli und des Pianos bedient. Den ersten Vers zelebrieren Jon und seine Leute sehr verträumt und zartfühlig, steigert sich in der Mitte jedoch in orchestral arrangiertes, aber dennoch kein bisschen in Richtung des schwülstigen Bombasts tendierende Drama, das in einer Mischung aus Barock, Jazz und Elegie ausklingt.
Mit 'Living On The Edge Of Time' wagt sich Jons Truppe mal wieder an ein Stück in klassischer, alter SAVATAGE-Manier, das mit etwas weniger Chören auch auf "Power Of The Night" keine schlechte Figur abgegeben hätte und sehr rock'n'rollig angelegt ist. Beim kurzen, balladesken 'Looking For Nothing' schlagen zunächst Einflüsse von Bob Dylan und den BEATLES durch, bevor sich bei 'The Evil Within' doomige Momente und ein guter Schuss Space Rock der Marke HAWKWIND die Klinke in die Hand geben. Das bewährte Schema, eine akustik Ballade in einen schweren Stampfer übergehen zu lassen, findet sich bei 'Winter Haven' wieder und beim starken 'I Fear You' qualmen die Seiten ob der beseelten, Sludge-lastigen, rockenden Art, die Leadgitarre zu bedienen. Zum Finale 'Now' ertönen schließlich melancholische Streicher und Jons unverkennbares Piano, sanft und nachdenklich haucht er sein Lied, das über die einsetzende Akustikgitarre und das hinzutretende Gitarrenlead, das von einer Violine abgelöst wird, merklich leidenschaftlicher wird. Eine klassische Olive-Ballade eben.
"Festival" ist ein für den Titel erstaunlich nachdenkliches und dunkles Album, das sich meinem Empfinden nach erheblich von den beiden Vorgängern abhebt. War "Maniacal Renderings" ein Metal-Feuerwerk in der Tradition der alten SAVATAGE, und zitierte "Global Warning" die bombastischen, Keyboard-lastigen Arrangements der späteren Phase der Band, so ist "Festival" sehr eigenwillig. Es hat einen etwas gedämpften Sound, der es dunkel und nachdenklich wirken lässt. Die Songs haben viel Tiefgang und Seele, doch sie zünden oberflächlich nicht ganz so schnell, wie dies früher bisweilen der Fall war. "Festival" ist keineswegs leichte Beute für den Hörer. Es will ergründet werden, die Atmosphäre will erspürt werden, denn Jon Oliva und seine Jungs gehen hier nicht auf Nummer Sicher und zocken nicht nach Schema F. Sie haben ein mutiges und eigenwilliges Album erschaffen, das sich zumindest teilweise stark von SAVATAGE und den älteren PAIN-Alben abhebt, aber dennoch alle Trademarks aufweist, die einen Jon Oliva ausmachen. Stark!
Anspieltipps: Death Rides A Black Horse, Festival, The Evil Within, Afterglow
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle