SOLEFALD - World Metal. Kosmopolis Sud
Auch im Soundcheck: Soundcheck 02/2015
Mehr über Solefald
- Genre:
- Experimetal / Progressive / Black Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Indie Recordings (Edel)
- Release:
- 06.02.2015
- World Music with Black Edges
- The Germanic Entity
- Bububu Bad Beuys
- Future Universal Histories
- Le Soleil
- 2011 Or A Knight Of The Fail
- String the Bow of Sorrow
- Oslo Melancholy
Ein herzliches Prosit auf eine erfolgreiche Zukunft des "World Metals"!
Wie gut es ist, Bands, über die man einst Gutes gelesen, oder von denen man einen positiven Eindruck gewonnen hat, in eine Merkliste zu schreiben und diese immer mal wieder durchzustöbern, um die Namen nicht zu vergessen. Es können nämlich Jahre vergehen, bis selbst Gold versprechende Tipps ihre Zeit bekommen. Umso schöner ist es dann, wenn man endlich besagte Band unterm Kopfhörer hat und behaupten kann: "Ich wusste doch schon immer, dass die toll sind." Ein solcher Fall ist SOLEFALD, einer von vielen wertvollen Tipps vom Kollegen und Norwegen-Kenner Stehle. Und als dann "World Metal. Kosmopolis Sud" in der Liste zu rezensierender Scheiben auftauchte, sah ich die Zeit gekommen, endlich zuzuschlagen.
Ohne eine konkrete Vorstellung zu haben, auf was ich mich bei SOLEFALD einlassen muss, bekomme ich doch genau das was ich mir erwartet habe: Horizonterweiternde Musik. World Metal. Ein wunderbares Statement für den Metal im Übrigen zu Zeiten, in denen der Begriff in viele von einander immer unabhängiger werdende Entitäten zerfasert wird. Es gibt individuelle Labels und Sonder-Events mit Spezial-Publikum, für jedes Tierchen sein Plaisirchen mit Wohlfühl-Programm. Alles ist geboten für Fans von "echtem" 80s-Metal, für Doom-Kuttenträger, für Extrem-Metal-Krümelmonster, für Female-Fronted-Trällerelfen-Angucker und sogar für Djentlemen. Und der Februar-Soundcheck ist mal wieder voll an Bands, die sich kaum einen Millimeter über ihre wie und warum auch immer auferlegten Grenzen wagen.
Und jetzt kommt SOLEFALD mit kosmopolitischem Welt-Metall daher und ich sehe die verstörten und überforderten Gesichter vieler Metalheads schon vor mir, hihi. Allein schon in der ersten halben Minute des Openers 'World Music With Black Edges' wird man regelrecht mit abstrusen Melodien, verwirrenden Percussions und verschachtelten Chorgesängen bombardiert, bis das erste Gitarrenriff ertönt und ein irgendwie witzig-grimmiger Gesang einsetzt. Ohne dass der Wahnsinn im Hintergrund aufhört. Im Gegenteil. Es werden immer wieder kurze Dancefloor-Passagen eingestreut, aber auch kurze, fröhliche, irgendwie spanische klingende Leads mit der Clean-Elektrischen. Durch ein Interview bei ZanZanA-Radio finde ich mehr Fakten heraus: Das Album hat tatsächlich eine Weltreise durchlaufen, startete im eisigen Norden, holte sich Inspiration für die Techno-Beats aus Holland und brach dann nach Afrika auf, machte in Tansania und Sansibar Station um schließlich in Indien zu landen. Die mir "spanisch" vorkommenden Gitarren stammen in Wirklichkeit von Anania Ngoliga aus Sansibar, einem anerkannten Musiker im Bereich der Weltmusik.
Das alles zusammen ergibt einen kaum mehr fassbaren Überschwang an Ideen. Die zusammenhaltenden Markenzeichen der Scheibe sind hierbei die schon erwähnten mehrstimmigen Gesänge, die uns über das ganze Album begleiten. Selbstredend sind die Vocals bei SOLEFALD vielsprachig gehalten, und spätestens nach dem fünften Spin macht es in diesem Klang-Konglomerat gewaltig 'klick'. Ein göttliches Gefühl es zu verstehen, wie alles immer mehr Sinn macht, wie die Stücke tanzbar werden, wie sich die Arrangements wie ein bunter Teppich vor einem ausrollen. Und ja, die Melodien werden auf einmal sowas von gottverdammt ohrwurmig, dass sich eine Art SOLEFALD-Sucht einstellt. “Kosmopolis, it is something new, Kosmoplis, I have my eye on you”.
Kosmopolis-SOLEFALD ist somit ein Ort, an dem ich gerne leben würde. Er ist bunt und steckt voller Abenteuer. Zum Beispiel beim der Besuch der 'Bububu Bad Beuys'. Bei diesem Track spielt nämlich ein black-metallisches Strumming-Riff (und was für eines!) im Hintergrund, zu dem ein wahrer Affentanz veranstaltet wird. Diese Sprechlaute und Gringo-Gesänge sind zunächst so befremdlich, dass man geneigt ist, den Song zu skippen, doch dann habe ich die Vorstellung in einer Art Diskothek auf einem fremden Planeten zu sein, auf der Tanzfläche versammeln sich friedliche und freundliche Aliens aller Gestalt und Ungestalt, und ich hotte mit ihnen zu SOLEFALDS Metal-Musik ab. Die wahre Entstehungsgeschichte des Songs ist indes nicht weniger skurril. Er entstand, als man im Hinterhof des Studios in Tansania Hühner jagte, woraufhin ein Beat improvisiert wurde, der den Grundstein für den Song legte. So also entsteht World Metal.
Aber nicht jeder ist so offen und weltbürgerlich eingestellt wie dieses geniale Avantgarde-Duo Cornelius Jakhelln und Lazare Nedland. Im Jahr 2011 wurde Norwegen und die ganze Welt durch einen Terrorakt gegen die Menschlichkeit erschüttert. Dieses Ereignis auf der Insel Utøya wird in '2011, or a Knight Of The Fail' thematisiert. Das Stück wird durch einen verbitterten Sprechgesang erzählt, hinter dem sich unheilvolle Akkorde und Melodien aufbauen. Dagegen wird jedoch stets die positive Energie des World Metals gestellt. Auch dies ist einfach genial umgesetzt. Keine Chance für das abartige Gedankengut eines Anders Behring Breivik!
Ich denke, ich habe genug Beispiele genannt, um aufzuzeigen, wie sehr es sich lohnt, sich näher mit SOLEFALDS Kunst zu beschäftigen und die CD zu holen. Musik und Texte - entworfen von einem Musikerduo voller Tatendrang, Ausdruckskraft, abgedrehtem Humor und vor allem positiver Strahlkraft - ergeben sicher genügend intellektuelles Futter für monatelanges Puzzlen und Kniffeln. Ich kann empfehlen, dazu noch gleich "Norrønasongen. Kosmopolis Nord", die thematisch passende, aber etwas ruhiger gehaltene EP vom Vorjahr mit dazu zu packen, dann hat man eine wunderschönes, rundes Packet wahrlich fortschrittlicher Musik!
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Thomas Becker