SUMMER BREEZE 2024: Fuck This Shit, Let's Circle Pit! - Dinkelsbühl
22.09.2024 | 08:5815.08.2024, Flughafen Sinbronn
Die 25. Ausgabe des Festivals ist wieder ein absolutes Fest. Das SBOA steht in unserem Festivalkalender als Fixpunkt und lohnt sich immer. Lest selbst!
Die Jugend hat viel vor in diesem Jahr. Gestern Nacht haben wir noch bis zum Ende von SIAMESE ausgeharrt, heute morgen müssen wir aber gleich wieder am Start sein. So komme ich in den Genuss einiger Songs von SVALBART, wenn auch nur akustisch in der "Bulli Alm" im VIP-Bereich, wo wir uns alle treffen, den Tag besprechen und einteilen, und stelle fest, dass die Band eigentlich durchaus in mein Beutespektrum fällt. Zwar sind da auch Growls und Extreme Metal bildet die Grundlage für den Sound der Briten, aber auch atmosphärische Klangteppiche und Post-Metal-Teile finden ihren Weg in die Musik. Das ist interessant, könnte man sich ja mal merken.
[Frank Jaeger]
Nach der langen Nacht mit SIAMESE geht es jetzt bereits früh wieder aufs Infield zu FUTURE PALACE. Sängerin Maria Lessing trägt ein für sie typisches Outfit, das schwarz und mit Glitzer bestückt ist. Dazu ihre pastell-rosafarbenen Haare, die den Fokus auf sie lenken. Mit 'Uncontrolled' beginnt die Band mit einem ihrer neueren Stücke. Auch 'The Echoes of Disparity' wird gespielt, welches mit AS EVERYTHING UNFOLDS geschrieben wurde und nun ohne deren Sängerin Charlie Rolfe dargeboten werden muss. Auch danach spielt FUTURE PALACE noch drei neue Lieder des Album 'Distortion'. Auf der Bühne liefert die Band eine energievolle Show für die bereits früh aufgestandenen Fans, die überraschenderweise schon sehr zahlreich vor der Bühne stehen. Der gewohnte Werbeblock fürs neue Album und die kommende Europa-Tour mit OUR PROMISE, die morgen auf der T-Stage auftreten werden, rundet den Auftritt ab. Es sei ihnen gegönnt, wir werden auch dabei sein und berichten.
[Katharina Jaeger]
Für mich steht nun eine Gimmick-Band an: WARKINGS. Die Bühnendeko, die Kostüme, die Pseudonyme und das gesamte Image sind ein erheblicher Bestandteil der Band und hebt sie aus der Masse der Power-Metal-Szene heraus. Anscheinend verfehlt diese Kombination aus Mummenschanz und Geschichtsklitterung seine Wirkung nicht, denn es ist erheblich voll im Infield, als Tribune die Menge mit "ave summerbreezus" begrüßt. Ist das cool oder zum Fremdschämen? Die Reaktion der "warriors and shieldmaidens of summerbreezus Germania" ist eindeutig, hier geht es ab und alle singen 'Maximus' mit. Die Band lebt vor allem von den Fähigkeiten des Sängers Tribune, der sich als Könner präsentiert. Kein Wunder, verbirgt sich hinter dem römischen Outfit doch niemand anderes als SERENITY-Frontmann Georg Neuhauser. Ja, auch die letzten SERENITY-Alben sind immer bombastischer geworden, vielleicht ist WARKINGS diesbezüglich nur eine konsequente Weiterentwicklung, die Neuhauser unter dem Namen seiner Stammband nicht umsetzen konnte oder wollte.
Schade ist, dass die gesamte Band mit Masken auftritt, bei Sängern finde ich es immer irritierend, wenn man keine Emotionen erkennen kann, sondern nur auf die immer gleiche Maske blickt. Schön ist das Duett mit Morgana LeFay in 'Spartacus', bevor eine mittlerweile etablierte und gerne genommene Einlage den Auftritt unterbricht. Diesmal ist es ein aufblasbarer Ring mit einer Schwermetallerin, der zu dem Lied 'Warriors' über die Fancrowd getragen wird. Die Band hat etwa 40 Minuten Spielzeit und nutzt diese, um sieben Lieder mit für den einen unwiderstehlichen, für den anderen klebrigen Melodien ins Rund zu feuern, gerne unterstützt von mittäglichen Pyros. Interessant finde ich, dass ich keinen Song vom letzten Album "Morgana" gehört zu haben glaube, aber ich bin bei dieser Band nicht ganz titelsicher. Auf jeden Fall war das heute eine sehr "klassisch" orientierte Setliste, wenn man das bei einer Band mit vier Alben und sieben Jahren des Bestehens so formulieren kann.
Jemand muss sich ja auch der kleinen Bühnen annehmen, denke ich bei mir und schreite auf der Wera Tool Stage zur Tat, denn mit VOODOO KISS gibt es da etwas Hardrock. Passt mir gut, zwischendurch mal etwas Erdiges, und die Burschen hier wissen, wie das geht. Bandkopf ist Achim Ostertag, den hier sicher alle kennen, selbst wenn seine Musik mittlerweile eine Randerscheinung geworden ist, denn Achim hat das Summer Breeze ursprünglich gegründet, um eine Auftrittsmöglichkeit für seine Band zu schaffen. Mittlerweile wiedervereinigt nutzen die Ostalbrocker die Gunst der Stunde, sich wieder in Erinnerung zu rufen, denn genau heute erscheint das zweite Album "Feel The Curse". Was mich daran erinnert, dass ich das Debüt noch gar nicht zu Hause stehen habe. Das sollte ich mal ändern, denn die Band führt wieder vor Augen, dass zeitloser Hardrock eigentlich immer geht. An der Front steht mit Gerrit Mutz, jedem sicher von SACRED STEEL bekannt, eine echte Rockröhre und die Dame kenne ich doch auch, ist das Steffi Stuber von MISSION IN BLACK? Ich glaube schon, auf jeden Fall steht die Frontfrau Gerrit in nichts nach, sodass die halbe Stunde, die für VOODOO KISS eingeplant ist, schnell verfliegt, vor allem, nachdem sich die Band eingegroovt hat. Zu Beginn wirkt der Gig ein wenig hüftsteif, aber nach wenigen Minuten legt sich das. Leider muss ich aber dringend los, noch etwas MEGAHERZ schauen, denn die kommen in Kürze zum Interview rüber.
Eine der dienstältesten Bands der mit Neue Deutsche Härte betitelten Stilrichtung ist die Münchner Band MEGAHERZ. Ich erinnere mich gut an die Anfänge, aber zwischendurch habe ich die Buben ein wenig aus den Augen verloren, NDH ist ja auch nicht mein übliches Betätigungsfeld, gelegentlich etwas EISBRECHER, vor allem wegen des Festivals in Ulm, oder etwas OOMPH aufgrund derer Herkunft, das war es schon. Aber natürlich muss man MEGAHERZ kennen und deswegen bin ich froh, endlich einmal in den Genuss einer Liveshow zu kommen. Ich lasse mich gleichmal vom 'König der Dummen' eingrooven, in dem Alexander Wohnhaas eine gewaltige Breitseite in Richtung der lauthalsen Nichtdenker abschießt, die gerade in den letzten Jahren zu einer echten Plage geworden sind. Brillant, spitzzüngig und dabei ein starkes Lied. Über die "Attila, Attila"-Rufe muss ich breit grinsen. Das neue Album muss ich im Nachgang mal genauer antesten, da habe ich wohl etwas verpasst. Nach Mitsingen zu 'In Teufels Namen' folgt der Stampfer 'Menschenhasser' und im Anschluss das Lied zum T-Shirt des Sängers, 'Alles Arschlöcher'. Bei MEGAHERZ stehen die gut verständlichen Texte gleichberechtigt neben der Musik, hier hat jemand auch etwas zu sagen. Sänger Wohnhaas ist der Mittelpunkt der Band, übernimmt die Show, zeigt sich auf jeder Bühnenseite und nimmt das Publikum gut mit, das aber ein paar Minuten braucht, um aufzutauen. Ja, das ist dann auch etwas ernster als die Maskenparade WARKINGS zuvor.
[Frank Jaeger]
Wenn man zu THE BUTCHER SISTERS kommt und sie nicht kennt, denkt man sich erstmal: "Was ist das denn?" Zwei Typen in Trainingsanzügen, die mehr oder weniger Malle-Musik rappen und das Publikum nicht mal richtig ansprechen, sondern denken, sie seien auf einem anderen Festival. Aber Moment mal, so ist es gar nicht. Die zwei Sänger von TBS benutzen viel davon als Stilmittel, zum Beispiel einfach mal zufällig Festivals nennen. Die Musik von ihnen ist, gebe ich zu, gewöhnungsbedürftig, aber wenn man sich darauf einlässt, ist es witzig. Kurz gesagt: einfache Texte mit Metal-Beats und Breakdowns sorgen für eine Mega-Party. Ich würde sie mir sofort wieder live ansehen.
[Leon Will]
Vor der Main Stage stellt sich das Publikum ein und schon mal auf. NEAERA aus Münster wird als nächstes aufspielen und vor der Bühne entsteht bereits in vorauseilendem Gehorsam Platz für eine erste Wall Of Death und einen ordentlichen Circle Pit, während die ersten schweren Riffs das Infield beschallen. Sänger Benny Hilleke befindet sich inmitten der Fans, lässt sich von ihnen tragen, während er growlt und auch mal dem einen oder anderen Fan das Mikro überlässt. Dann crowdsurft er zurück und schließt sich seinen Musikern auf der Bühne an. Das nenne ich mal Fan-nah, im wahrsten Sinne des Wortes. Die Münsteraner haben eine Dreiviertelstunde Spielzeit und eine Phalanx an grandiosen Riffs im Programm, aber die Show macht weiterhin Hilleke, der schon wieder vorn an der Absperrung mit den Fans rockt und dann beherzt zum Wasserschlauch greift, um die Meute etwas abzukühlen. Der Aufforderung, den Grabenschlampen mal etwas zu tun zu geben, folgt eine Welle an Crowdsurfern und eine Mülltonne. Letzteres wäre vielleicht nicht notwendig gewesen, aber da ging wohl die Begeisterung mit ein paar Headbangern durch. Der ganze Auftritt ist sehenswert, auch wenn Sänger Benny gefühlt mehr Zeit im Pit als auf der Bühne verbringt. Kurz vor Ende muss ich aber los, der Weg zwischen den beiden Bühnen ist weit.
Tja, manche Stile und Bands stehen bei unserer Truppe vor Ort auf dem SBOA nicht so hoch im Kurs. Viking Metal gehört dazu, aber ich habe keine Berührungsängste. 2021 war EINHERJER bei uns sogar Soundchecksieger und Kollege Rüdiger vergibt regelmäßig hohe Noten und Lob für die Alben, also ist es an der Zeit, dass ich mich mal mit den Haugesundern beschäftige. Allerdings gestaltet sich das erstmal ein wenig schwierig, denn nach einem dreiminütigen Intro gehen wir über in einen Soundcheck. Irgend etwas stimmt nicht mit der Technik, das widerfährt noch einigen Bands auf der T-Stage in diesem Jahr, und bevor das nicht behoben ist, kämpft hier niemand mit irgendwem. Sänger Frode Glesnes nimmt es mit Humor und stellt die Band als SPINAL TAP vor. Nach ein paar Minuten beweist auch das Summer-Breeze-Publikum, dass es Spaß versteht, und stimmt "Zugabe"-Chöre an.
Dann geht es aber los. Der Vorteil der Verzögerung ist, dass noch einige Besucher den Weg von der Main Stage herüber gefunden haben, wo NEAERA gerade ihren Auftritt beendet hat. Jetzt geht es direkt mit dem Song 'Nog Og Ner' los. Der getragene Kopfnicker klingt klasse, da bleibt kein Fuß ungewippt, und auch Glesnes Stimme ist gut erträglich, der Soloteil ist sogar noch besser und erinnert an die großen Epiker des Nordens, aber danach darf es auch mal etwas hektischer werden. 'The Blood And The Iron' zieht das Tempo etwas an, aber auch dieser Song ist stark. Der Sound stimmt ebenfalls, die Norweger wirken äußerst sympathisch, die Songauswahl ist klasse für jemanden, der mit der Musik nicht so vertraut ist, denn jetzt wird es wieder langsam, episch, zeitweise geradezu balladesk. Die Band geht bis in die Mitte der Neunziger zurück und nach dem, was ich hier höre, würde ich wetten, dass EINHERJER die epische BATHORY-Phase durchaus bekannt sein dürfte. Dafür ist Rüdiger der Experte, ich muss ihn mal fragen, aber die Parallelen im Sound sind schon deutlich. Meine zumindest ich als Laie in Bezug auf BATHORY, weil ich leider mit Quorthons Gesang auf Kriegsfuß stehe. Dieses Manko gleicht EINHERJER aus und bietet einen durchgehend starken Auftritt, der Werbung für die Band macht. Und das bei jemandem, der sonst bei dem Begriff Viking Metal nur an guttural grölende Bartträger über mäßig interessantem und vor allem schnellen Metal denkt. Ich bin gerade belehrt worden. Danke.
[Frank Jaeger]
Seit Jahren höre ich DELAIN, doch endlich sehe ich sie auch einmal live und es lohnt sich. Die Symphonic-Metal-Band legt eine beeindruckende Performance hin, obwohl sie nur vier Songs ihres aktuellen Albums "Dark Waters" spielt, was mich angesichts der neu formierten Band seit 2022 etwas überrascht. Angeführt von der charismatischen Sängerin Diana Leah liefert die Band eine energiegeladene Show, die das Publikum von Anfang an mitreißt. Besonders die älteren, bekannten Lieder kommen gut an wie 'The Gathering' und 'Get the Devil Out of Me', die von den Fans begeistert gefeiert werden. Zu meiner Freude schafft es auch 'Invidia' auf die Setliste, ein persönliches Highlight für mich. Als krönenden Abschluss wird schließlich 'We Are the Others' gespielt, ein Song, der die Menge nochmals zusammenschweißt und die Stimmung auf den Höhepunkt bringt. DELAIN live zu erleben, ist für mich eine rundum fantastische Erfahrung mit einer großartigen Songauswahl, eine starken Performance auch in der neuen Besetzung und mit gutem Sound.
[Katharina Jaeger]
Nach etwas Melodie auf der Hauptbühne geht es jetzt in den oldschooligen Death Metal, MEMORIAM beehrt die T-Stage. Ich bin ja ein ausgesprochener Freund des Death-Grooves von BOLT THROWER und mag Sänger Karl Willets, aber bisher konnte MEMORIAM mich immer nur mittelmäßig begeistern. Natürlich, das hat alles Hand und Fuß, aber sonderlich originell ist hier nichts. Ich habe die Band bereits mehrfach live gesehen, aber noch immer hat sich kein Album in mein Regal verirrt. Zugegeben, von BENEDICTION, der wichtigsten Band des zweiten MEMORIAM-Gründers Frank Healy, mit der er eineinhalb Jahrzehnte tieftönte, auch nicht, ich schätze ihn mehr durch das großartige SACRILEGE-Album "Turn Back Trilobyte". Trotzdem bin ich gespannt, muss mich aber wieder etwas gedulden, auch MEMORIAM hat zehn Minuten Verspätung. Das ist normalerweise kein Problem, es sei denn, der gehetzte Journalist hat einen eng getakteten Terminplan. In diesem Fall ein Gespäch mit IMPERIUM DEKADENZ, sodass mich die zehn Minuten Verspätung tatsächlich mehrere Songs kosten, die ich aber glücklicherweise weitgehend hören kann, nur eben im VIP-Bereich und nicht mehr vor der Bühne. Bis dahin kann MEMORIAM aber durchaus überzeugen, spielt mit dem Lied 'All Is Lost' sogar ein Stück, dass beinahe den alten BOLT THROWER-Groove atmet, und versucht gar nicht, irgendwie auf Teufel kommt raus originell zu sein. Man macht, was man eben am besten kann, so ein Old School Death passt immer. Nur die Ansagen von Karl, der aus den Midlands stammt, sind schwer zu verstehen, sein Dialekt ist wirklich unterirdisch. Ich bin ja einmal pro Jahr in Birmingham, das ist die Gegend, aus der auch Willets stammt, und kann sagen, dass man hier wirklich den unverständlichsten Dialekt der Insel spricht. Seine Ansagen sind irgendwo zwischen Lallen und Wolldecke-im-Mund, aber er soll ja auch keine Reden schwingen. Gesanglich ist er top.
[Frank Jaeger]
Bei MOTIONLESS IN WHITE taucht die Gothic-Szene des SUMMER BREEZE vor der Bühne auf. Dort versammelt sich eine junge, begeisterte Menge, die gespannt auf den Auftritt von Sänger Chris Motionless wartet. Begleitet wird er von seinem rot-schwarz-haarigen Drummer Vinny Mauro und dem grünhaarigen Bassisten Justin Morrow, der mit skelettartigem Make-up ins Auge fällt. Auch der Rest der Band bleibt dem düsteren, stilvollen Erscheinungsbild treu. Schon zu Beginn des Sets wird klar, dass MOTIONLESS IN WHITE live deutlich härter klingt, als ich es erwartet hatte. Der Wechsel von Chris' klarem Gesang zu seinen kraftvollen Screams beeindruckt und treibt die Stimmung weiter an, die Menge feiert lautstark und eine Welle an Crowdsurfern scheint nicht zu enden. Zu meiner Freude spielen sie 'Another Life', eines der wenigen Lieder, die ich gut kenne, und es kommt live genauso intensiv rüber, wie ich es mir erhofft hatte. Der Rest der Setliste überrascht mich, da sie deutlich weniger melodisch und dafür härter wirkt, als ich es von ihrem Metalcore-Stil gewohnt bin. Dennoch fesseln mich die energiegeladenen Songs, auch wenn ich mit vielen davon nicht vertraut bin. Besonders mit Tracks wie 'Break the Circle' macht die Band ihre eingefleischten Fans glücklich und liefert insgesamt eine beeindruckende Show ab.
[Katharina Jaeger]
Wer ist eigentlich auf die Idee gekommen, mich zu WHITECHAPEL zu schicken? Ach ja, sonst wollte keiner. Ich weiß nach kurzer Zeit auch, weswegen, obwohl Leon eigentlich einiges ertragen kann. Dass ich jetzt etwas über diese us-amerikanische Kapelle aus Tennessee schreiben soll, sagt diesbezüglich eine Menge. Als die Band nämlich loslegt, bemerke ich, dass ich in eine für mich eher ungemütliche musikalische Nische geraten bin: Deathcore. Leider aber auch noch Deathcore der brutalen Sorte, komplett mit zugebrüllten Passagen, vorhersehbaren Breakdowns und der daraus erwachsenden Grundlangeweile, die sich in mir breit macht. Dabei ist Sänger Phil Bozeman mit einer interessanten Stimme ausgestattet, wie man während der Ansagen erkennen kann, und er kann auch in den Liedern variabel zu Werke gehen, er kann nämlich unverständlich Brüllen, unverständlich growlen und unverständlich Keifen. Nur finde ich leider nichts davon gut. Die Musik der Band ist entweder am Anschlag oder im Breakdown-Modus, aufkeimende dynamische Anflüge wie in 'We Are One' und dem folgenden 'Black Bear' werden mit Hilfe der beiden genannten Zustände schnell erstickt. Als das Ganze dann in dem alten Song 'Prostatic Fluid Asphyxiation' geradezu random wird und unzusammenhängende Liedschnipsel zu einer Einheit zusammengeröchelt werden sollen, deren einzige Gemeinsamkeit die vordergründige Brutalität ist, gebe ich auf und beschließe, dass es Zeit für mich sei, zu gehen, denn hier fehlen mir die Songs im Geräusch. Bisher mein Lowlight des Festivals, sorry Jungs. Das ist gar nicht mein Stil.
[Frank Jaeger]
Der Abend neigt sich dem Ende zu, doch die Stimmung erreicht gerade erst ihren Höhepunkt, als FEUERSCHWANZ die Bühne betritt. Mit einem fulminanten Start, begleitet von Dudelsäcken, Geigen und imposanten Pyroeffekten, feiern die Franken ihren Einzug und das Publikum ist sofort in ihrem Bann. Die Energie ist greifbar, als die Band in ihre ersten Songs einsteigt, und bereits bei 'Memento Mori' hält sich keiner mehr zurück. Die Menge tanzt, hüpft und singt, als gäbe es kein Morgen, während der Bass und die Melodien des Mittelalter-Rocks den Platz erfüllen. Als 'Kampfzwerg' erklingt, gibt es kein Halten mehr, denn die Fans gehen voll mit und sorgen für eine ausgelassene Party-Stimmung. Moshpits entstehen und eine Schar von Crowdsurfern erhebt sich über die Menge. Doch diese legen noch einen drauf, denn während sie über die Köpfe ihrer Mitstreiter hinweggetragen werden, blasen sie in ihre Trinkhörner und sorgen so für eine außergewöhnliche Einlage, die perfekt zur ausgelassenen Atmosphäre passt. Eindeutig eine einzigartige Erfahrung.
[Katharina Jaeger]
Ich habe heute T-Dienst und bleibe mal auf dieser Geländeseite. Als nächstes steht CALLEJON auf dem Programm, eine Band, die ich vor vielen Jahren mal gehört, aber mit der ich mich nie wirklich beschäftigt habe. Das lag auch daran, dass ich beim Hören nichts verstanden habe und erst darauf hingewiesen werden musste, dass die tatsächlich auf Deutsch singt. Da ist sie wieder, meine Abneigung gegen Geräusch-Gröler. Auch mehr als zwei Jahrzehnte später werde ich kein Fan von Frontmann Bastian Sobtzick, auch wenn die Band durchaus etwas unterscheidbare Melodie in den Stücken unterbringt. 'Palmen aus Plastik', so so, abwechslungsreich, mit gutem Refrain und leider Sprechgesang in den Versen, aber ganz erträglich, auch wenn man mit dem Material nicht vertraut ist. Dann 'Dieses Lied macht betroffen', das metallischer daherhoppelt und sogar Gitarrenleads hat, die man so nennen darf. Bastian scheint etwas zu sagen zu haben, schade, dass ich nicht verstehe, worum es geht, aber insgesamt und musikalisch ist das sehr ordentlich und als in 'Mary Shelley' tatsächlich auch Klargesang hinzukommt, steht fest, dass sich CALLEJON den Platz auf dem Summer Breeze redlich verdient hat. Dann hat die Band noch eine Überraschung parat, nach der Ansage, dieses Lied sei gegen Scheiß-Nazis, folgt eine Coverversion der ÄRZTE, natürlich 'Schrei nach Liebe'. Tausende Kehlen singen mit und feiern die Band und das Lied, bei dem auch Sobtzick eine durchaus gute Figur macht.
Jetzt muss ich aber mal rüber zur Hauptbühne, denn da folgt der heutige Headliner, AMON AMARTH. Die Schweden haben heute Abend den langen Slot, die 90 Minuten auf der Main Stage, und dazu ist es im Infield auch richtig voll geworden. Das hier ist wohl der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich die meisten der Anwesenden einigen können. Da es auch schon dunkel ist, dürfen wir wohl eine fette Show erwarten und werden nicht enttäuscht. Zwei große Wikingerstatuen, ein riesiger Helm mit Hörnern, auf dem das Drumset steht, ja, man schert sich hier auch nicht um Authentizität, und dazu Pyros, Pyros, Pyros. 'Raven's Flight' legt vor und das ältere 'Guardians of Asgaard' nach, ein toller Auftakt, der durch das noch ältere 'The Pursuit of Vikings' noch mehr Fanservice bietet. Das sollte aber auch das älteste Lied bleiben, nach mittlerweile einem Dutzend Scheiben ist das aber auch kein Wunder, zumal die Setliste sonst aus Stücken von immerhin acht Alben besteht. Das Publikum ist voll dabei, bei 'As Loke Falls' ist der vielstimmige Chor beeindruckend und Sänger Johan Hegg freut sich sichtlich.
Es ist auch erfrischend, wie humorvoll die Band mit dem Thema Mythologie umgeht, die ja immerhin die lyrische Grundlage für AMON AMARTH bildet, als Johan sagt, er wisse ja nicht, "was das Publikum über die nordische Mythologie wisse, aber um ehrlich zu sein, eigentlich sei das auch egal". Dass noch ein Stück von "Twilight Of The Thunder God" folgt, ist den Fans auf jeden Fall nicht egal, die Stimmung kocht. Die Schweden zelebrieren einen echten Festival-Gig, in dem nur Platz für einen Song vom aktuellen Album, "The Great Heathen Army", ist. 'Heidrun' lässt die Stimmung nicht sinken und leitet über zu 'War Of Gods', das die erste Hälfte des Gigs beschließt. Die Meute ist durchaus warmgerockt, die Band lässt aber keine Gnade walten, auch wenn auf der Bühne etwas mehr Bewegung sein könnte. Die Jungs müssen aber sicher aufpassen, dass sie aus dem Umkreis der Pyros bleiben. Aber als nach einer Stunde der 'Shield Wall' gebildet wird, sind alle nochmal voll dabei, egal, wie lang der Tag bereits gewesen ist, und schaffen es danach noch, zu 'Raise Your Horns' der Band zuzuprosten.
Ein paar Lieder werden noch folgen, aber ich mache mich langsam auf den Weg rüber zur T-Stage. Ah, 'Crack The Sky' lässt die Meute internationaler Wikinger hüpfen und als ich die Main Stage verlasse, höre ich noch den Hit 'Twilight of the Thunder God', der ganz sicher den Abschluss bildet. AMON AMARTH ist heute ein absolut würdiger Headliner und ich muss mich wirklich zwingen, mir nicht einen Sitzplatz im VIP-Bereich zu suchen, sondern bis zur zweiten großen Bühne weiterzugehen.
Setliste: Raven's Flight; Guardians Of Asgaard; The Persuit Of Vikings; Deceiver Of Gods; As Loke Falls; Tattered Banners And Bloody Flags; Heidrun; War Of Gods; Put Your Back Into The Oar; The Way Of Vikings; Under The Northern Star; First Kill; Shield Wall; Raise Your Horns; Crack The Sky; Twilight Of The Thunder God
[Frank Jaeger]
TENSIDE bringt Metalcore-Action auf die Wera Tool Rebel Stage. Doch eine Sache unterscheidet diesen Auftritt auf der kleinsten Bühne auf dem Festivalground von den anderen Auftritten auf der Wera. TENSIDE hat ordentlich Feuer mitgebracht. Damit sind sie wohl eine der wenigen Bands auf dem Summer Breeze, die auf der Wera Tool Rebel Stage Pyrotechnik hatte. Warte, ich soll nicht nur über Showeffekte, sondern auch über den Auftritt schreiben? Na gut: Daniel Kuhlemann schreit ins Mikro und der Rest der Band spielt auf Instrumenten dazu. Das macht die die Mannschaft auch gut, doch was ihnen noch besser gelingt ist, die Menge mitzureißen. Hier ist richtig Partylaune, es gibt sogar eine ziemlich große kreisförmige Wall of Death, die kaum unter den großen Schirm der Bühne passt. Ein sehenswerter Auftritt, nicht nur für Feuerliebhaber, sondern auch für Metaller, die guten Metalcore aus der bayrischen Landeshauptstadt schätzen.
[Noah-Manuel Heim]
Auf der T-Stage folgt jetzt CRADLE OF FILTH. Bemalte und Mummenschanz im Bombaströckchen, dazu der bös schauende kleine Mann mit der Keifstimme, der sich mit Zoe Marie Federoff eine schöne weibliche Stimme zur Unterstützung geholt hat, und tatsächlich durchaus ganz erträglich singt, ein beachtlicher Kontrast zu dem Geschehen auf der Hauptbühne. Aber auch hier ist die Stimmung gut. Es ist bereits eine Weile her, dass ich CRADLE gesehen habe und auch damals eher im Vorbeigehen. Ich habe den Eindruck, dass die Band rockiger geworden ist, dabei aber etwas Black Metal gegen mehr Bombast eingetauscht hat. Das kommt mir entgegen, auch wenn ich natürlich jetzt nicht spontan zum CRADLE-Fan mutiere. Trotzdem hat die Band eine beachtliche Fanschar dabei, die sie gehörig feiert. Im Vergleich zu dem Geschehen auf der Hauptbühne ist natürlich nur wenig Show geboten und nach ein paar Liedern merke ich meine Füße und beschließe, jetzt doch eine Pause einzulegen. Im VIP-Bereich höre ich die Musik von der T-Stage gut und stelle fest, dass sich das ganz gut hören lässt, es mich aber nicht von den Socken haut. Wenn es nicht so spät wäre, wäre ich noch länger zum Zusehen geblieben.
Von Wikingern über Keifen und Hexen zu echten Monstern: LORDI auf der Main Stage. Es ist etwas leerer als bei AMON AMARTH, so langsam müssen auch die Härtesten dem heißen Sommertag Tribut zollen. Da kommt aber ein wenig Hardrock mit ordentlich Melodie doch ganz recht, nicht wahr? Die Finnen haben zwar wieder das Manko, dass man hinter einer Maske keine Emotionen zur Schau stellen kann, aber vor dem Horror-Haus-Backdrop zählt eigentlich sowieso nur Party, Monster-Party! In den siebzig Minuten schafft es LORDI tatsächlich fünfzehn Lieder zu spielen, trotz einiger Ansagen und einem Gitarrensolo, und vermag Spaß und gute Laune zu verbreiten. Das stellt mit Liedern wie 'My Heaven Is Your Hell', das beim zweiten Chorus bereits alle mitsingen können, selbst wenn sie das Lied zuvor nicht gekannt hatte, keine Schwierigkeit dar. So folgen 'Hug You Hardcore' und der 'Blood Red Sandman' und die 'Scare Force One', alles gut mitgrölbare Gassenhauer, und eine weitere Dreiviertelstunde, die mit 'Would You Love a Monsterman?' und dem unvermeidlichen 'Hard Rock Hallelujah' abschließt. Manchmal muss es einfach die gradlinige Rockbedienung sein, selbst für das harte Publikum hier. Oder wie Tomi "Mr. Lordi" Putaansuu sagen würde: "Ja ja".
Zum Abschluss gibt es noch ein paar Töne norwegischen Black Metal, denn KAMPFAR spielt zu später Stunde auf der T-Stage. Da die Band in ihre Musik erhebliche traditionelle Einflüsse integriert, kann sogar ich mit dieser Art von Black Metal etwas anfangen, weniger mit dem Gesang, aber immerhin mit dem Sound, der zwar im Schnitt recht zügig daherkommt, aber auch durchaus Groove hat. Ich werde sicherlich kein Fan der Band, aber nachdem die Buben mittlerweile dreißig Jahre zusammen lärmen und eine feste Größe im norwegischen Metalkosmos sind, wollte ich sie mir wenigstens teilweise ansehen. Das hat sich auf jeden Fall gelohnt.
Auf dem Heimweg hören wir noch etwas MOONSPELL, die Abschlussband auf der Hauptbühne. Nach dem Intro folgt sofort der Hit 'Opium', es scheint, die Portugiesen wollen wohl sichergehen, dass niemand vorzeitig erschöpft das Gelände verlässt und starten mit Verve. Auf der Bühne geschieht nicht allzu viel, aber hinter der Band laufen Filme, zu 'Awake' gibt es auch Textzeilen, die intensive Musik wird noch unterstrichen, auch wenn ich einige der Filmchen zu hektisch und zu hell empfinde. Während hinter uns die Töne zu 'Finisterra' verklingen, ist es wirklich Zeit für die Heimfahrt.
[Frank Jaeger]
So, einmal noch schlafen, dann wird der Abschlusstag des Summer Breeze anbrechen, hier geht es zum Samstag.
- Redakteur:
- Frank Jaeger