MAYHEM - Esoteric Warfare
Auch im Soundcheck: Soundcheck 05/2014
Mehr über Mayhem
- Genre:
- Black Metal
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Season of Mist (Soulfood)
- Release:
- 06.06.2014
- Watchers
- PsyWar
- Trinity
- Pandaemon
- MILAB
- VI Sec
- Throne Of Time
- Corpse Of Care
- Posthuman
- Aion Suntalia
Die Legende gibt sich etwas zugänglicher und songdienlicher als zuletzt.
Pünktlich zum dreißigsten Wiegenfeste erscheint dieser Tage das fünfte vollständige Studioalbum der norwegischen Metal-Legende MAYHEM, und wie es kaum anders sein könnte, so gibt es auch zu "Esoteric Warfare" von der ersten Sekunde an sehr kontroverse Meinungen. Was mich angeht, bleibe ich allerdings guten Gewissens bei meiner Prophezeihung aus dem Review zur Vorabsingle "Psywar", denn ja, die Band hat mit den beiden Vorab-Nummern nicht zu viel versprochen, sondern sie krendenzt uns mit "Esoteric Warfare" genau das Album, das ich mir erhofft hatte.
Der neue Gitarrist Teloch kann Blasphemers Fußstapfen wirklich ausgezeichnet füllen, und Attila beweist einmal mehr, dass er in schwarzmetallischen Dingen ein absoluter Ausnahmefronter ist, dessen stimmliche Vielseitigkeit und unverkennbare Radikalität ihresgleichen suchen. Kreischen, Quieken, Knurren, Brüllen, Beschwören oder auch klares Singen wie etwa beim phänomenalen 'Corpse Of Care': Der Ungar zieht alle Register seines Könnens, und schon allein deshalb ist dieses Album einen Kauf wert. Alles in allem präsentiert sich das neue Werk dabei auch weitaus zugänglicher und songorientierter als sein extrem schwer verdaulicher Vorgänger "Ordo Ad Chao", dabei aber nach wie vor sperrig und komplex.
Hellhammers Drumming ist wie immer sehr präsent und es steht durchaus im Vordergrund; die Kritik mancher Kollegen, dass es zu dominant sei, zu viel Aufmerksamkeit beanspruche, und in seiner Ausführung gar langweilig und vorhersehbar sei, kann ich jedoch nicht einmal im Ansatz nachvollziehen. Das Klangbild des Albums insgesamt ist nämlich für meine Ohren sehr ausgewogen und Hellhammers Schlagwerk lässt dem Gesang und den anderen Instrumenten mehr als genug Raum zur Entfaltung. Ein tolles Beispiel hierfür ist 'Posthuman' in welchem sowohl Attila als auch Necrobutcher am Bass sehr starke Akzente setzen können.
Wir haben es dabei keineswegs mit einem Album zu tun, das sich insgesamt zu sehr auf die Höchstgeschwindigkeit verlegen würde. Es gibt zahlreiche Breaks und auch ganze Stücke, die uns in getragenere, ja, teils geradezu doomige Gefilde führen, was vor allem für 'MILAB' und 'VI Sec' im Mittelstück gilt, die für das neue Album eine ähnliche Funktion zu erfüllen scheinen wie etwa die Doom- und Ambient-Passagen auf "Grand Declaration Of War". Auch viele der vom Grundtempo her schneller angelegten Stücke haben starke Breaks und führen durch getragenere Passagen, in denen das Tempo mal gedrosselt und mal fast völlig heraus genommen wird.
In den überwiegend schnelleren Stücken findet die Band indes den goldenen Mittelweg zwischen der Räudigkeit des Frühwerks, die man ihr heute in ihrer puren Form kaum mehr abnähme, und der hochglänzenden Kälte der späteren Maniac-Ära. Sie kleidet ihren weiterhin modernen, vertrackten und abstrakten Zugang zum Songwriting wie schon auf "Ordo Ad Chao" in einen etwas muffigen, dunklen und archaischen Sound, der in gewisser Weise dann doch an die Mittneunziger gemahnt, ohne MAYHEM auch nur ansatzweise auf Retro-Pfaden zurück zu "De Mysteriis Dom. Sathanas" zu führen.
Wenn wir "Esoteric Warfare" also überhaupt etwas vorwerfen wollen und können, dann vielleicht die Tatsache, dass es ähnlich wie schon "Chimera" ein bisschen auf Nummer Sicher geht und nicht den einen, berühmten Schritt weiter geht, als die Band bisher gegangen war. Es bricht nicht mit Konventionen, es fordert und verstört die Anhängerschaft nicht so sehr wie seinerzeit etwa "Ordo Ad Chao" oder "Grand Declaration Of War", sondern es macht es dem Hörer einmal etwas leichter, in die neue Klangwelt MAYHEMs hinein zu finden. Das mag manchen Fan ein wenig stören, dafür aber auch viele andere erfreuen. Für mich stellte es jedenfalls keinen Makel dar. Damit bleibt unterm Strich ein Album ohne erkennbare Schwächen, das mich auf ganzer Linie überzeugen kann, das aber auch nicht den Denkmal-Status erreichen wird, den andere MAYHEM-Alben inne haben. Daher reicht es nicht ganz zur Höchstnote, aber viel fehlt in der Tat nicht.
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle