Rock Hard Festival - Gelsenkirchen
20.06.2007 | 00:3525.05.2007, Amphitheater
Sonntag, 27.05.
Da es ja in der Nacht von Samstag auf Sonntag tierisch gepisst hat, sah der Platz am Morgen dementsprechend aus, als hätten sich ein paar Brückenpanzer unter voller VADER-Beschallung ein Crossrennen geliefert. Das scheint wohl auch der Grund gewesen zu sein, warum ein armer Metaller gegenüber unseres Zeltes nicht mehr ganz in seine Kabine gekommen ist. Wahrscheinlich ist er gestolpert und kurz vorm Ziel auffe Schnauze gefallen. Auf jeden Fall lag die arme Socke in kurzen Hosen und T-Shirt stundenlang im Dreck und schlief den Schlaf der Gerechten. Er war auch durch eine riesige Menschentraube nicht wach zu kriegen und hielt sich krampfhaft an seinem Bierbecher fest. Ich nehme an, dass dieser bereits an den Gräten festgefroren war, so dass die Banger irgendwann ein Einsehen hatten und in in seine Kajüte verfrachteten. Da sag nochmal einer, Metaller seien nicht fürsorglich ...
[Alex Straka]
SABATON
Nachdem sich der Regeneinbruch in der vergangenen Nacht als glückliche Untermalung des AMON-AMARTH-Gigs entpuppt hatte, hätten wir am Sonntagmorgen dennoch lieber Sonne, als wir uns zu den schwedischen Kollegen SABATON aufmachen. Sie haben um viertel nach zwölf die undankbare Aufgabe, verschlafene Metaller zum Leben zu erwecken. Und das gelingt insbesondere Fronter Joakim Brodén bestens, der mit unerschöpflichen Reserven guter Laune und einer beschwingten Leichtigkeit mit Freude an der Musik durch das Programm führt. Die Fans machen es ihm aber auch einfach: Gleich zu Beginn breiten sich Chöre mit Forderungen nach "Noch ein Bier!" aus, die sich im Laufe der Show bis hin zu "Noch vier Bier!" erweitern. Joakim spielt mit und prostet der Meute zu, die ihre Bierforderungen durch "Sabaton, Sabaton!"-Rufe ergänzt.
Ähnlich wie bei TURISAS am gestrigen Tage ist die Auswahlmöglichkeit an CDs, von denen Songs gespielt werden, bei SABATON überschaubar. Und so legen sie los mit 'A Light In The Black' und animieren die Fans durch 'Into The Fire und 'Attero Dominatus' ebenso zum Mitsingen wie durch 'Rise The Evil' oder 'Primo Victoria'.
Joakim kaspert zwischendurch lustig mit seinen Bandkollegen auf der Bühne herum, greift hier und da dem Gitarristen in die Saiten und bedankt sich wiederholt bei den Fans des Metalparadises Deutschland. Durch seine quirlige Art erweist er sich einmal mehr als guter Entertainer, dem SABATON sicher einen nicht unerheblichen Teil ihres Erfolges zu verdanken haben. 'Back In Control' und 'Metal Machine' runden das Programm nach einer Dreiviertelstunde lockerer Stimmung und eingängiger Melodien ab.
[Erika Becker]
HARDCORE SUPERSTAR
Heidewitzka, Herr Kapitän. Was ist das? Nach einem Zirkusintro, welches sehr stark an den DOORS-Klassiker 'Alabama Song' angelehnt ist, blasen einem HARDCORE SUPERSTAR den Ohrenschmalz aus den verkrusteten Lauschlappen. Stilistisch kann man die Truppe auf eine Stufe mit FASTER PUSSYCAT und GUNS'N'ROSES stellen. Dabei entdeckt Gitarrist Thomas Silver bei den Gitarrensoli mehr als einmal das Wah-Wah-Pedal, während Sänger Jocke Berg in bester Vine Neil-Manier über die Bühnenbretter post. Dabei kommen in erster Linie Songs vom selbstbetilten 2006er-Output zum Zug.
Von der Optik her erinnert mich die Truppe an die QUIREBOYS, nur mit dem Unterschied, dass sie um einiges ruppiger zu Werke gehen. Am besten ist immer noch das Bühnenbild, was Erinnerungen an den Proberaum der Combo weckt. Wie sonst ist es zu erkären, dass die Boxen mit Siebziger-Jahre-Vorhängen zugedeckt sind?
Die noch sichtbar müde Menge im Innenraum und auf den Stufen (immerhin ist heute der letzte Festivaltag) kann sich dem Bann der Truppe nicht entziehen. Partystimmung ist garantiert, was bei den starken Songs kein Wunder ist, welche inflationär mit Hooklines und einprägsamen Refrains gesegnet sind. Allen voran Jocke kann mit seinem Timbre, das Erinnerungen an Jeff Keith (TESLA) und Axl Rose weckt, punkten. Am meisten geht der Rock bei der Bandhymne und dem Motto für den heutigen Tag, 'We Don't Celebrate Sundays', ab. Da der Song den meisten vom Rock Hard-Sampler her bekannt ist, wird er gegrölt bis die Stimmbänder platzen.
Bleibt festzuhalten, dass die Band das Amphitheater in ein Tollhaus vewandelt hat, wenn man sich die Reaktionen vor und nach dem Konzert anschaut. Sieg in allen Punkten, was durch die Zugabe-Rufe am Ende nochmal unterstrichen wird.
[Tolga Karabagli]
DEW-SCENTED
Eigentlich sollten an dieser Stelle NAGLFAR spielen - wir bekommen jedoch schon am Freitag mitgeteilt, dass die Band aufgrund eines Streiks bei der Fluggesellschaft nicht nach Deutschland fliegen kann. Finde ich persönlich nicht besonders schade, da es mir so erspart bleibt, gähnend vor der Bühne zu stehen und NAGLFAR-Jens weiterhin schmerzlich zu vermissen.
Manchmal hasse ich den letzten Tag eines Festivals. So wie heute. Die Erkältung ist noch gut da, außerdem nieselt es beständig weiter, und das schicke Festivalrund ist noch ziemlich leer. Dazu DEW-SCENTED, die ich das letzte Mal im Dezember 2006 gesehen hatte. Ist so eine Sache ähnlich wie bei VADER mit den Jungs, wenn man sie zu oft sieht, geht die Intensität, von der ein jeder Gig lebt, etwas flöten. Aber, siehe da: Kaum legen Leif und Co. los, ist meine trübe Laune wie weggeblasen, das Bier schmeckt wieder und auch den Nacken mag man bewegen. Fein. Neu-Drummer Andi liefert einen famosen Einstand ab (lustig anzusehen dabei, wie er scheinbar angestrengt stets mit dem Mund den Takt mitzählt, aber trotzdem locker-flockig alles in Grund und Boden drischt) und Leif ist bereits nach zwei Songs durch sein heftiges Gebrülle gut rot angelaufen.
Das ist genau die richtige Band mit der richtigen Energie zur richtigen Zeit. Songtechnisch geht's wie gehabt quer durch die Diskografie, wobei der Schwerpunkt natürlich auf den neueren Werken liegt. Besonders geil ist, dass die Geschosse vom Neuling "Incinerate" besonders derb knallen, was DEW-SCENTED teils schon arg blastlastig wirken lässt. Macht nix, macht wach. Leif erweist sich außerdem als wunderbarer Entertainer, der auch kein Problem damit hat, über sich und seine Band zu lachen. Klasse Auftritt!
[Rouven Dorn]
DARK FUNERAL
Auf die schwedischen Pandabären hatte ich mich schon ein bisschen gefreut, ist es doch eine ganze Weile her, seitdem Kaiser Magus Caligula, Lord Ahriman (aka Masse und Micke, süß, oder?) sowie ihre Mitstreiter die Bühnen mit ihrer schwarzen Kunst verzierten. Gegen Ende der Neunziger waren DARK FUNERAL wirklich eine große Nummer, und Trümmer-Epen wie "Secrets Of The Black Arts" sowie "Vobiscum Satanas" darf man getrost zu der Speerspitze schwedischen Black Metals zählen.
Als die Jungs dann losbolzen, schiebt sich ganz frech die Sonne hinter den Wolken hervor - und das, wo Bruder Cle gerade noch bei seiner Ansage meint, dass man gerade bei DARK FUNERAL wohl nicht mit Petrus' Wohlwollen rechnen könne. Hihi! Gerade bei fies ausschauenden Blackies hat so etwas stets einen durchaus humorigen Effekt. Lustig ist auch, dass man an der Brüstung des Pressebereichs wirklich fast nur das (verdammt beeindruckende) Drumming vernehmen kann, und das die ersten zwei Songs lang. Ein Streifzug vor die Bühne offenbart meinen Ohren, dass der Sound dort unten zwar auch durchwachsen, aber deutlich differenzierter daherkommt. Immerhin. Denn ansonsten gibt es aus meiner Sicht wenig Positives zu berichten: Bedenkt man mal, dass DARK FUNERAL früher zu Recht in einem Atemzug mit den Landsmännern MARDUK sowie IMMORTAL genannt werden konnten, und schaut dann, wo die anderen Bands heute stehen und wie sie sich seitdem weiterenwickelt haben, so zeigt sich schnell, dass das dunkle Begräbnis eigentlich längst begraben sein sollte.
Wenn 'Secrets Of The Black Arts' und 'Vobiscum Satanas' die mit Abstand besten Song sind, das so gut wie nicht vorhandene Stageacting wirklich nur noch peinlich und in keiner Art und Weise böse, fies oder kalt wirkt, dann tut es fast schon weh, eine ehemalige BM-Institution so zu sehen. Caligula mag sich freuen, dass er keinen Bass mehr umgeschnallt hat, aber wirklich was bringen tut das auch nicht - Bewegung, Gesten oder sonstige Freiraum-Ausnutzung sucht man vergebens. Ich bleibe dabei: Das beeindruckendste und beste an diesem Gig war das Drumming von "Dominator" Nils, und zwar mit Abstand. Ansonsten haben DARK FUNERAL wohl verlenrnt, dass zum Zelebrieren des Schwarzmetalls deutlich mehr als Kostüme und Corpsepaint gehören. Schade. Mein persönlicher Festivaltiefpunkt.
[Rouven Dorn]
TANKARD
Fünf vor Becks, Zeit zum Nachfüllen. Nach dem Einstiegssatz dürfte eigentlich klar sein, wer jetzt an der Reihe ist. Richtig! TANKARD. Die Frankfurter Thrashköpp ballern mit 'We Still Drink The Old Ways' das Motto für den letzten Festivalabend aus den Boxen, um mit 'Zombie Attack' einen uralten Klassiker nachzulegen. Zwar ist der Sound zu Beginn arg basslastig, was sich aber im spätestens nach 'Beermuda' verflüchtigt hat. Und wie es sich gehört, wird das Quartett ordentlich abgefeiert. Einen richtig schlechten TANKARD-Auftritt hab ich noch nicht gesehen, und so ist es auch dieses Mal.
Dabei hat Gerre wieder eine riesigen Sack an Sprüchen auf Lager, die Mitten in das Zwerchfell der anwesenden Besucher zielen. Beispiele gefällig? Bitteschön:
"5 Jahre Rock Hard Festival.
25 Jahre TANKARD.
25 Jahre keinen Erfolg.
25 Jahre wild geballte Erotik."
Und spätestens nach dem Auftritt wissen wir, was Schalke 04 und Eintracht Frankfurt gemeinsam haben: Beide werden in absehbarer Zeit kein deutscher Meister.
Apropos Eintracht: Ich weiß nicht, ob die "Geiselgangster" auch nach Gelsenkirchen angereist sind, aber zumindest haben sich vier Eintrachtfans mitsamt Trikot und Fahne bewaffnet auf den Rängen platziert, um während des kompletten Konzerts einschlägige Fußballgesänge zu skandieren.
Und nun ist es auch amtlich: Nach zwei Rock Hard-DVDs sind Gerre und Bobby verlobt. Und um diesen Umstand gebührend zu feiern, wird 'Rectifier' zum Hochzeitslied auserkoren. Wo wir schon beim Thema sind: Auf seinen dicken Bauch angeprochen, meint Gerre nur ganz trocken: "Du willst ein Kind von mir? Ist in Arbeit!"
Die Jungs sind - wie eigentlich immer - bestens drauf. Allen voran Andy Gutjahr ist meiner Meinung einer der am meisten unterschätzten Gitarristen in der deutschen Metalszene. Was der Junge auf den letzten beiden Scheiben vom Leder gezogen hat, ist einfach nur der Hammer. Das ist auch heute der Fall, wo Riffsalven auf Riffsalven folgen.
Auch dieses Konzert findet leider sein jähes Ende, was jedoch die Menge nicht davor abhält, beim abschließenden '(Empty) Tankard' wild durch die Gegend zu hüpfen. Jungs, das hat mal wieder mächtig Spaß gemacht. Auf die nächsten fünfundzwanzig Jahre!
(Unvollständige) Setlist:
We Still Drink The Old Ways
Zombie Attack
Slipping From Reality
Beermuda
The Beauty And The Beast
Chemical Invasion
Die With A Beer In Your Hand
Rectifier
Freibier
(Empty) Tankard
[Tolga Karabagli]
PAUL DI ANNO
Ja ja, Paulchen Panther gibt MAIDEN-Klassiker zum Besten, und jeder im Amphitheater ist gespannt auf die Antwort, ob das nun ein Triumphzug oder ein eine audiovisuelle Trauerweide werden wird. Ich für meinen Teil bevorzuge Zweiteres, denn das, was Doktor Koks da auf der Bühne abzieht, hat mit der Seele der NWoBHM nix zu tun. DI ANNOs Band ist an diesem Nachmittag absolut gut drauf und pustet ihr ohne wenn und aber vorhandenes spielerisches Potential mit Inbrunst durch den Kessel. Problem ist nur, dass die MAIDEN-Songs in einem Tempo runtergeprügelt werden, das etwas an die Jungs von VADER erinnert, zumindest wenn man die Originaltempi der eisernen Jungfrauenhymnen zugrunde legt. Unsere Redaktionen hat die Chose denn auch "Maiden-Thrash" getauft, wobei in diesem Genre Paule nebst Band führend auf dem Weltmarkt sein dürften.
Perlen wie 'Strange World', 'Phantom Of The Opera' oder das unsäglich grausam heruntergedroschene 'Sanctuary' haben wirklich nichts mit Feeling und Dynamik zu tun, zwei Attribute, die MAIDEN im Metalzirkus einzigartig machen. Zudem hat Paul immense Probleme mit seiner Röhre und macht auch auf der Bühne nicht den hellsten und fittesten Eindruck. Soll heißen? Ich denke, die Heulboje ist breit wie ein Fisch, steif wie ein Panzer, voll wie die Sau! Welche Substanzen da zugrunde liegen kann man nur erahnen. Aber das meisterhaft genuschelte Gelaber zwischen jedem Song, das kein Schwein verstanden, und interessiert hat, hätte sich die "Szeneikone" auch sparen können. Oh, richtig, der Mann gilt als eine solche! Warum? Diese Antwort kann ich euch nach der dargebotenen Leistung und der Vergewaltigung einiger der größten Klassiker der Metalgeschichte auch nicht beantworten. Furchtbar ...
[Alex Straka]
Bände spricht alleine auch die Tatsache, dass Kühnemunds Götz den "Meister" bei 'Running Free' mal eben komplett an die Wand singt - selbst wenn man dem Rock-Hard-Papst eine amtliche Röhre attestieren muss, macht dies nur deutlich, wo Herr DI ANNO heutzutage steht. Aufhören, bitte!
[Rouven Dorn]
SPOCK'S BEARD
Man muss dem Rock Hard-Team wirklich Eier in der Hose dafür zugestehen, dass ein Act wie der Bart des Spock verpflichtet wird. Immerhin sind die fünf Amis nicht nur ein bisschen progressiv, verspielt und technisch versiert, sondern sehr, sehr viel. Abgesehen davon ist die Mucke beim ersten Hören - abgesehen von den neueren Sachen - nicht unbedingt beim ersten Mal zu erschließen, ganz zu schweigen davon, dass selbst der noch lässig rockende Pfad des öfteren verlassen wird. Und schließlich gibt es da noch Ryos Keyboard- und Synthie-Sounds, die selbst für kitschigen Melodic Metal gewohnte Ohren ein wenig strange und dominant klingen dürften. Von daher sicherlich nicht die leichteste Voraussetzung, um ausgerechnet auf einem in diesem Jahr recht straight metallisch ausgerichteten Festival zu spielen.
Und so sehe ich das vor Beginn der Show auch, zumal die letzten drei Tage Spaß in Gelsenkirchen schon etwas an mir nagen. Auch als SPOCK'S BEARD dann loslegen, haut mich das nicht aus den Latschen. Mag auch daran liegen, dass ich das aktuelle Album noch nicht habe - seitdem Neal lieber Solo seine Bekehrungen heraussingt, macht mir die Kapelle nur noch halb so viel Spaß. Zwar sind die Songs jetzt erdiger, direkter, rockiger und nicht wirklich schlechter, aber mir fehlt das gewisse Etwas. Kein Problem, denn dann folgt sogleich der Überhammer 'In The Mouth Of Madness' vom tollen "The Kindness Of Strangers"-Output. Herrlich. Und so langsam taue ich auf, wippe mit dem Fuß mit, muss wegen Ryos unablässigem Herumkaspern grinsen und stelle fest, dass Neals Bruder Alan zwar äußerlich gealtert sein mag, aber immer noch der ganz große, filigrane Gefühlsmeister an der Sechssaitigen ist. Spätestens als sich Alt-Drummer Nick und Tour-Schlagzeuger Jimmy Keegan ein Drum-Solo-Duell an den zwei auf der Bühne aufgebauten Kits leisten, ist es jedoch vorbei. Die Kinnlade steht offen, das Grinsen wird, sobald ich sie wieder hochgeklappt bekomme, immer breiter. Wahnsinn! Da hätte selbst Mike Portnoy seinen Spaß dran gehabt. Oder Gene Hoglan. Oder, oder, oder. Die beiden spielen im weiteren Verlauf des 75-Minuten-Sets noch bei zwei weiteren Gelegenheiten zusammen. Und zwar synchron zum rein instrumentalen Kunstwerk. Wenn das nicht beeindruckend ist, dann weiß ich auch nicht.
Das tollste am Gig ist jedoch, dass ein verdammt alberner Virus in der Luft sein muss. Die Menschen im Rund beginnen zu tanzen, dort wird ein Rad geschlagen, hier schnappt sich jemand einen Regenschirm, klappt ihn auf und kaspert damit rum. Ein paar Jungs spielen Fußball, während der Innenraum des Festivals immer mehr nach Woodstock aussieht: Glückliche, ausgelassene und irgendwie bekifft wirkende Leute haben 'nen Arsch voll Spaß und zelebrieren auf ihre Art und Weise die Musik. Ich genieße mit, auch im Sitzen. War anstrengend, das Festival.
Als zum Abschluss des Ganzen nach 'Thoughts Pt.2' mit dem abschließenden, von Keegan (!) perfekt gegrölt/gesungenen LED ZEP-Cover 'Whole Lotta Love' der letzte, große Höhepunkt ansteht, hält es mich jedoch auch nicht mehr auf dem Sitzfleisch. Einfach nur groß. Richtig groß!
Setlist:
On A Perfect Day
In The Mouth Of Madness
Surfing Down The Avalanche
Thoughts Pt.2
Skeletons At The Feast
Rearranged
The Water
Go The Way You Go
Whole Lotta Love
[Rouven Dorn]
AXEL RUDI PELL
ARP, och nee? Nicht so richtig, denn den Co-Headliner am letzten Abend wollten sich einige Fans antun. Und so kommt die Truppe mitsamt dem Flitzefinger aus Wattenscheid nach einem schottisch angehauchten Intro um Punkt 21.47 auf die Bühne. Von Beginn an hüpft Johnny Gioeli auf und ab und übt sich im Schattenboxen. Scheint so, als ob der Junge sich bei den Auftritten für die Rolle im nächsten "Rocky"-Film bewirbt. Man mag das Gehabe auf der Bühne affig finden, aber stimmlich ist Johnny der beste Shouter am Wochenende. Apropos affig: Dass Mike Terrana trommeln kann, wissen wir alle. Nur, nach dem Drumsolo den Caveman rauszulassen und wie ein 08/15-Bodybuilder vor dem Drumkit zu posen, ist selten peinlich. Vor allem, wenn Mr. Terrana dasselbe Solo vor sechs Wochen mit MASTERPLAN gezockt hat. Wer's braucht.
Doch zurück zum Geschehen. Die Band ist bestens aufeinander eingespielt und besser drauf als beim letztjährigen Gig auf dem Bang Your Head!!!. Mit Songs wie 'Strong As A Rock' oder 'Masquerade Ball' kann man aber auch nicht so viel falsch machen. Es kommen aber auch neue Songs zum Einsatz. Einer davon ist mit 'Mystica' betitelt und kann mit einem kurzen 'Mistreated'-Part (remember DEEP PURPLE?) glänzen. Es sind ordentlich Crowdsurfer unterwegs, was bei der Mucke eigentlich eher ungewöhnlich ist.
Ansonsten brät Axel ein ordentliches Brett auf seiner Axt. Zwar trommelt Mike schön theatralisch und versucht seinem "Chef" die Show zu stehlen, was aber mehr als einmal misslingt. Zu gut sind Johnny und Axel heute drauf, als dass sie sich von irgendjemandem die Butter vom Brot nehmen lassen. Am Ende kommt bei 'Call Her Princess' das Gitarren/Keyboard-Duell zum Tragen, bei dem Ferdy Doernberg (der eine immens große Ähnlichkeit mit unserem Frank hat) seine Keyboards schultert, um mit Axel um die Wette zu fiedeln.
Nach gut 75 Minuten ist der Spuk um, und eine müde, aber glückliche Menge verabschiedet AXEL RUDI PELL in den wohlverdienten Feierabend.
Setlist:
Fly To The Moon
Strong As A Rock
The Masquerade Ball
Casbah
Drum-Solo (Mike "Caveman" Terrana)
Tear Down The Walls
Mystica
Rock The Nation
In The Year Of The Fox
Fool Fool
Call Her Princess
[Tolga Karabagli]
THIN LIZZY
An dieser Stelle muss ich ein bisschen weiter ausholen: Für meine Wenigkeit ist es stets etwas ganz, ganz Besonderes, wenn die Möglichkeit besteht, alte, einflussreiche und zweifelsohne Große Helden aus den frühen Tagen einmal livehaftig zu erleben. Ich wünsche mir immer noch jeden Tag, PINK FLOYD einmal in Originalbesetzung zu sehen. Umso mehr freut es mich, dass ich schon die Chance hatte, Legenden wie DEEP PURPLE, URIAH HEEP, FOREIGNER oder WISHBONE ASH zu sehen. Dieses Jahr kommen noch NAZARETH und BLACK SABBATH (alias HEAVEN AND HELL) hinzu. Klingt vielleicht langweilig, aber jemand mit Baujahr 1980 ärgert sich ständig, die Truppen nicht schon in den heißen Siebzigern gesehen zu haben.
Deshalb war der Auftritt von THIN LIZZY bereits im Vorfeld mein persönliches Festivalhighlight, das mir kaum ein äußerer Einfluss vermiesen konnte. So sitze ich dann auch gebannt und gespannt pünktlich mitten im Rund, um geballte neunzig Minuten Mucke erleben zu können, die das metallische Geschehen wie wir es heute kennen mehr als entscheidend mitgeprägt hat. Zehn Minuten warten - kein Problem. Auch nach zwanzig geht's noch einigermaßen, man kann sich ja unterhalten. Oder Bier trinken. Blöd nur, dass Götz die Jungs schon ein paar Minuten verspätet ansagt, "Die kommen bestimmt in fünf Minuten". Tja, im Endeffekt waren's dann fast geschlagene vierzig (!) Minuten Verspätung. 0:10 statt 23:30. Der Kommentar eines Sitznachbarn, "Die warten bis zur Geisterstunde, wegen Phil Lynott!", konnte nur ein bisschen darüber hinwegtrösten.
Immerhin legen die Jungs mit 'Jailbreak' gleich ganz, ganz groß los. Schließt man die Augen, so klingt Klampfer John Sykes fast wie Lynott, nur dass er an fast jedes Wort noch ein über die Dauer des Konzertes nervig werdendes "ah" dranhängt. Trotzdem schön. Der Sound passt, das Publikum hat Spaß - nur Sykes wirkt bei seinen Ansagen derart lustlos, dass es schon fast eine Frechheit ist. Ich habe noch nie einen Sänger mehrere Sätze in exakt dem gleichen Tonfall von sich geben gehört. Klang irgendwie arg gelangweilt. Schade.
Spätestens beim Drumsolo von Tommy Aldridge ist das jedoch schon wieder vergessen, einfach grandios, wie er seine Sticks wegfeuert und dann mit Händen (!) und Fäusten weiterkloppt. Tut das nich weh? Auch wenn mir Kollege Tolga später steckt, dass der Gute bei WHITESNAKE exakt die gleiche Show abgeliefert hat, kann das meine Begeisterung nicht mindern. So machen doch mal alleinige Momente der Herren Fellgerber richtig Spaß!
Extrem beeindruckend finde ich neben den Gitarrensoli auch die rein instrumentalen Momente, die einfach nur direkt ans Herz gehen und ganz nebenbei - wie die gesamte Solo-Arbeit der beiden Klampfer auch - mal zeigen, wo denn selbst Truppen wie IRON MAIDEN ihre Inspirationen her haben dürften. Das hier, meine Freunde, ist definitiv einer der Grundsteine der ganzen heutigen Metalszene.
Als es dann nach einem wunderbaren Medley aus 'The Cowboy Song' und dem Gassenhauer 'The Boys Are Back In Town' schon vorbei sein soll, traue ich meinen Ohren kaum. Aber die Befürchtung, dass die Verspätung von der Spielzeit abgezogen wird, tritt natürlich ein. Sauerei - und von "strict curfew" kann mir eigentlich auch niemand was erzählen, schließlich ist der nächste Tag Pfingstmontag und somit ein bundeseinheitlicher Feiertag.
Immerhin lassen sich die Herren nicht allzu lange bitten, und kommen nochmal für zwei Songs auf die Bühne. Als das allerletzte Stück dann zwar das wirklich riesige 'Black Rose', aber eben doch nicht 'Emerald' ist, ist dies wohl die größte Enttäuschung des gesamten Auftritts. Ich hätte wegen mir auch eine Stunde gewartet, um dieses - im wahrsten Sinne des Wortes - Kleinod akustisch wahrnehmen zu können, livehaftig von THIN LIZZY dargeboten. Jetzt muss ich's doch wieder auf Platte hören oder mich mit den tollen Coverversionen von SKYCLAD und MASTODON begnügen. Schnief.
Summa summarum für mich trotzdem ein toller Gig, auch wenn ich damit redaktionsintern (und sicherlich auch festivalweit gesehen) recht alleine dastehe - aber das habe ich ja bereits anfangs erläutert.
Setlist:
Jailbreak
Waiting For An Alibi
Don't Believe A Word
Cold Sweat
Are You Ready?
Bad Reputation
Drum Solo
Suicide Figure
The Cowboy Song/The Boys Are Back In Town
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Rosalie
Black Rose
[Rouven Dorn]
- Redakteur:
- Rouven Dorn