VOIVOD - Synchro Anarchy
Auch im Soundcheck: Soundcheck 02/2022
Mehr über Voivod
- Genre:
- Voivod
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Century Media
- Release:
- 11.02.2022
- Paranormalium
- Synchro Anarchy
- Planet Eaters
- Mind Clock
- Sleeves Off
- Holographic Thinking
- The World Today
- Quest For Nothing
- Memory Failure
So wird die Anarchie synchronisiert!
Vier Jahre sind schon wieder ins Land gezogen, seit uns die vier Frankokanadier von VOIVOD mit "The Wake" erfreut haben. Ein Album, mit dem sich die alten Hasen tief in die Herzen aller Freunde spielen konnten, und welches auch von mir mit sehr warmen Worten versehen wurde. Auch rückblickend kann ich sagen, dass die Songs auf "The Wake" bis heute nichts von ihrer Faszination verloren haben und das Album im bandinternen Diskographie-Ranking im oberen Mittelfeld platzieren. Moment mal, was labert der denn da? Er hat doch saftige 9,5 Punkte für die Scheibe gezückt und schreibt nun, sie sei nur im oberen Mittelfeld angesiedelt? Welch Widerspruch! Au contraire, meine aufmerksamen Erbsenzähler. Das zeigt nur, wie hochklassig die Diskographie von VOIVOD noch immer ist. Denn mit "Killing Technology", "Dimension Hätröss", "Angel Rat" und "The Outer Limits" hat man gleich vier 10-Punkte-Scheiben am Start und mit "War & Pain" und "Nothingface" mindestens zwei weitere Veröffentlichungen mit nur einem halben Zähler weniger im Köcher. Mir fallen nicht viele Bands ein, die über so einen langen Zeitraum mit so einer Qualitätsdichte aufwarten können. Journalistisches Superlativen-Geschwurbel? Nein. Eher fanboyartiges, völlig subjektives Anpreisen einer Band, die mit nichts zu vergleichen ist.
Was erwartet uns nun aber konkret auf "Synchro Anarchy"? Die beiden vorab veröffentlichten Appetit-Anreger 'Synchro Anarchy' und 'Planet Eaters' haben es schon angedeutet: Das Quartett orientiert sich ein wenig an seinen Glanztaten zu Beginn der 90er Jahre. Damals konnte man die Fangemeinde auf "Angel Rat" mit beinahe wavigen Klängen überraschen, während auf dem nachfolgenden "The Outer Limits" eine Mischung aus eingängig-rocken-rollenden Nummern und der Mammut-Sensation 'Jack Luminous' aus den Boxen spritzte. 30 (!) Jahre später beschreitet man ähnliche Wege, allerdings mit dem Unterschied, dass der Hörer dieses Mal ein paar Spins benötigt, um sich zurecht zu finden. So sind natürlich alle Zutaten, die so eine voivod'sche Wundertüte auszeichnen sofort erkennbar, aber die totale Euphorie-Explosion setzt nicht unwillkürlich ein. Vielleicht liegt es ganz banal an meiner immensen Erwartungshaltung, die mir selbst im Weg steht, aber nach den ersten beiden Durchläufen finde ich "Synchro Anarchy" nur sehr gut. Allerdings ist natürlich der unbändige Drang nach einer tiefer gehenden Analyse geweckt, denn spannend genug ist das gehörte Material erneut.
Natürlich bleibt einem der beinahe eingängige Titelsong mit seinem treibenden Rhythmus, seinen wundervollen Chewy-Gitarrenfiguren und seinem herrlich verpeilten Space-Part, schnell in den Gehirnwendungen haften, aber auch die andere Single wächst mit der Zeit schnell zum absoluten Knaller heran. Obendrein hat man hier natürlich auch noch einen Text, der leider nur zu dicht an der Realität agiert. Wenn Snake in der zweiten Hälfte der Nummer "building more buildings" in hypnotisierender Dauerschleife ins Mikrophon brüllt, klebt man gebannt an der Hörmuschel. Selbst in diesen Nummern passiert tatsächlich deutlich mehr als ich zuerst wahrnehmen konnte. Allein die wunderbar leichten Schwebegitarren über düsterer Rhythmik, die in 'Planet Eaters' plötzlich aus den Boxen wabern, sind ungewöhnlich im VOIVOD-Kosmos.
Ist man erstmal in der synchronisierten Anarchie versunken, wird man realtiv schnell feststellen, dass vor allem ab Song Numero vier unglaublich viel in den Songs passiert. So fasziniert schon das von einer ruhigen Percussion und einem herrlich knarzenden Bass eingeleitete 'Mind Clock' mit einer ungewohnt relaxten Atmosphäre. Aber nur um den Hörer nach einer kurzen Phase mit heftigstem Stakkato-Rhythmus aus dem Takt zu schleudern. Vor meinem geistigen Auge sehe ich Away, wie er bei dieser Passage sein Mini-Drumkit zu Kleinholz verarbeitet. Unglaublich abwechslungsreiche Nummer, die man so noch nicht von VOIVOD gehört hat. Wenn dann im Finale Mister Mongrain die warm gelaufene Sci-Fi-Distortion auf Hochtouren bringt, ist die eben erwähnte Entspannung komplett am Löchlein. Im nachfolgenden 'Sleeves Off' erfreuen uns rockig abgestoppte Rhythmen in Variation mit dem typischen VOIVOD-Chaos. Das Bass-Solo (!) sorgt dann für besonders gespitzte Ohren und ergibt ein Sternchen im Bonusheftchen. Wenn wir schon beim Tieftöner sind muss ich meine tief empfundene Liebe für den Song 'The World Today' nieder schreiben. Der in vorderster Front schnuckelig daher pumpernde Bass ist in dieser Nummer, die ansonsten auch wunderbar auf "Angel Rat" passen würde, beinahe das Leadinstrument. Ein Schachzug, den ich sehr positiv empfinde.
Damit es auch noch ein paar Überraschungen für Euch gibt, schreibe ich keine weiteren Details zu den verbleibenden Songs. Ich denke, meine Note sagt genug aus.
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Holger Andrae