MARKGRAF - Hohenbaden
Mehr über Markgraf
- Genre:
- Black/Heavy Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Blutrausch Propaganda
- Release:
- 10.05.2024
- Allerheiligen
- Baldreit
- Burg Windeck
- Hohenbaden
Verzückendes Kauztum aus Baden.
Wenn sich ein Norddeutscher, wie ich es bin, plötzlich näher mit der Geschichte Badens befasst, dann hat das sicher einen Grund. Der Grund für mein abendliches Wikipedia-Lesefieber hört auf den Namen MARKGRAF und ist selbstverständlich musikalischer Natur. Schon vor vier Jahren veröffentlichte das Trio aus Baden-Baden ein selbstbetiteltes Debüt, das mir und meinen Kollegen leider durch die eigentlich recht feinfühligen Lappen gegangen ist. Mit "Hohenbaden" steht ein zweites Kapitel in den Startlöchern, das zum Glück in meinen Fängen gelandet ist.
Ich rede von einem Glücksfall, da offensichtlich nicht nur die Geschichte dieses mir ziemlich fremden Landes spannend ist, sondern auch die Musik der Band um Sänger und Gitarrist Ódio. Denn die ist ähnlich bunt, wie das großartige Artwork des Slowaken Dávid Glomba ("Teitan Arts"). MARKGRAF beruft sich nämlich auf die erste Welle des Black Metal, verwebt allerdings viele andere Einflüsse in den brachialen Sound. So gibt es neben Blastbeats und Geflirre auch viele eher traditionelle Metal-Riffs, fantastische Doom-Parts und manche symphonische Unterstützung. Der Gesang überschreitet die schwarzmetallischen Grenzen ebenfalls und erinnert von Tonlage, Ausdruck und Kauzfaktor an CIRITH UNGOLs Tim Baker. Was für ein Lob! Der Promo-Zettel berichtet darüber hinaus sogar von Dream-Pop-Einflüssen. Das mag sein, auch wenn es mir bei den vielen Durchläufen bisher nicht so recht aufgefallen ist. Denn so eigensinnig sich das Konzept lesen mag, so flüssig präsentieren sich die vier Songs.
Der Beginn ist mit dem achtminütigen 'Allerheiligen' dabei mehr als geglückt. Das ist nämlich ein äußerst spannendes Stück geworden, das schon gleich zu Beginn demonstriert, das sich MARKGRAF nicht an irgendwelche Genre-Konventionen hält. Raul Starcz entlockt seinem Bass hier so manch stimmungsvolles Doom-Lead, die Gitarre scheint sich vor Urvätern wie MERCYFUL FATE zu verneigen und Hilko Ukena verdrischt sein Schlagzeug mit leicht vertrackten Umwegen. Toll! Das kurze Instrumental 'Baldreit' fungiert als gelungene Überleitung zum knackigen 'Burg Windeck'. Herzstück des Albums ist allerdings das Titelstück zum Schluss, dem wirklich ausreichend Platz zur vollen Entfaltung vergönnt wurde. Das Lied hat nämlich eine Spielzeit von zwanzig Minuten und ist trotzdem das schwarzwurzeligste Stück im Reigen. Hier gibt es nämlich richtig auf die Mütze. Aber es geht im teils deutschen Text ja auch um Heerscharen von Ratten, die die Pest nach Hohenbaden brachten und um die Markgräfin Katharina, die sich mit ihren Kindern vor diesen im Burgturm verschanzte. Großartig und hochdramatisch umgesetzt.
Damit mag ich nun MARKGRAF allen ans Herz legen, die gerne über Tellerränder blicken, die gerne eigensinnigen Käuzen lauschen und die vielleicht noch eine Geschichtslektion mitnehmen möchten. "Hohenbaden" ist definitiv ein Album mit Langzeitwirkung, so viel darf ich nach den zwei Monaten, die mich die Musik nun schon begleitet, versprechen.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Marius Luehring