MORSE, NEAL - Momentum
Auch im Soundcheck: Soundcheck 09/2012
Mehr über Morse, Neal
- Genre:
- Progressive Rock
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Insideout Music/EMI
- Release:
- 07.09.2012
- Momentum
- Thoughts Part 5
- Smoke And Mirrors
- Weathering Sky
- Freak
- World Without End
Morse'sche Hausmannskost
NEAL MORSE ist ein Workaholic: keine anderthalb Jahre nach "Testimony 2", einer Live-DVD der dazugehörigen Tour sowie dem FLYING-COLORS-Debüt schickt uns der Prog-Missionar "Momentum" in die Abspielgeräte. Zur Begleitmannschaft gehören neben der Stammbesetzung aus Mike Portnoy (dr.) und Randy George (b) auch Saitenhexer Paul Gilbert und als weitere Gäste die Mitglieder seiner US-Tour-Band, die er per Video-Casting ins Leben gerufen hatte.
Die Musik von NEAL MORSE ist Fluch und Segen zugleich. Segen, weil man sich immer auf Qualitätsware, Ohrwürmer und epische Arrangements verlassen kann und sich bei jedem neuen Song sofort heimisch fühlt. Fluch, weil die Handschrift auf seinen Soloalben überdeutlich gleichförmig ist und Selbstzitate nicht einmal versteckt werden. Der Beginn des Albums winkt mit mehr als nur dem Zaunpfahl: man vergleiche das Intro von 'Momentum' mit dem von 'Lifeline' auf dem gleichnamigen Album. Vielleicht ist das Keyboard-Signature-Gedudel aber auch gewollt so ähnlich und ich hänge mich an Banalitäten auf. Das müsst ihr selbst herausfinden. Das war aber dann auch der einzige Punkt, an dem ich etwas zu meckern habe. Denn der Titeltrack ist ein toller Song für alle Freunde des hypermelodischen Progs. Wenn dann noch Paul Gilbert seine Kabinettstückchen aufführt, schlägt jedes Prog-Herz höher. Ein schöner Opener!
Wem der mehrstimmige GENTLE-GIANT-Gedächtnisgesang auf "Testimony 2" gefallen hat, findet auch an 'Thoughts Part 5' Gefallen. Da kommen natürlich Reminiszenzen an die frühen SPOCK'S BEARD auf. Neal Morse bleibt eben NEAL MORSE. Der Track kann zwar nicht ganz mit 'Time Changer' von "Testimony 2" mithalten, das groovige Treiben der Rhythmus-Fraktion macht aber einiges an Boden gut!
Ein Blick auf die Tracklist sorgt auf den ersten Block für Verwunderung: nur sechs Songs? Die Erleichterung folgt auf dem Fuß, denn 'World Without End' ist ein Morse-Epos im klassischen Sinn. 33 Minuten Wahnsinn reißen noch einmal alle Daumen nach oben. Die drei Herren brennen hier ein Prog-Feuerwerk erster Güte ab, bei dem man sämtliche Facetten der Morse'schen Klangkunst zu hören bekommt: krumme Takte mit Stakkato-Riffs, Unisono-Abfahrten erster Güte, ruhige Passagen, in denen das Klavier dominiert, Melodien der Sahnehäubchen-Kategorie und ein richtig geiles Bass-Solo von Randy George. Also so ziemlich die Vollbedienung in jeglicher Hinsicht. Vor allem Fans des letzten TRANSATLANTIC Outputs "The Whirlwind" werden sich hier wie zu Hause fühlen.
Zur Abwechslung gibt es noch zwei Balladen. 'Smoke and Mirrors' glänzt im Kontrast zum restlichen Album durch seine Einfachheit und die geniale Atmosphäre. Hier und da schimmert eine Prise BLACKMORE'S NIGHT durch, diese Nummer kann es durchaus mit 'We All Need Some Light' oder 'Bridge Across Forever' aufnehmen. 'Freak' hingegen ist eine Pop-Nummer, die durch die dominanten Streicher etwas an den Cola-Weihnachtsmann erinnert, aber mit seinen vier Minuten nicht wehtut. Für einige Hörer dürfte die Schmalzdosis hier wohl kritische Dimensionen erreichen.
NEAL MORSE bleibt sich also absolut treu und liefert erneut ein starkes Werk ab. Manchem Hörer wird gefallen, dass die christliche Botschaft nicht so deutlich transportiert wird wie zuletzt auf "Testimony 2" oder "Sola Scriptura". Ansonsten ist in der Prog-Welt alles in Ordnung. Denn auch auf "Momentum" findet NEAL MORSE die perfekte Bilanz aus Frickel-Einlagen, Eingängigkeit und Gefühl. Gewohnt stark!
Mehr zu dem Album:
Soundcheck 9/12
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Nils Macher