SHINING - IX - Everyone, Everything, Everywhere, Ends
Auch im Soundcheck: Soundcheck 04/2015
Mehr über Shining
- Genre:
- Black Metal / Progressive Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Season Of Mist
- Release:
- 20.04.2015
- Den Påtvingade Tvåsamheten
- Vilja & Dröm
- Framtidsutsikter
- Människotankens Vägglösa Rum
- Inga Broar Kvar Att Bränna
- Besök Från I(ho)nom
- Ohne Dich (RAMMSTEIN Cover)
- Black Industrial Eleven
Kein Ende der guten Musik in Sicht.
Niklas Kvaforth ist einer dieser gefühlt immer seltener werdenden Persönlichkeiten im Heavy Metal, die zwischen Genie und Wahnsinn - oder sagen wir es in SAVATGE-Worten - zwischen Mozart und Madness wandeln. Ich muss ehrlich sagen, ich für meinen Teil nehme ihm dieses Kokettieren mit Suizid und Selbstverletzung nicht so richtig ab und halte ihn eher für einen cleveren Showman, der es eben gerne mal blutig mag. Aber wer weiss dies schon? Schaut euch nur mal die Sammlung von Gazetten (z.B. auf seiner Facebook-Seite) an, die Kvaforth auf dem Titelblatt ausstellen. Der Typ macht was her und er gibt sich auch gerne her. Ist das nicht eine schöne Win-Win-Situation für die Presse und SHINING-Niklas?
Ich möchte Kvaforth jedoch auf gar keinen Fall diskreditieren. Im Gegenteil, ich habe hohen Respekt vor ihm und dies ist allen voran ein Verdienst seiner Musik. Das letzte Album "Redefining Darkness" hat in der Tat seine Spuren hinterlassen, es konnte den Hörer emotional am Schlafittchen packen, ganz tief in eine dunkle Welt der Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit reinziehen, und ihn obendrein davon überzeugen, dass es kaum einen besseren Zustand geben kann. Verdientermassen also stand dieses "Meisterwerk seelischer Abgründe" (sagt Kollege van der Laan) im Oktober 2012 auf dem Soundcheck-Podest (Soundcheck 10/2012, Review, Gruppentherapie,) und dementsprechend gespannt darf man auf den Nachfolger sein.
"IX - Everyone, Everything, Everywhere, Ends" lautet nun der die letzte Vollendung verheissende Titel. Und das Album vermag es nach einem fast bombastischen Intro auch gleich wieder, Atmosphäre aufzubauen. Dabei fokussiert sich Kvaforth noch mehr als auf "Redefining Darkness" auf halblaute Passagen mit Clean-Gitarren, in denen er gerne seinen eigenwillig-knurrigen Flüstergesang einsetzt. So dauert es beispielsweise bei 'Framtidsutsikter' fast fünf Minuten, bis der Song richtig Fahrt aufnimmt. Und auch die Black-Metal-Passagen wirken an den meisten Stellen nicht wirklich räudig und gartsig, sondern ähnlich wie auf der aktuellen SATYRICON-Scheibe sehr elaboriert und klanglich herausgeputzt. Dabei ist festzustellen, dass SHINING es schafft, ein sehr charakteristisches und eigenständiges Klangbild zu erschaffen.
Insgesamt gesehen kann "IX - Everyone, Everything, Everywhere Ends" jedoch nicht ganz mit "Redefining Darkness" mithalten, doch ist es recht schwer zu begründen, warum. Mir scheint, als wären die Kontraste zwischen barschem Black Metal und gepflegtem Art Rock nicht mehr ganz so effizient inszeniert worden. Zudem fehlen die hochmelodischen Gitarrensoli von Andy La Rocque (der die Scheibe aber produziert hat), die jedoch vielen Songs des Vorgängers die Krone aufgesetzt haben. Nicht, dass der auf dem Album zu hörende Peter Huss ein schlechter Mann wäre, doch La Rocques hochmelodisches Spiel hat Kvaforths spröde Kompositionen einfach wunderbar kontrastiert.
Dennoch - und das soll die wichtigere Botschaft sein - ist das Album wieder von vorne bis hinten hörenswert und bis auf minimale Längen auch immer sehr spannend, allen voran die beiden letzten Tracks, die schockierenderweise "nur" als Bonustracks deklariert werden: Zunächst ist hier die mutige wie grandios umgesetzte Cover-Version von RAMMSTEINS (!) 'Ohne Dich' zu nennen. Faszinierend, wie der Song eine ganz neue Identität gewinnt, ohne seine alte zu verlieren. Die deutsche Sprache passt phonetisch perfekt zu Kvaforths Krächz-Stimme, deren vertrocknetes Timbre den Song und seine Thematik der Einsamkeit in ein ganz anderes Licht rückt, als RAMMSTEIN.
Und auch der Schlusspunkt 'Black Industrial Eleven' - eine melodische Black-Metal-Hymne von feinster SHINING-Qualität - kann sich mehr als sehen lassen, verfügt der Songs doch über Gitarren-Leads, die sich ohne Umschweife ins Ohr fräsen, und über ein paar wirklich hübsche Spannungsbögen. Also Achtung beim Kauf, diese Bonus-Songs sind jeden Cent wert.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Thomas Becker