Gruppentherapie: THE LORD WEIRD SLOUGH FEG - New Organon

14.07.2019 | 23:25

In Kennerkreisen ist THE LORD WEIRD SLOUGH FEG längst kein Geheimtipp mehr: Seit inzwischen fast 30 Jahren tigern die US-Amerikaner durch den Untergrund und lassen den Ur-Metal regelmäßig wieder auferstehen. "Goldstandard" findet Kollege Päbst und auch im Soundcheck war die Konkurrenz abgeschlagen vom Thronbesteiger. Alle scheinen sich einig zu sein. Alle?

Ich stimme dem Rezensenten Raphael in vielen Punkten zu. Dennoch kommt die neue SLOUGH FEG (das "THE LORD WEIRD" war ja laut einer Interview-Aussage von Mike Scalzi offiziell nie weg) bei mir knapp nicht ganz so gut an. Das liegt hauptsächlich daran, dass das Album nicht nur aus der B-Seite besteht. Wäre dies so, ich würde mich in Lobeshymnen ergießen. Natürlich wäre dann die ohnehin knappe Spielzeit von 36 Minuten noch um einiges kürzer, der Qualität täte es jedoch kaum einen Abbruch. Nicht dass die erste Albumhälfte schlecht wäre, aber sie ist so ein bisschen generisch, wie Raphael ja schon - allerdings in positiven Worten - dargestellt hat. Generisch natürlich im SLOUGH FEG-Sinne. Also trotzdem alles total eigenständig und schrullig. Bandintern hat man da aber eben schon Essentielleres gehört. Wie dem auch sei, mit 'Coming Of Age In The Milky Way', 'Exegesis - Tragic Hooligan' und dem - mit einem unverschämt eingängigen Gitarrenlead versehenen - 'The Cynic' zeigt Scalzi messerscharf, warum seine Band so außergewöhnlich ist. So klingt eben nur THE LORD WEIRD SLOUGH FEG. Diese Mischung aus zuckriger Melodienschmeichelei und oberkauziger Ruppigkeit ist es dann auch, die mich zu der wiederkehrenden Einsicht kommen lässt: Es handelt sich hier um ein starkes Album einer Gruppe, die man eigentlich noch viel mehr mögen müsste, als man es tut. Egal wie sehr man sie mag.

Note: 8,5/10
[Jakob Schnapp]

 

Ich muss THE LORD WEIRD SLOUGH FEG nicht noch mehr mögen, als ich es eh schon tue. Oder zumindest hoffe ich, den Abschlusssatz von Jakob zu "New Organon" einigermaßen verstanden zu haben. Nachdem der Vorgänger "Digital Resistance" etwas weniger genial eingeschlagen hatte, ist die Truppe um Mike Scalzi jetzt wieder voll im Rennen um den besten Kauzmetal des Jahres, und das, obwohl es mit der MEGA COLOSSUS-EP im Frühling schon eine herausragende SLOUGH FEG-Kopie gab. Dabei ist der Gesang wieder eines der absoluten Hauptkriterien dafür, dieses Album zu lieben. Das schlichte Artwork überzeugt, ebenso die sehr warme und transparente Produktion. Natürlich lag das Album gemeinsam mit LUNAR SHADOW im Briefkasten, und gerade die Direktvergleiche Produktion und Gesang gehen jeweils klar an THE LORD WEIRD SLOUGH FEG. Aber auch die Hitdichte ist höher, auch wenn vielleicht der absolute Überknaller fehlt. Zu den Highlights zählen für mich das flotte 'Being And Nothingness' sowie 'Coming Of Age In The Milky Way', eine humoristische Hymne. Hier wird ein geniales Album präsentiert, das für alle Genre-Aficionados Pflicht ist. Aber auch Leute, die mit epischem Metal sonst wenig anfangen können, dürfen dieser Kauztruppe mal ein Ohr leihen.

Note: 9,0/10
[Jonathan Walzer]

 

Ich kann mich erinnern, dass diese Band schon mal einen Soundcheck bei uns gewonnen hatte. Sehr einhellig, einstimmig und ohne großen Widerspruch. Und trotz dieser Ehren, zumindest auch von den sehr geehrten Kollegen, ist SLOUGH FEG nicht wirklich unglaublich bekannter geworden. Ein Anseher hat unter das mitgeschnittene Konzert Ende Mai 2019 in der berühmten Saint Vitus-Bar geschrieben: "Underrated Band". Knapp und auch sehr treffend. Sollte ich mich zu diesem Vierer positionieren, so kann ich nicht, weil ich es nicht will. Ich schwanke zwischen "toll" und "augenverdreh". Letztens habe ich gespannt hineingehorcht, ganz ohne Vorkränze oder Vorwissen und mir fiel gleich dieser seltsame zurückgenommene Sound auf. Irgendwie wie im Demo-Status verhaftet, fast gebrechlich vor sich hin stolpernd, aber so werden auch die Virtuosität und Komplexität der einzelnen Instrumentalisten herausgestellt. Schlauschlümpfe. Vom Sänger mit seinem beschwörenden, fast barmenden Organ, bis hin zum Schlagzeuger, alle mal wolkig, mal selbstvergessen vor sich hinjammend, mal warm, mal abweisend. Die herumirrenden Gitarren und Basslinien melancholisieren mich zumeist und ich werde bei weiterer Handwerksbeschau immer unsicherer, wie ich es denn nun final finden soll. Diesen Überflieger, diesen Abräumer, diesen anbetungswürdigen Act da aus dem fernen Kalifornien. Freunde, geschlossen im März 2020 nach Athen, nach Griechenland, denn da ist SLOUGH FEG bestätigt. Für ein Konzert, und wir hängen gleich ein Redaktionstreffen mit dran. Sind ja eh alle verliebt in diese Band. Ich bin es (noch) nicht, aber ich ahne, ihre Songs, diese Zauselmusik, wird mich in Zukunft auch öfters noch beschäftigen, als mir vielleicht lieb ist, denn es spukt da nämlich der Heavy Metal seiner Anfangsjahre in neuem Gewand herum. Ist das Gebräu auch für meine Ohren ein recht spannendes, muss ich gute und entspannte Abende erwischen, dass sie mich vollends überzeugen, mitführen und süchtig machen (könnten). Zerrissen bin ich trotzdem, "New Organon" ist ein Juwel, ohne Frage. Aber es ist auch ein Stück Hör-Arbeit. Ich freu mich, dass ich dabei bin, Kollegen. In Athen. Dem Livemitschnitt aus der Saint Vitus-Bar zufolge würde mich das auch live gespielt ziemlich begeistern. Hach, durchgehört. Geschafft.

Note: 6,5/10
[Mathias Freiesleben]

Mein Erstkontakt mit THE LORD WEIRD SLOUGH FEG ist ein sehr später, aber dafür auch ein denkbar guter. "New Organon" zeigt mir von Anfang an mit aller Deutlichkeit, warum meine Kollegen zurecht seit Jahren von dieser Truppe schwärmen und ich bin weniger traurig, die Band bisher verpasst zu haben, als vielmehr freudig erregt, mir nach und nach auch die Vorgänger zu Gemüte führen zu dürfen. Irgendwas hat diese Musik an sich, dass sie mich sogleich mitnimmt. Es scheint vieles zu fehlen, was heutigen Heavy Metal so oft auszumachen scheint: kein Bombast, keine Killer-Drums, kein episches Falsett. Und genau das ist es. Die Produktion ist auf den Punkt, auch gerade weil sie nicht glänzt oder knallt. Unglaublich gutes Songwriting gepaart mit einer für mich absolut faszinierenden Stimme von Herrn Scalzi: Nach zwei Durchgängen dieses jüngsten Kunstwerks des seltsamen Lords war es um mich geschehen. Keine Hör-Arbeit für mich, sondern pures Hör-Vergnügen. Ich bin gespannt, den Weg von hinten zu beschreiten, den viele andere vor mir in der entgegengesetzten Richtung genommen haben, und vielleicht tun es mir einige gleich, wenn ich ihnen mit auf den Weg gebe: Hört euch diese geniale Band an!

Note: 9,0/10
[Daniel Lindhorst]

Redakteur:
Daniel Lindhorst

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