OMEN (US) - Hammer Damage
Auch im Soundcheck: Soundcheck 05/2016
Mehr über Omen (US)
- Genre:
- Heavy Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Pure Steel Records
- Release:
- 27.05.2016
- Hammer Damage
- Chaco Canyon
- Cry Havoc
- Eulogy For A Warrior
- Knights
- Hellas
- Caligula
- Era Of Crisis
- A.F.U.
Ein lange erwartetes Comeback präsentiert sich als klangliche Herausforderung.
Hallelujah homines, gaudete Omine! Der Advent des siebten Studioalbums der Texaner von OMEN war bis vor Kurzem ein Running Gag der Szene, so wie einst "Chinese Democracy" von GUNS'N'ROSES oder noch immer "Mathematics" von WATCHTOWER. Nachdem im Jahre 2003 mit "Eternal Black Dawn" die letzte reguläre Langrille der Jungs um Gitarrist Kenny Powell erschienen war, und sich einige erfolgreiche Tour- und Festivalaktivitäten anschlossen, wurde der Nachfolger "Hammer Damage" erstmals bereits vor mehr als acht Jahren angekündigt, doch alles kam anders, immer wieder! Besetzungswechsel, studiounwillige Sänger, neue Artwork-Visionen und ausgewachsene Naturkatastrophen sorgten immer wieder für Rückschläge und viele Fans hatten die Hoffnung längst aufgegeben, dass dieser Hammer irgendwann einmal wirklich kreisen würde. Doch nun wird es Ende Mai tatsächlich so weit sein, und mit frischem Cobra-Artwork sucht uns "Hammer Damage" tatsächlich heim! Dass nicht wenige Kollegen von der schreibenden Zunft sich gleich bei Eintreffen der Promo auf selbige stürzen, wird euch wenig überraschen, denn eines der am meisten erwarteten Alben der traditionellen Metalszene ist das Scheibchen ja in jedem Fall. Die Erwartungen sind teils irrsinnig hoch, teils quasi nicht vorhanden, und nach den ersten Hördurchläufen schlägt mir von manchen Kollegen bereits ein rüdes Abwinken entgegen. Von einem Schuss in den Ofen ist die Rede, von einem unerträglichen Drumsound, von einer der größten Enttäuschungen der Metalgeschichte, und von Schlimmerem.
Kann ich das glauben? Will ich das glauben? Kann das sein? Nun, natürlich macht sich der Verfasser dieser Zeilen, der vermutlich wie kaum ein zweiter Freak seit Jahr und Tag auf diese Scheibe gewartet und die Labelverantwortlichen bei Pure Steel Records mit regelmäßigen Sachstandsanfragen genervt hat, sein eigenes Bild und wirft die Promo direkt an. Der erste Eindruck scheint die Unken zu bestätigen, denn auch mir stößt das Klangbild der Drums erst einmal ziemlich übel auf, stehen diese doch irgendwie seltsam dominant neben der Musik und klackern recht mechanisch vor sich hin. Auch ich will nicht glauben, dass ein leibhaftiger Steve Wittig so klingt, so klingen mag und ernsthaft so präsentiert wird. Das trübt erst einmal den Hörgenuss nicht unbeträchtlich, und nachdem der Einstieg in das Werk mit dem sperrigen Titelstück auch sehr gewagt ist, macht sich auch bei mir zuerst einmal eine gewisse Enttäuschung breit, obwohl einige Songs auch schon beim ersten Durchlauf zünden. Doch warum sollte ich die Spötter, die mir gerne mal unterstellen, mir alles schön zu hören, gerade bei dieser heiß und lang ersehnten Scheibe einer meiner absoluten Lieblingsbands Lügen strafen? Eben! So kommt "Hammer Damage" natürlich in die intensive Dauerrotation, und dazu gehört eben auch das Experimentieren mit den Einstellungen des Equalizers. Schraubt man hier ein bisschen an Höhen und Tiefen, so dass das Schlagzeug nimmer so sehr im Vordergrund steht, und dreht dann ordentlich die Lautstärke auf, dann passt das schon irgendwie. Eine ernsthaft wirksame Maßnahme oder nur ein gewisser Gewöhnungseffekt? Völlig egal, der Schlagzeugsound stört mich nach inzwischen gut dreißig Durchläufen tatsächlich kaum mehr, und so kann es mit der Betrachtung der einzelnen Songs losgehen:
Den Anfang macht gleich das Titelstück 'Hammer Damage', das sich auf jeden Fall erstmal sehr sperrig präsentiert. Gangshouts, aggressiv, teilweise ordentlich schreddernd und zermalmend kreist der Hammer, so dass man sich kompositorisch manchmal ein wenig an "Reopening The Gates" erinnert fühlt, wobei die Band die Anklänge an diese von den Fans doch eher ungeliebte Ära in ein klassisch-metallisches Gewand gepackt und durch Kevins Gesang und Kennys melodische Leads doch sehr weit von dem Groove-Thrash-Ansatz jener Scheibe weggerückt hat. Das folgende 'Chaco Canyon' ist alles in allem viel klassischer gehalten und geht stilistisch zurück zu "Warning Of Danger"-Zeiten. Das Stück lebt vor allem von Kennys unverkennbarer Gitarrenarbeit gerade im Solobereich, doch es bleibt durch den nicht allzu prominenten Refrain eines der unscheinbarsten Stücke der Scheibe. Ihr seht, neben dem Drumsound macht es uns vielleicht auch die Wahl des Einstiegs etwas schwierig, das Album direkt anzunehmen, denn auch an dritter Stelle steht mit 'Cry Havoc' eine Herausforderung, ist es doch der flotteste und aggressivste Song der Scheibe, der durch die attackierenden Riffs, Kevins bissige Gesangsdarbietung und einen starken Refrain ein echter Kracher vor dem Herrn wäre, bei dem allerdings das massiv dominierende Schlagzeug einiges vom Fluss und von der Homogenität wegballert und bei dem auch das Fade-out am Ende etwas deplatziert wirkt.
Ab dem vierten Stück wird es dann jedoch geschmeidiger, folgt zum Durchatmen doch erst einmal 'Eulogy For A Warrior', das die epische, halb-balladeske Seite OMENs präsentiert, wie etwa einst vorzeiten 'Hell's Gate' oder 'Don't Fear The Night'. Wer den Demosong 'Epitaph' kennt, der weiß, was ihn hier erwartet. Ein paar Chorvocals am Anfang, fein gezupfte Hooks und flammende Leads auf der Gitarre, eine wirklich tolle Gesangsleistung von Kevin Goocher und einige starke Bassparts von Andy Haas zeichnen das Stück aus. Bei der Templerhymne 'Knights' wird das Tempo wieder etwas angezogen und es baut sich ein stattlicher Uptempo-Banger mit bärenstarkem Refrain auf, der sich auch auf einem der Alben der klassischen Frühphase gut eingefügt hätte, bevor mit 'Hellas' der absolute Überflieger des Albums ansteht, der auch schon als Vorabsong präsentiert wurde. Bei diesem Stück passt einfach alles, vom epischen Intro über den leidenschaftlichen Mittelteil und seinen packenden Refrain bis hin zum eindrucksvollen Finale. Kevin gibt hier stimmlich alles und was Kenny an der Klampfe ablässt, das ist 80er-OMEN in Reinkultur und in Perfektion, so dass in Griechenland bestimmt schon darüber beraten wird, die Nationalhymne zu wechseln. Allein der Übergang vom Vers in den Refrain, und wie sich dann direkt ein mitreißender Leadgitarrenpart anfügt, das ist pure Magie! Doch auch zum Ende hin lässt die Scheibe kaum nach: 'Caligula' gibt sich hinterhältig, mal schleppend, mal anziehend, und wird von Kevin schön rau gesungen, bevor die Scheibe mit dem flotten, explosiven, zupackenden 'Era Of Crisis' und dem abschließenden Instrumental 'A.F.U.' schließt, das natürlich dem guten Kenny Powell nochmals alle Freiheiten lässt, zu demonstrieren, dass er schon ein ganz besonders eigenwilliger Gitarrero ist.
Nun, was bleibt am Ende des Tages? Zunächst einmal die Feststellung, dass offen bleibt, warum eine Band ein Comebackalbum, an dem sie nahezu zehn Jahre gefeilt hat, mit einem Drumsound auf die Menschheit loslässt, bei dem sich viele Fans absolut zu Recht fragen, was die Band hier geritten hat. Hat das niemand gemerkt? Warum ging das nicht anders? Was hat Steve Wittig dazu zu sagen? Doch davon abgesehen, liefert die Band echt ab! Kenny Powell hat nichts von seiner Brillanz als Gitarrist verloren, der Gitarrensound ist im Gegensatz zum Schlagwerk auch ein echter Volltreffer, und die Riffs, Leads und Soli sind einfach unverkennbar. Auch Kevin Goocher ist für mich nach J.D. Kimballs Tod nach wie vor die beste denkbare Lösung für die Position am OMEN-Mikro. Der Mann gibt auf "Hammer Damage" wirklich alles und er sorgt dafür, dass das OMEN-Feeling der Achtziger zu jeder Zeit beim Hörer ankommt. Auch auf kompositorischer Ebene passt für mich fast alles: Der anfangs sperrige Titeltrack wächst von Durchlauf zu Durchlauf, das Songwriting ist sehr abwechslungsreich und deckt die volle Bandbreite des OMEN-Spektrums ab, nahezu alle Songs haben prägnante Hooks und markante Refrains, und mit 'Eulogy For A Warrior', 'Knights', 'Hellas' und 'Era Of Crisis' haben sich für mich auch vier veritable Hits eingeschlichen, die ich jederzeit gerne live feiern und mitsingen würde!
Daher möchte ich euch an dieser Stelle einfach herzlich bitten, als OMEN-Fans nicht locker zu lassen, denn selten hat sich "Schönhören" bzw. das Gewöhnen an produktionstechnische Herausforderungen so sehr gelohnt wie in diesem Fall. Für mich ist das Album inzwischen auf jeden Fall ein Grund zur großen Freude mit hohem Mitsingpotential, und deshalb auch die sehr gute Wertung. Wer mit der Umsetzung ernsthafte Probleme hat, der wird natürlich deutlich drunter liegen. Aber gebt der Scheibe einfach ein paar Chancen mehr, und sie wird euch belohnen!
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle