VENOM - Storm The Gates
Auch im Soundcheck: Soundcheck 12/2018
Mehr über Venom
- Genre:
- Heavy Metal / Black Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Spinefarm
- Release:
- 14.12.2018
- Bring Out Your Dead
- Notorious
- I Dark Lord
- 100 Miles To Hell
- Dark Night (Of The Soul)
- Beaten To A Pulp
- Destroyer
- The Mighty Have Fallen
- Over My Dead Body
- Suffering Dictates
- We The Loud
- Immortal
- Storm The Gates
Cronos und Co. mit dem Sound einer detonierenden Atombombe.
Wenn unser aller Lieblingshöllenmeister Cronos und seine beiden dämonischen Spießgesellen Dante und Rage nach knapp zehn vereinten Jahren im Orkus ihre dritte gemeinsame Platte einprügeln, die zugleich das fünfzehnte VENOM-Studioalbum im Ganzen ist, dann sind die sich stellenden Fragen an den Rezensenten recht überschaubar, denn sowohl die den Zeremonienmeister aus Geordiestan vergötternde Zielgruppe, als auch das Heer jener, an welchen Cronos & Co. seit 1979 zielsicher vorbei rumpeln, werden keinerlei grundlegende Änderungen erwarten, befürchten oder erhoffen. Cronos ist einfach Cronos, und Venom ist sein blutroter Doc-Martens-Stiefel, den er Zeit Lebens trägt, manchmal ein bisschen abwetzt, aber auch immer mal wieder zum Schuster bringt, um ihn neu besohlen zu lassen und damit wieder ordentlich Popo treten zu können. Die beiden Fragen, die jedes neue VENOM-Album also zu beantworten hat, sind schlicht und ergreifend erstens, ob der bewährte Rumpelsound und die handwerkliche Umsetzung einen angemessenen Hörgenuss für den geneigten Krawallisten ermöglichen, und zweitens, ob Cronos und seine Mannen es wieder geschafft haben, ein oder zwei Hände voll Songs zu schreiben, die ins Ohr gehen wollen und derer man sich auch erinnern kann und will. Beides ist VENOM zwar meist, jedoch nicht immer zur vollen Zufriedenheit der Legionen gelungen, und so liegt hier der spannende Teil der Abhandlung.
Wie verhält es sich also anno domini 2018? Nun, ich nehme es vorweg: Dieser Legionär gibt in beiden Punkten Entwarnung und dem Trio aus Newcastle Upon Tyne zwei schwefelige Daumen nach oben, und zwar mit dickem, pechschwarzem Rand unter den ungeschnittenen Fingernägeln. Denn Cronos malträtiert seinen Bass vom Fleck weg mit der brachialen Wucht des entfesselten Titanen, der er ist; Dante zerhackt sein Drumkit nach allen Regeln der Kunst, und Rages RIffs braten meist gewohnt fett, wenn man auch gegen Cronos' Bulldozer-Bass erst einmal anstinken muss, was Rage beispielsweise bei der irrsinnig bassig dominierten Eröffnungssalve mit 'Bring Out Your Dead' nur teilweise gelingt. Allerdings darf er hier ein paar ziemlich coole Leads und Soli vom Stapel lassen, so dass er nicht ganz hinter Cronos verschwindet, der sich jedoch alle Mühe gibt, einfach mal alles abzuräumen. Ja, irgendwie habe ich das Gefühl, dass hier versucht wird, VENOM zumindest auf musikalischer Ebene wieder diese zum Bersten gespannte innere Revalität zu verpassen, welche das klassische Trio Infernale ausgezeichnet hat. Jedenfalls klingt "Storm The Gates" über weite Strecken so massiv, so brachial, so wuchtig, dass man tatsächlich das Gefühl bekommt, dass jedes Bandmitglied einfach noch lauter sein möchte, um die Kollegen zu übertönen und selbst der oberste Chef der Hölle zu sein. Allerdings schafft es keiner so richtig, die volle Dominanz an sich zu reißen, und so ist das Ergebnis einfach ein erdrückender, stets fast detonierender Gewaltsound, der den Hörer nach allen Regeln der Kunst verprügelt.
Diese Brachialkunst macht das eingängige und gerade im Gitarrenbereich für VENOM-Verhältnisse recht melodische 'Notorious' zum Volltreffer, ebenso auch das schon vorab als Single ausgekoppelte Monster '100 Miles To Hell' mit seinen alles wegfegenden Geschwindigkeitsausbrüchen. Der gnadenlose Banger 'Dark Night Of The Soul' geht ins Genick wie der Heckaufprall eines Leopard 2, und 'Beaten To A Pulp' ist eine nicht minder durchrüttelnde Orgie stumpfer Gewalt, deren beider Refrains allerdings nicht ganz die Klasse der vorgenannten Songs haben. Einen Tick atmosphärischer und sehr düster, mit einer gewissen 'Manitou'-Reminiszenz präsentiert sich im Anschluss 'Destroyer', ist aber ein bisschen lang geraten; giftig und gallig geifert 'Over My Dead Body' aus den Boxen, und 'We The Loud' gibt einerseits die volle Speed-Abfahrt wie seinerzeit auf "Possessed", andererseits aber einen Bassexzess, der sich von und zu schreibt. Dann sind da zum Abschluss noch der Smashhit 'Immortal' und das ebenfalls starke Titelstück. Ja, VENOM ist mit "Storm The Gates" erneut eine starke Scheibe gelungen, die locker dort anknüpft, wo zuletzt die ebenfalls gelungenen Vorgänger endeten. Etwas traditioneller vielleicht, mit kleineren Längen in der ersten Hälfte, denn hier ist ist nicht jeder Song ein Volltreffer, hier und da ist auch mal ein Stück etwas unscheinbarer und zäher, doch das fällt bei dem traditionell üppigen Menü mit dreizehn brandneuen Stücken kaum negativ ins Gewicht, und in der hinteren Hälfte nimmt das Album nochmal ordentlich Fahrt auf. Dennoch: VENOM muss man natürlich vertragen. Es ist hier einmal mehr alles "over the top". Die Attitüde, der Lärmfaktor, die Lautstärke. Wenn ihr es wagen wollt, dann tut euch einen Gefallen und hört euch das Ding nicht über Laptopspeakers oder PC-Aktivboxen an, denn das klingt in der Tat grausam. Das Album erfordert die volle Dröhnung.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle