Gruppentherapie: MAJESTY - "Back To Attack"
03.05.2023 | 00:03Traurig, aber wahr: Da ist MAJESTY attackierend zurück und schon verkündet man die Auflösung der Band mit dem Album "Back To Attack". Diesen Umstand möchten wir zum Anlass nehmen, auf dieses finale Werk MAJESTYs in Form einer Gruppentherapie zu schauen. Was finden wir gut, was finden wir schlecht, tja...das erfahrt ihr in den kommenden Zeilen.
Natürlich möchten wir euch auch nicht das Haupt-Review vorenthalten. Für dieses war Stefan Kayser hier zuständig.
"Back To Attack" und back to the roots? Ja, Gott sei Dank, waren die letzten beiden Rundlinge für die treue True-Metal-Gefolgschaft MAJESTYs doch eine Herausforderung. Natürlich wollten Tarek und seine Brothers of Metal in neuen, etwas moderneren Gefilden Fuß fassen, doch die Ergebnisse "Rebels" und vor allem "Legends" ließen doch die Stärken der Jungs auf der Strecke. Doch nicht nur Bandlogo und Artwork signalisieren, dass MAJESTY wieder den Weg zu eingängigen, in Stahl geschmiedeten Hymnen gefunden hat, ohne jedoch die Einflüsse der "Legends"-Scheibe komplett ad acta zu legen. Speziell dieser etwas weichere Übergang - 'Back To Attack' hier, 'Freedom Child' dort, 'Glorious Warriors' hüben, 'Never Kneel' drüben - steht der Platte doch ziemlich gut. Hinzu kommen ein druckvoller Sound, mit 'In The Silence' ein richtiger Aha-Moment, ein sehr geschmackvoller Ausklang mit 'Our Time Has Come' und die Gewissheit, dass MAJESTY wieder auf dem Pfad des True Metals wandert. Gefällt.
Note: 8,0/10
[Marcel Rapp]
Nun ist das Kapitel MAJESTY tatsächlich schon zu Ende. Vor diesem Hintergrund wirken Songs wie der Titeltrack, 'Our Time Has Come' und das pathetische Intro 'The Oath Of Truth' schon etwas bizarr. Auch wenn ich nie Freund der Jungs aus Baden-Württemberg war, ist es schon schade, wenn eine der letzten wirklich großen True-Metal-Bands ihre Tasche packt und MANOWAR gleichzeitig Sachen wie 'Laut und hart, stark und schnell' veröffentlicht. Denn besser als diese Gurke ist jeder Song auf "Back To Attack". Die Band macht nämlich exakt da weiter, wo sie vor einigen Jahren auf ihren stärksten Veröffentlichungen aufgehört hatte. Somit gibt es diese Genre-gelungene, aber gewöhnliche Mischung aus Power- und epischem Heavy Metal. Das ist auch 2023 weiterhin grundsolide mit jeweils leichten Ausschlägen nach oben ('Age Of Glory') und unten ('In The Silence'), aber eben auch weit entfernt von einem Highlight. Für mich persönlich ist der Track 'Freedom Child' noch eine kleine Überraschung, da ich einen solchen modernen, cheesigen Rocker auf diesem Album nicht erwartet hätte und er auch durchaus deplatziert wirkt. Da der Rest aber zu 100% True-Metal-Spirit atmet, geht das im Rahmen der Homogenität des Albums noch in Ordnung und wirkt eher als locker-flockige Melodic-Rock-Abwechslung. Unabhängig davon werde ich auch mit "Back To Attack" nicht zum Fan. Aber de facto sollte jeder Supporter von MAJESTY mit diesem Album seine Freude haben, auch wenn es durch das Ende der Band sicherlich emotionaler wird, als man sich gewünscht oder erhofft hätte.
Note: 6,5/10
[Stefan Rosenthal]
Eigentlich wollte ich das Trueness-Fass nicht aufmachen, doch da mein Kollege Stefan in seinem Beitrag davon spricht, dass sich mit MAJESTY eine der letzten True-Metal-Bands verabschiedet, muss ich es wohl doch tun. MAJESTY hatte für mich immer den Beigeschmack, dass hier mehr auf dem Trueness-Zug mitgefahren wird, als dass die Band wirklich zu 100 Prozent hinter der Musik steht. Und das reichlich ironisch betitelte "Back To Attack", das nun den Schlussstein der Bandgeschichte markiert, bringt für mich dieses Thema auf den Punkt, denn anstatt roher schwermetallischer Energie transportiert die Scheibe zu mir eher das Gefühl einer Parodie in bester STEEL PANTHER-Manier. Handwerklich ist dabei auf dem finalen MAJESTY-Werk alles in Butter und auch klanglich ist das hier perfekt in Szene gesetzt, aber die Riffs klingen irgendwie ausgelutscht, der Gesang ist zwar gut vorgetragen, lässt für mich aber den letzten Funken der Überzeugung vermissen und textlich werden auch nur die üblichen Klischees bedient. Entsprechend gelangweilt verbringe ich dann auch die Spielzeit der Scheibe und muss am Ende feststellen, dass es doch irgendwie Zeit war, dass MAJESTY nun abtritt und sich die Bandmitglieder anderen musikalischen Projekten zuwenden. Fürs solide Handwerk gibt's dennoch sechs Punkte, trotzdem muss ich "Back To Attack" nicht nochmal in meinem Player wiedersehen und verzichte daher auch auf jegliche Anspieltipps.
Note: 6,0/10
[Tobias Dahs]
Also, ich bin fraglos zu beschuldigen - und zwar, weil ich dem letzten MAJESTY-Album 6 Punkte gegeben habe. So viel war "Legends" nicht wert. Umso schöner, dass "Back To Attack" wirklich noch mal ein starker Abschied ist. Die Trueness-Debatte habe ich hier nicht angestoßen. Ob ich als Alternative- und Pop-Fan der Richtige wäre sie zu führen, ist ja eh fragwürdig. Also, wer MAJESTY als ordentliche (wenn auch nie überragende) deutsche Traditionsband schätzte und von "Legends" enttäuscht war, der sollte bei "Back To Attack" noch mal die Ohren aufsperren. Denn "Back To Attack" ist letztlich genau das, was ich bei MAJESTY immer hören wollte - deutscher Metal mit Kraft, guten Refrains, hymnischen Momenten, Tareks guter Stimme und, ja, das meine ich den Jungs unterstellen zu können: durchaus Herzblut. Ich durfte MAJESTY über die Jahre mehrmals live sehen. Es war immer eine gute Show, und Tarek darf seine eigenen Wege gehen. Die True-Metal-Szene hat kein Anrecht darauf, dass er ihr für immer als Gallionsfigur angehören muss. Auch wenn ich mit seinem neuen Projekt nichts anfangen kann, respektiere ich, dass er andere Wege geht. "Back To Attack" ist ein ordentlicher Ausstand einer Band, die durchaus mitgeholfen hat, traditionelleren Metal wieder salonfähig zu machen. Dafür gebührt Tarek und Co. mein Respekt.
Note: 7,5/10
[Jonathan Walzer]
Abgesehen davon, dass ich mich frage, ob nicht die Jungs von GRAVESTONE ihren Albumtitel zurück haben möchten, sind all die Umstände ja schon ein wenig seltsam, welche die neue MAJESTY begleiten. Noch vor Kurzem hat Tarek dem Metal Hammer von angestauter Energie erzählt, von geilen Metalfesten, die man nun endlich wieder mit den Fans feiern wolle, und von einem mächtigen Comeback, das anstehe, und dann wird von jetzt auf gleich, pünktlich zur Veröffentlichung des Albums das dräuende Ende mit einem einzigen Abschiedskonzert verkündet, zwar mit schwerem Herzen, aber ohne jede Angabe von Gründen. Dass sich der so geneigte wie getreue MAJESTY-Fan da fragt, was denn da eigentlich vorgeht, ist verständlich. Nun, Tarek und seine Mannen schulden letztlich keinem von uns eine Erklärung, aber dann müssen sie auch damit leben, dass es zu Spekulationen kommt, die der Fanfreude eher abträglich sind.
Doch blenden wir all das einmal aus, und reduzieren "Back To Attack" auf die Werkebene, dann gibt es für die treue Bangerschaft gar nicht allzu viel zu meckern. Ja, hier und da, schimmern Tareks auf dem Vorgänger "Legends" sehr präsente Vorlieben für modernere, kommerziellere Metalsounds erneut durch. Das lässt sich am eher sterilen Drumming, an einigen autotune-artigen Effekten auf der Stimme und an den oft sehr präsenten Keyboards ebenso ablesen, wie an der einen oder anderen poppig-fluffigen Gesangshookline. An anderer Stelle wird das Album hingegen der Botschaft gerecht, welche die Wahl des alten Bandlogos und eines wieder deutlich klassischeren Artworks an die Fans richtet: Es geht ein Stück weit zurück zu den Wurzeln, und so wird etwa bei den ersten drei Stücken und auch zum Ende hin wieder traditioneller und metallischer musiziert, oft in Melodieführung und Pathos durchaus etwas an HAMMERFALL oder HELLOWEEN angelehnt, nur etwas reduzierter, basischer, raubeiniger.
Somit sehe ich es unterm Strich nicht so drastisch wie Hauptrezensent Stefan, der hier eine Schlagerparty wittert, die es eher von Angus & Co. gab, aber auch lange nicht so euphorisch wie die Kollegen Marcel und Fränkie, die von einem majestätischen Finale und einer Rückkehr zu alter Stärke sprechen. Dafür ist die Kompositionsweise dann doch etwas zu stumpf und vorhersehbar. Andererseits war MAJESTY nun nie für ausgefeilte Songs und spannende kompositorische Ansätze bekannt, sondern eher dafür, die Zielgruppe für die simplen Singalongs unter den zahlreichen Gesichtern MANOWARs zu begeistern, und das gelingt mit "Back To Attack" eigentlich ganz gut. Die Primärzielgruppe dürfte also ernsthaft traurig über das baldige Ende der Band sein, und wer schon immer über MAJESTY gelästert hat, der findet nun mit dem Abschiedswerk und den Umständen seiner Veröffentlichung ein paar spekulative Gründe mehr. Das alles beiseite geschoben, bleibt einfach ein solides Werk, wie man es als Fan von MAJESTY eben erwartet und als Skeptiker belächelt.
Note: 6,5/10
[Rüdiger Stehle]
Mein erstes Live-Zusammentreffen mit MAJESTY hatte ich auf der Loreley beim Magic Circle Festival. Damals agierten die Herren dort unter dem Namen METALFORCE und haben mich auf Anhieb begeistert. Ich mag einfach epischen Power Metal, da darf auch ruhig ein bisschen Schmalz und viel Bombast dabei sein. Ohne jetzt näher darauf einzugehen, dass dies wohl die letzte Veröffentlichung im MAJESTY-Bandleben sein wird – ich darf an etliche Bands erinnern, die irgendwann doch wieder zusammengefunden haben – beschränke ich mich darauf, "Back To Attack" als das zu nehmen, was es für mich darstellt: ins Ohr gehender Power Metal, der genau meinen Erwartungen an die Band entspricht. Sicher wird es keinen Award für die anspruchsvollsten Texte geben, dafür könnte man aber vor der Bühne stehen und auf Anhieb sofort jeden Song zumindest teilweise mitgrölen. Dazu erfreue ich mich am Drumming, das ich jetzt nicht unbedingt als steril empfinde, wie Rüdiger das geschrieben hat, an Gitarrengefrickel, einem ordentlichen Gesang und einem druckvollen Sound. Und eine schöne Ballade ('In The Silence') ist auch dabei, auch wenn ich mit dieser Vorliebe meistens alleine dastehe. Kurz gesagt: Ein Album, das mir gefällt und das live sicher gut abrocken würde, auch wenn es wohl nicht mehr allzu viele Liveauftritte von MAJESTY geben wird. Auf jeden Fall hat die Band ihren Fans ein schönes Abschiedsgeschenk hinterlassen.
Note: 8,0/10
[Hanne Hämmer]
Ich war, bin und werde (sofern die Band dann doch SCORPIONS-like weitermacht) nie MAJESTY-Fan, wahrlich nicht. Und ohne zu wissen, dass es die letzte Platte sein wird, habe ich das Album vor dem ersten Check etwas voreingenommen in meine bisherige Wahrnehmung der mir bereits bekannten Veröffentlichungen eingegliedert. Die Mannen um Tarek bedienen halt das Klischee des wahren Metals im Fahrwasser von MANOWAR und Co.. Das hat mich bisher nicht wirklich mitgerissen, dementsprechend bin ich mit verhaltener Euphorie an "Back To Attack" herangegangen. Und ehrlich, mir ist es momentan sogar egal, ob sich die Band auflöst. Mir geht es hier nur um die Musik. Selbige hat meine gedämpften Erwartungen dann ziemlich übertroffen. War es mir in der Vergangenheit immer etwas zu viel Brimborium, so lässt man den Songs auf "Back To Attack" mal etwas Luft zum Atmen. Das Ganze ist jetzt kein Jahrhundertalbum, dennoch kann ich jedem einzelnen Song etwas abgewinnen und das Album komplett durchhören, ohne dass jemand oder etwas zu Schaden kommt. Sollte es wirklich das letzte Album von MAJESTY sein, so ist es ein verdammt würdiger Abschied.
Note: 8,0/10
[Frank Wilkens]
Fotos: Mit freundlicher Genehmigung von Reaper Entertainment
- Redakteur:
- Marcel Rapp