JUDAS PRIEST - Angel Of Retribution
Mehr über Judas Priest
- Genre:
- Heavy Metal
- Label:
- Sony
- Release:
- 28.02.2005
- Judas Rising
- Deal With The Devil
- Revolution
- Worth Fighting For
- Demonizer
- Wheels Of Fire
- Angel
- Hellrider
- Eulogy
- Lochness
JUDAS PRIEST sind eine lebende Legende: Veteranen des Hardrock, Vorreiter des Metal, einstmalige Innovatoren, zwischenzeitlich zerstrittene (Ex-)Bandmitglieder und nunmehr wiedervereinigte Rockdinosaurier. Jetzt, da Rob Halford wieder zurück ist und Ripper Owen seine Sachen packen konnte, ist auch mein Interesse an der Band wieder geweckt.
Vorneweg erst einmal die gute und schlechte Nachricht zugleich: Alles beim Alten im britischen Stahlwerk. Wobei 'alt' es nicht ganz trifft, denn wer ausschließlich auf den PRIEST-Sound der 1970er und frühen 80er Jahre steht, wird an "Angel of Retribution" wohl wenig Gefallen finden. Schließlich greift die Band hier vor allem den äußerst erfolgreichen Sound der 90er Jahre ("Painkiller", "Ram It Down") wieder auf.
'Judas Rising' eröffnet den Reigen mit einer bombastischen JUDAST PRIEST-Markenzeichenmelodie gewissermaßen klassisch. Der Track wäre beinahe zeitlos zu nennen, würde das Schlagzeug nicht etwas dichter, schneller, härter, maschineller klingen als früher - eben etwas moderner und leicht 'black' angehaucht. Black Metal erlebt momentan ja gerade einen zweiten Sommer - 'tschuldigung: Winter natürlich! Und da sich die Hohepriester aktuellen Trends bekanntlich noch nie verschlossen haben, wird hier eben ein wenig »ice cold and evil« agiert, nicht ohne dass die Fremdeinflüsse souverän in den eigenen Sound integriert würden. Resistance is futile, wenn die Metal Gods zuschlagen.
Überhaupt quillt das neue Album selbiger geradezu über vor hymnischen Melodien, gniedelnden und strudelnden Gitarrensoli, fett röhrendem Basssound, druckvollem Powerdrumming und rockigen Hintergrundbeats. Doch auch augenzwinkernd eingestreute Verweise auf die eigene Bandgeschichte lassen sich die Hohepriester nicht nehmen: Hier erinnert die Produktion kurzfristig an das apokalyptisch rasselnde 'Metal Gods', dort knüpft man musikalisch wie textlich an den Überhit und collagenhaften "Comic Cyborg Superhero meets Mythical Metal Messiah"-Epos 'Painkiller' an, und auch der ganz den Bauch ansprechende, alles überstrahlende Power-and-the-Glory-Bombast eines absoluten Killertracks wie 'Metal Meltdown' scheint jederzeit auf den Hörer zu lauern (auch wenn er in dieser alten Größe und Klasse letztendlich ausbleibt). Die Scheibe macht einfach Laune und powert die Boxen ordentlich durch. Wie seit jeher gewohnt, werden bei JUDAS PRIEST selbst schrillst einschneidende Gitarrentöne auch dieses Mal fast immer von einem leichten nostalgischen Unterton begleitet, sodass ich mich in ihrem Sound sofort wieder heimisch gefühlt habe.
Zwischen all dem starken Tobak sorgen Songs wie 'Deal with the Devil' mit seiner eher traditionellen Rockriffökonomie oder das auf True Heavy Metal Values setzende 'Revolution' mit seinen an AC/DC gemahnenden Vocals für eine gewisse Ausgeglichenheit. Auch das mit Streichern und an BON JOVI gemahnendem Gesang arbeitende 'Worth Fighting For' kann sich durchaus hören lassen. Thrashiger geht 'Demonizer' ab, kann dem Kosmos der Band aber auch keine wirklich neuen Elemente hinzufügen, allenfalls hier und da ein paar Akzente setzen. Noch konservativer kommt 'Wheels of Fire' daher, quasi die 2005er Variante des JUDAS PRIEST Biker-Metal-Klassikers 'Freewheel Burning'. Für die nötige Balladenhaftigkeit sorgt das von latinomäßiger Halbakustikgitarre, Glockengeläute und schwebendem Schäfchenwolkengleitfluggitarrensolo getragene 'Angel' mit seinem durchweg gefühlvollen Gesang, bevor 'Hellrider' wieder voll durchpowern darf. Das Stück sorgt in seiner schier unglaublichen Machttrunkenheit für einen reinen Euphorierausch, welcher in 'Eulogy' dann so langsam wieder ausklingt.
Innovation hat man von JUDAS PRIEST als alter Fan wohl kaum erwartet.
Wer sich mit verdammt guter professioneller Arbeit ganz nach dem Bandmotto 'Delivering The Goods' zufrieden gibt, für den stellt "Angel Of Retribution" dennoch einen gerne getätigten Pflichtkauf dar. Wirklich überraschen kann allerdings nur 'Lochness': Hier haben wir es mit einem malmenden Doom/Powermetal-Hybriden zu tun, der sich äußerst kraftvoll aus den Boxen wälzt. Wer darauf steht, sollte sich unbedingt einmal die Kultscheibe "The Reborn" von RISK zu Gemüte führen - und umgekehrt. Der Schottenrocker ist jedenfalls ein echter Übersong und für mich schon jetzt ein Klassiker. Mit etwas Glück wird er diesen Sommer auf einigen Festivals stilecht bei Sonnenuntergang dargeboten werden ...
Anspieltipps: Judas Rising, Worth Fighting For, Hellrider, Lochness
- Redakteur:
- Eike Schmitz