VIO-LENCE - Let The World Burn
Auch im Soundcheck: Soundcheck 02/2022
Mehr über Vio-lence
- Genre:
- Thrash
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Metal Blade
- Release:
- 04.03.2022
- Flesh From Bone
- Screaming Always
- Upon Their Cross
- Gato Negro
- Let The World Burn
Officer Nice? Am Löchlein! Der Officer bleibt angepisst!
Endlich ein neues Lebenszeichen von VIO-LENCE! Wie lange haben wir alle darauf gewartet? Die Band hat 1988 ein verspätetes Bay-Area-Thrash-Wunderwerk veröffentlicht, welches bis heute zu den Top-Releases dieser Bewegung zu zählen ist. Die mächtig hektischen Rhythmen, die raketenschnellen Riffs und der völlig abgedrehte Gesang von Sean Killian konnten dieses Album sofort mit einem bis heute selten erreichten Originalitätsbonus an die Spitze katapultieren. Der Name VIO-LENCE war Programm, denn bis heute wissen Augenzeugen zu berichten, dass es sogar in der Bucht keine andere Band gab, die derartig heftige Shows abliefern konnte. Wenn man dem Bildmaterial im Netz Glauben schenken darf, ist es ein kleines Wunder, dass es nicht jeden Abend Schwerverletzte gab. Good friendly violent fun auf einer ganz eigenen Ebene. Nach weiteren Alben auf unterschiedlichen Labeln, einigen trend-geschuldeten Stilkorrekturen und Besetzungswechseln löste sich die Band in den 90ern auf und verschwand mehr oder weniger in der Versenkung.
Vereinzelte Reunion-Shows wie zum Beispiel auf dem Thrash Of The Titans zeigten zwar, dass es ein enormes Interesse an der Band gab, aber erst im Jahr 2018 erfolgte die Initialzündung zur offiziellen Reformation. Der traurige Anlass war das Benefiz-Konzert zu Gunsten des Sängers Sean Killian, bei dem Krebs diagnostiziert worden war. Das "Killian On Command" betitelte Festival, welches man im Livestream online verfolgen konnte, erzielt sensationelle Reaktionen und zählt für mich zu den emotionalsten Streaming-Events der Neuzeit. Die Liste der Gastmusiker ist endlos und klangvoll und der Name VIO-LENCE war wieder in aller Munde. Als dann Ende des gleichen Jahres die Meldung über Seans' Gesundung die Runde machte, war die Metalwelt glücklich. Kurz danach ab es die offizielle Reunion der Band , die seither an einem neuen Album arbeitet. Außer einer coolen Coverversion des DEAK KENNEDYS-Krachers 'Califonia Über Alles' gab es bisher aber leider keine neue Musik zu hören. Die Hinzunahme des ehemaligen OVERKILL-Gitarristen Bobby Gustafson hingegen war eine sehr erfreuliche Meldung.
Als vor kurzem 'Let The World Burn' als digitale Single im Netz auftauchte, gab es erstmalig ein Veröffentlichungsdatum für die ebenso betitelte EP. Dieses fünf Songs umfassende Werk liegt mir nun vor und ich möchte Euch nicht länger auf die Folter spannen.
Schon das eröffnende 'Flesh From Bone' zaubert mir ein fröhliches Grinsen auf die Mundwinkel, denn das musikalische Inferno, welches mir hier um die Ohren fegt, ist intensiv. Schon das Riffing ist herzerfrischend giftig, quasi Tollwut durch die Ohren, aber was Perry Strickland da am Schlagzueg zimmert, ist schlichtweg fantastisch. Aber die bange Frage, wie denn Sean nach schwerer Krankheit stimmlich unterwegs sein wird, kann mit einem beruhigenden business as usual beantwortet werden. Soll heißen, er phrasiert noch immer am Limit, überschlägt sich in den Höhen noch immer und verbreitet mit seiner angepissten Art der Artikulation wunderbar entfesselte Aggressionen. Altersmüdigkeit oder gar Altersmilde höre ich da zu keiner Sekunde.
'Screaming Always' zeigt dann wie man modernen Thrash basteln kann, ohne dabei in die bereit gestellten Fettnäpfchen mit den Worten "Core" oder "Nu-" zu stapfen. Abrissbirne Galore! Weniger flink, dafür aber mit einem ultimativen Groove ausgestattet, marschiert danach 'Upon Their Cross' durch meine Wohnung. Hier zeigt sich, dass der extrem druckvolle Klang, den Juan Urteaga den Jungs geschneidert hat, bei dieser modernen Stilistik absolut passend ist. Bei den wütenden Gang-Shouts sehe ich jetzt schon Konzerthäuser zerbröseln, denn das ist der Stoff, der Wände zum Schwitzen bringt.
'Gato Negro' rasiert dann wieder mit der stumpfen Klinge, denn Sean ist offenbar schon wieder mit dem falschen Fuß aufgestanden als er das eingesungen hat. Der perfekte Soundtrack zu "Falling Down" mit Michael Douglas. Der abschließende Titelsong ist bereits aus Funk und Fernsehen bekannt. Dieter Thomas Heck würde ihn wieder wählen. Ich auch. Absoluter Killer, diese Nummer! Überholen sich die Gitarren da gegenseitig? Da ist es wieder, das anfänglich erwähnte Inferno.
Das Quintett knüpft hier für mich ziemlich nahtlos an die beiden Erstwerke an und entfacht zumindest bei mir eine große Begeisterungsflamme. Hoffentlich wird die angedachte Tour irgendwann nachgeholt. Da werde ich meine alten Knochen aber respektvoll auf Abstand zur Bühne platzieren, denn ich denke, bei solchen Songs werden Körper fliegen. So soll das sein.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Holger Andrae