SUMMER BREEZE 2024: Fuck This Shit, Let's Circle Pit! - Dinkelsbühl
22.09.2024 | 08:5815.08.2024, Flughafen Sinbronn
Die 25. Ausgabe des Festivals ist wieder ein absolutes Fest. Das SBOA steht in unserem Festivalkalender als Fixpunkt und lohnt sich immer. Lest selbst!
Zum letzten Mal treffen wir auf dem Festivalgelände ein, wieder sehr früh, denn wir wollen gleich die erste Kapelle auf der T-Stage ansehen. Na gut, dann mal los, die Jugend ist sofort voll in Aktion, ich besuche erstmal den Pressebereich und quatsche ein bisschen mit den Kollegen. Der Tag wird noch lang.
[Frank Jaeger]
Auch OUR PROMISE ist Wiederholungstäter auf dem Summer Breeze. Vor zwei Jahren spielte die Band auf der Wera Tool Rebel Stage und jetzt sind sie auf der T-Stage. Zuletzt habe ich die Stuttgarter auf dem Core Fest 2023 in ihrer Heimatstadt gesehen. Auf dem Breeze zeigen sich die Energiebündel wieder von ihrer besten Seite. Es wird eine Show mit vielen Sprüngen, Kicks, Headbanging und Posen von allen Bandmitgliedern abgeliefert. Besonders Gitarrist Kevin "KeyKey" Kübler tut sich mit Sprüngen hervor. Und das, obwohl er nach einem Motorradunfall am Donnerstag frisch aus dem Krankenhaus kommt. Alle Achtung! Musikalisch passt hier auch alles und die Menge ist beeindruckend zahlreich und aktiv, wenn man bedenkt, dass OUR PROMISE den ersten Slot von 11:30 Uhr bis 12:15 Uhr auf der T-Stage bekommen hat. Es gibt sogar schon die ersten Crowdsurfer des Tages. Natürlich machen die Frontmänner Vik und Rafa zwischen den Songs auch Werbung für die Europa-Tour mit FUTURE PALACE, von der wir übrigens auch berichten werden. Ich könnte mir keinen besseren Start in den letzten Tag auf dem Summer Breeze vorstellen!
[Noah-Manuel Heim]
Nach meinem gestrigen Tag, der mich ziemlich mitgenommen hat, starte ich heute mit BODYSNATCHER. Dabei merke ich, dass ich nicht mehr so kann, wie ich gerne würde – vielleicht werde ich doch etwas alt, um vier Tage durchzumoshen [Ha, sagt der Jungsspund hier! In dreißig Jahren wirst du mal in unser Alter kommen, dann darfst du jammern! Andre und Frank]. Aber sei es drum, ich schaue mir die Band eben von etwas weiter hinten an, muss aber gestehen, dass sie mich diesmal nicht wirklich abholt. Ich kann nicht genau sagen, warum.
[Leon Will]
Die Band SAMURAI PIZZA CATS, die unverkennbar stark an den Stil von ELECTRIC CALLBOY erinnert, bringt ihre energiegeladene Partymusik mit voller Wucht ins Publikum und trifft dabei auf eine begeisterte Menge, die offenbar schon bestens mit ihren schweißtreibenden Shows vertraut ist. Sänger Sebastian Fischer startet den Auftritt mit einer auffälligen pinkfarbenen Hasenmaske, über der er eine Sonnenbrille trägt, die er vorsichtshalber jedoch schnell ablegt, da er kaum still stehen kann und stattdessen voller Elan mit dem Publikum herumspringt. Die farbenfrohe Ästhetik ihres Debütalbums "You're Welcome" zieht sich auch durch das Bühnenbild, wo Pink überall dominiert: angefangen bei der glitzernden Gitarre des Gitarristen Daniel Haniß bis hin zum Merch mit einer Katze auf der Rückseite, die Sebastian stolz präsentiert, und dem auffälligen Backdrop, das das pinkfarbene Albumcover zeigt. Schon nach dem Opener heizt Sebastian die Menge weiter an und fordert zum ersten Circle Pit auf, dem das Publikum, viele mit Pikachu-Mützen ausgestattet, begeistert nachkommt. Trotz der Hitze, die der Sänger immer wieder scherzhaft mit seinem Lieblingsspruch des Tages "Alter, ist das warm!" und wie alt er denn sei kommentiert, bleibt die Energie auf und vor der Bühne ungebrochen. Begeistert knechtet der Sänger das Publikum mit Winke- und Hüpfspielchen sowie weiteren Pits und auch einer Wall of Death, das gerne folge leistet und auch mal ohne Aufforderung selber einen Pit bildet, was den Sänger sichtlich überrascht und freut. Auch ihn selbst und die Band hält die Hitze nicht davon ab, eine herausragende Show zu liefern.
[Katharina Jaeger]
Zeit für etwas völlig anderes, nämlich den ältesten Newcomer des Melodic Rock, NESTOR aus Schweden. Die Band geht zurück bis ins Jahr 1989, aber erst 2021 wurde das erste Album veröffentlicht, mehr als drei Jahrzehnte später. Nun, was kann man von einer solchen Band erwarten? Na, Großes! Die Buben spielen nämlich AOR und deuten auch sofort an, wo die Reise hingeht, denn der Auftritt beginnt mit einem Keyboardintro. Hier wird weichgespült und sich dafür in keiner Weise geschämt. Sänger Tobias Gustavsson hat eine Jacke mit erstaunlich langen Fransen an, die sicher auch schon ein paar Tage alt sein dürfte und ebenfalls klassisch zurückdeutet, so etwas hatte Ozzy in den Siebzigern doch auch mal, oder? Dann geht es los und der erste Titel ist Programm: 'We Come Alive'. Einzig das Wetter ist unbarmherzig, die Sonne knallt herunter und sorgt auch ohne NESTOR für Schweißströme, aber 'Teenage Rebel', der Titelsong des aktuellen, zweiten Albums würde auch dafür sorgen. Ich genieße es, mal wieder so richtig schön eingedudelt zu werden und genieße den leider nur vierzigminütigen Auftritt. Bleibt nur eine Frage: Warum habe ich die beiden Alben eigentlich noch nicht im Regal stehen?
Jetzt geht es aber rasch rüber auf die Wera Stage, denn es ist Zeit für INSANITY ALERT. Die Jungs aus Tirol spielen nämlich Thrash und davon gibt es in diesem Jahr etwas weniger als zuletzt, zumindest in meiner subjektiven Wahrnehmung. Obendrein sind die Innsbrucker auch noch totale Quatschköpfe, da ist der Name Programm, wie ich sofort feststelle, denn sie geben dem Publikum Anweisungen in Form von Schildern, das erste davon fordert gleich mal "Mosh". Mit den Liedern bin ich nicht vertraut, aber die klaren Gitarrenriffs sägen mächtig und Frontmann Heavy Kevy, ja, man hat Pseudonyme, aber über diese österreichische Variante kann ich grinsen, hält alle Augen auf sich, weil einfach immer etwas passiert. Dazu gibt die Band Vollgas und schafft perfekt den Spagat aus ernsthaftem, großartigen Thrash und haltloser Blödelei. Weitere Schilder, die eigentlich für die Nachwelt erhalten werden müssten, liefern zeitlose Slogans wie 'All Mosh No Brains", "Metal Punx Never Die" und "Thrasher Do It Better", letzteres als Zeile aus der brillanten Parodie auf die QUEEN-Hymne 'Bohemian Rhapsody', die bei INSANITY ALERT 'Moshemian Thrashody' heißt und, ohne Teile wegzulassen, dem Original mal eben zwei Minuten an Geschwindigkeit voraus ist. Auch unser diesjähriger Titel für den Bericht vom Summer Breeze stammt von einem der Schilder, nämlich die zeitlose Weisheit "Fuck This Shit, Let's Circle Pit". Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.
[Frank Jaeger]
RISE OF THE NORTHSTAR steht als Hardcore-Band auf der Mainstage, das ist schon ein Brett. Normalerweise schaffen es die meisten, wenn überhaupt, nur zur T-Stage. Aber diese Band hat es verdient, denn mit ihrem typisch japanisch angehauchten Stil und Bühnenbild liefert sie eine Megashow ab, bei der mein Herz höher schlägt.
[Leon Will]
War ich doch von NESTOR heute schon begeistert, wundere ich mich sehr, als am Nachmittag mit ECLIPSE, natürlich ebenfalls aus Schweden, eine Band auf der Hauptbühne ihren Hardrock so gekonnt ins Infield schmettert, dass ich sie sogar noch eine Nasenlänge vor den Landsmännern vor zwei Stunden über die Ziellinie gehen sehe. Diese Art von Hardrock mit Melodie, zwei Gitarren, einem starken Sänger und mittlerweile einem Fundus von zehn Alben, aus dem die Band schöpfen kann, ist einfach positiv zeitlos und wird auch heute goutiert, auch wegen der Agilität der Musiker und solchen Hits wie 'Anthem', der das Publikum einfach mitreißt. Dass man sich bei diesem Auftritt auf die neueren Sachen fokussiert, ist nachvollziehbar, eine große Fanschar dürfte nicht anwesend sein, dafür ist ECLIPSE ein zu ungewöhnlicher Farbtupfer im Billing und zu weit von daheim entfernt, um einen Fanclub dabei zu haben. So kommen wir in den Genuss von zehn starken, kraftvollen Hardrock-Songs mit einem sehr guten Sänger namens Erik Mårtensson, die auch mal in den Melodic Rock abdriften, aber immer Punch haben und nach dem Verklingen von 'Viva La Victoria' eindeutig zeigen: Hier hätten noch ein paar Minuten mehr drin sein dürfen.
Nun aber genug gesungen und gesäuselt, jetzt wird es wieder heftiger für mich, denn die US-Amerikaner UNEARTH betreten die T-Stage. Obwohl eigentlich dem Metalcore zugerechnet, hat die Band schon immer Death-Metal-Einflüsse verarbeitet und bereits mit dem zweiten Album "The Oncoming Storm" ein paar starke Melodien integriert, die sie vor zwei Jahrzehnten direkt auf meinen musikalischen Radarschirm katapultierten. Dass ich sie danach etwas aus den Augen verloren habe, liegt nicht an der Band, sondern an der Fülle von Neuerscheinungen. Eine Dreivietelstunde ist allerdings nicht allzu viel für UNEARTH, denn mit mittlerweile acht Studioalben würde es da wohl gerade für ein Stück von jedem Werk reichen. Das wird natürlich nicht geschehen, denn der neue Rundling "The Wretched; The Ruinous" will präsentiert werden. Doch tatsächlich stelle ich schnell fest, dass ich mit dem Material vertraut bin, denn bereits in der Mitte des Auftritts geht es zurück in die Phase zwischen 2004 bis 2008 mit 'Giles' von "III: In the Eyes of Fire", 'My Will Be Done' von "The March" und gleich drei Stücken des genannten Zweitlings. Die Jungs wissen, womit sie sich ihren Ruf erspielt haben. Die neueren Stücke zu Beginn des Sets sind aber auch nicht von schlechten Eltern, mit erheblichen Thrash-Einflüssen und reduziertem Core-Anteil. Ich glaube, hier muss ich nochmal nachlegen, man ist offensichtlich auf ganz hohem Niveau geblieben und kann live auf ganzer Linie überzeugen, sowohl an der Saitenfront als auch in Form von Sänger Trevor Phibbs.
Es steigt das Fieber. Okay, kleiner Kalauer, es ist natürlich das 'F.E.V.E.R', denn mit diesem Song beginnt ORDEN OGAN das heutige Set. Ein farbenfrohes Backdrop, der Auftritt ihres "Bandmaskottchens" Mr. Vale und dieser Song als Opener, was soll da schief gehen? Die deutschen Powermetaller sind in diesem Jahr sehr eifrig auf Festivaltour, so eifrig, dass Kollege Andre sie schon mehrfach gesehen hat. Für mich ist es dagegen die diesjährige Premiere. Mit einer Stunde Spielzeit ordentlich, aber nicht üppig ausgestattet, da Lieder der Band doch auch mal ausufern können und ich oft die längeren, epischen Lieder besonders schätze, bin ich gespannt, was uns erwartet. Wenig überraschend spielt ORDEN OGAN nach dem Opener erstmal zwei neue Stücke vom aktuellen Album "The Order Of Fear", das man schließlich anpreisen möchte. Der folgende Auftritt liefert beste Unterhaltung mit Pyros und deutschsprachigen Ansagen, kraftvollem Metal und Mitsingmelodien, allerdings bleibt man in der bandgeschichtlichen Neuzeit und bespielt nur die neuere Hälfte der Diskographie. Ältere Lieder kann man dann wieder auf einer regulären Tour sehen, dafür ist heute keine Zeit. Dafür hat Sänger Sebastian Levermann alle Lacher auf seiner Seite, als er das Publikum "Moon" rufen lässt und das Resultat mit "das war erbärmlich" passend kategorisiert. Die Band ist sympathisch, hat großartige Lieder im Gepäck und begeistert das Publikum. Wäre es nicht bald mal Zeit, ORDEN OGAN einen Headlinerslot im Dunkeln zu geben? Ich glaube, das hätte großes Potenzial.
Frauenpower auf der T-Stage: BURNING WITCHES aus Brugg in der Schweiz darf uns eine Tüte klassischen Heavy Metal um die Ohren hauen. Ja, heute ist musikalisch wirklich der angenehmste Tag für mich, heute werden die Extreme etwas zurückgeschraubt. Dabei ist bei den fünf Damen als erstes auffällig, dass sie Farbe ins Spiel bringen. Zwar kleiden sich die Damen um Sängerin Laura Guldemond klassisch in Schwarz, aber die Saiteninstrumente sind Rot, Gelb und Grün. Ansonsten ist man aber eher nicht verhaltensauffällig, die von Metaltraditionen getragenen und wenig überraschenden, aber ausnahmslos guten und effektiven Stücke erfreuen Headbanger jedes Alters und bieten eine Dreiviertelstunde gute Unterhaltung mit Hexen, Teufeln und Monstern. Auch so gesehen steht man in einer Reihe mit den Gründungsvätern des Genres, denen man auch musikalisch nacheifert. So sieht man die guten alten Tugenden in Aktion: Tausende von Headbangern ohne Circle Pits, ohne Crowdsurfer, ohne Walls of Death, dafür ordentlich Pommesgabeln. Das ist daher so altmodisch, wie es geht, und dadurch so erfrischend anders.
[Frank Jaeger]
SPIRITBOX steht als nächstes auf der Main Stage auf dem Plan, die Kanadier um die Sängerin Courtney LaPlante, welche neben krassen Screams auch sehr schön klar singen kann. Die Band ist eines der "Genre-Chamäleons" auf dem Summer Breeze und wird oft im Alternative Metal eingeordnet. Was mir jedoch bei diesem Auftritt bei aufmerksamen Zuhören besonders auffällt, sind die Djent-artigen Gitarrenpassagen, die sehr gelungen in das Material eingewoben sind. Die Struktur der Lieder ist nichts Außergewöhnliches, sondern folgt dem Standard-Pop-Rezept aus Strophe und Refrain. Die Refrains sind meist eingängig und können so hervorragend mitgesungen werden. Am späten Nachmittag findet sich zu SPIRITBOX auch eine beachtliche Menge vor der Bühne ein, die gerne mitklatscht und mitsingt. Die Bühnenshow ist durchschnittlich, Courtney posiert und läuft auf der Bühne umher, die zwei Männer an den Saiteninstrumenten laufen auch ein wenig umher und schütteln die Köpfe. Mit der Lichtshow kann man noch nicht wirklich viel machen, dafür ist es einfach noch zu hell und die Videowand im Hintergrund zeigt abstrakte, meist violette Animationen. Zu sehen gibt es also wenig, dafür legt die Band ihr Hauptaugenmerk auf die Musik. Die gelingt dementsprechend auch und steht den Versionen auf der Platte kaum etwas nach. Da Josh Gilbert, den SPIRITBOX sich nach seinem Ausstieg bei AS I LAY DYING geholt hat, die auf der Platte gelayerten Gesangspassagen zum Teil übernimmt, gewinnt beispielsweise der Refrain von 'The Void' an Tiefe. Sängerin Courtney hat "zufällig" ein KORN Top an, vielleicht erinnert sich ja der ein oder andere Fan an die Band, schließlich war SPIRITBOX mit den Nu-Metal-Legenden vor Kurzem in Deutschland auf Tour.
[Noah-Manuel Heim]
Nach so viel Melodie und Heavy Metal kann ich auch mal wieder bei etwas Extremeren vorbeischauen. Auf der T-Stage gibt es klassischen Death Metal der Niederländer ASPHYX. Die Langhaarigen gehen äußerst rifforientiert zur Sache und wechseln langsame, brachiale Walzen mit schnellen Parts ab, die aber immer von fetten Gitarren bestimmt und mit dem guten Gesang des einzigen "Alten" in der Musikerriege, Martin van Drunen, abgeschmeckt werden. Dabei springt man munter zwischen alten Stücken und dem letzten Album hin und her, wobei auch das letzte Werk mit dem Titel "Necroceros" bereits wieder ein paar Jahre zurückliegt. Wäre es da nicht bald mal Zeit für Album Nummer zehn? Auch das Debüt "The Rack" wird gleich mehrfach in der Setliste geehrt. Damals war mir das alles zu heftig, mittlerweile finde ich das Album gut, nur finde ich die neuen Sachen sogar noch besser. Das ist der Vorteil, wenn man später dazustößt. Jedenfalls bietet der blonde Martin mit seinen Mannen einen fetten DM-Sound trotz Tageslicht. Immerhin hat sich die Sonne etwas verzogen.
[Frank Jaeger]
SUBWAY TO SALLY startet den Auftritt auf dem Summer Breeze mit einem echten Klassiker, 'Henkersbraut'. Schon beim ersten Song klatscht das Publikum begeistert mit und die Stimmung kocht. Als es dann mit 'Leinen los' weitergeht, wird die Menge aktiv in die Show eingebunden. Frontmann Eric Fish schwingt Leuchtstäbe wie ein Fluglotse und das Publikum ahmt seine Bewegungen nach, als würde es die Segel setzen. Zu meiner Freude steht auch 'Eisblumen' auf der Setliste, begleitet von einem schneeartigen Konfetti-Regen, der sanft auf die Menge herabfällt. Die winterliche Atmosphäre passt perfekt zu der melancholischen Stimmung des Songs. Bei 'Auf dem Hügel' zeigt sich einmal mehr die Gemeinschaft unter den Fans, die sich alle Arm in Arm von Seite zu Seite wiegen, die Verbindung zwischen Band und Publikum wird greifbar. Doch SUBWAY TO SALLY kann nicht nur mit Konfetti glänzen. Bei 'Island' wird die Bühne von Pyroeffekten erleuchtet, die den Song noch kraftvoller wirken lassen. Und beim legendären 'Veitstanz' entsteht, wie erwartet, ein menschlicher Strudel aus tanzenden Fans, die voller Energie im Kreis wirbeln. Den krönenden Abschluss bildet schließlich 'Julia und die Räuber', ein Muss auf jedem ihrer Konzerte, das das Publikum bereits fordernd singt. Für mich ist die Mittelalter-Band auch dieses Mal ein absolutes Highlight. Die Musiker, das Publikum und die beeindruckende Bühnenshow harmonieren perfekt. Mit ihrer Auswahl an Songs begeistert mich die Band voll und ganz und so finde ich mich in den vorderen Reihen wieder, wo ich lautstark mitsinge.
[Katharina Jaeger]
Auf der Wera spielt EREB ALTOR. Also die Band, die ihre BATHORY-Einflüsse an keiner Stelle leugnen kann, zumindest nicht für jemanden mit gesunden Ohren, die aber den Schwachpunkt des Originals für mich behoben hat, auch wenn ich das bereits bei EINHERJER bemerkt habe: Quorthon konnte leider keinen Zentimeter singen. Ich weiß, Sakrileg, steinigt den Häretiker, aber immerhin kann ich mich für diese Art von Viking Metal mittlerweile zumindest aufraffen, vor die Bühne zu kommen und mir ein paar lange, epische Hymnen aus dem Norden auf die Ohren geben zu lassen. Das klingt alles bei Licht und Wärme wenig skandinavisch, aber wenn die atmosphärischen Riffs in den fahler werdenden Strahlen der Abendsonne erklingen, entfalten die Lieder der Gävleborger trotzdem ihre Wirkung. Ich wiege mich ein paar Stücke lang zu den Klängen und finde das Ganze für eine Dreiviertelstunde sehr unterhaltsam. Epic Metal geht eigentlich immer.
Die Lichtkegel der Flugabwehrbatterien der Marke "Varta Volkssturm" (Copyright: Stenkelfeld) kreisen, es ist Zeit für Teutonenthrash von einer der Topbands des Genres: SODOM. Ich bin ja bekanntermaßen kein großer Fan der Tonkonserve der Band, obwohl ich immerhin mit der EP "In The Sign Of Evil" 1984 eingestiegen bin, aber live ist SODOM immer eine Macht. Wobei ich das Intro jetzt schon ein wenig lang finde, auch wenn das Riff cool ist. Dann aber geht die wilde Reise los, Tom Angelripper nimmt uns mit auf seine Thrashtour und buchstabiert uns als ersten Song mal den Bandnamen, 'S.O.D.O.M'. Die Jungs aus Gelsenkirchen haben heute eine klassische Setliste zusammengestellt und kein einziges Stück der letzten beiden Album dabei, stattdessen aber 'Outbreak Of Evil'. Laut Ansage von Tom eigentlich nicht geplant, aber von einem Freund gewünscht und so in das Set gerutscht, außerdem 'Agent Orange', zwei Songs von "Tapping The Vein" sowie das Bomben-Doppel 'Ausgebombt' und 'Bombenhagel'. Wow, SODOM macht heute wirklich keine Gefangenen. Ich glaube, das ist mein Highlight für die Nackenmuskeln auf dem ganzen Festival. Zwischendurch müssen wir allerdings ein wenig aufgeputscht werden von der Bühne, der vierte Tag ist immer schwierig, aber bei SODOM muss man einfach mitmachen!
Dafür, dass ich eigentlich kein ausgesprochener Fan der Band bin, sehe ich reichlich oft HEAVEN SHALL BURN. Die Thüringer haben sich über beinahe dreißig Jahre ihres Bestehens mit Schweiß und harter Arbeit ein beachtliches und verdientes Standing erspielt, was sich in einem vollen Infield bei ihrem heutigen Headliner-Gig niederschlägt. Erfreulicherweise ist der Gitarrensound ausgezeichnet, wie eigentlich alle vier Tage die Besucher der Hauptbühne verwöhnt werden, denn musikalisch ist der Metalcore der Band zweifellos im Spitzenfeld des Genres angesiedelt. Gleich von den ersten Tönen von 'Counterweight' an macht HEAVEN SHALL BURN keine Gefangenen, die Band kann heute auch einfach wild durch die Diskografie toben, denn das letzte Album, "Of Truth & Sacrifice", ist bereits vier Jahre alt, man muss nichts bewerben, sondern kann einfach aus dem Vollen schöpfen. Die Songauswahl ist dementsprechend vielfältig und geht zurück bis in das Jahr 2002, zum zweiten Longplayer. Mir gefallen ja die neueren Sachen besser, weil ich finde, dass die Gitarristen um so vieles besser geworden sind über die Jahrzehnte und ein tolles Gespür für Melodien haben, aber dieser Auftritt ist wirklich Fanbedienung. Gegen Ende gibt es dann sogar ein Lied, das ich teilweise mitsingen kann, 'Endzeit', stammt es doch von dem einzigen Album der Band, das in meinem Regal steht. Wie gesagt, kein echter Fan, und der Grund ist weiterhin Sänger Marcus Bischoff, dessen Gesang mir zu eindimensional ist. Was umso mehr schade ist, da er in seiner Lyrik wirklich etwas zu sagen hat. Das Publikum feiert die Saalfelder und ihre beeindruckende Show gehörig ab und als dann zum Schluss mit 'Valhalla' eine BLIND GUARDIAN-Coverversion ertönt, bei der nun wirklich alle mitsingen können und dies auch tun, ist ein beeindruckender Auftritt im Kasten und die Meute glücklich.
[Frank Jaeger]
Zum dritten Mal sehe ich nun DYMYTRY live, und wieder einmal schaffen es die "Five Angry Men" trotz der Konkurrenz von HEAVEN SHALL BURN auf der Main Stage, eine beeindruckende Menge an Fans vor die Bühne zu locken. Mit ihrer mitreißenden Energie, die die Zuschauer zum Mitsingen und Tanzen animiert, ziehen sie sogar einige der vorbeigehenden Festivalbesucher in ihren Bann. DYMYTRY bleibt ihrem markanten Stil mit den Masken treu, doch dieses Mal bietet auch der sonst so schlichte Hintergrund der Wera Tool Stage eine Überraschung. Auf mehreren Monitoren wird passend zu den Liedern eine visuelle Show präsentiert, die die Stimmung perfekt untermalt. Besonders freudig ist der Auftritt für Frontmann Alen Ljubic, der sichtlich stolz ist, in seiner Heimat vor einem so großen Publikum spielen zu können. Während DYMYTRY in Tschechien längst ein bekannter Name ist, baut sie sich in Deutschland gerade erst ihre Fanbase auf und das in beeindruckendem Tempo. Wie gewohnt lässt der moderne Metal der Band nicht lange auf eingängige Hymnen warten. Songs mit Ohrwurmpotenzial wie 'Never Gonna Die' und einem meiner absoluten Favoriten 'Everything is Black' reißen das Publikum mit und lassen sogar Circle Pits entstehen. Den krönenden Abschluss bietet der kraftvolle Song 'Chernobyl', bei welchem der größte Circel Pit entsteht, den ich vor der Wera Tool Stage bis jetzt gesehen habe. Leider bleibt ihr Cover von 'Legends Never Die' diesmal aus, was mich als begeisterten "League of Legends"-Spieler besonders gefreut hätte. In früheren Auftritten hat Sänger Alen mit seiner kraftvollen Stimme dem Song eine ganz eigene, beeindruckende Note verliehen, die perfekt zu der epischen Stimmung des Originals passt.
[Katharina Jaeger]
Das Festival neigt sich dem Ende entgegen, aber bevor wir gehen, ist es Zeit für eine letzte Runde durch die kulinarische Vielfalt, ein Nacht-Snack geht noch. Wir tun dies vor der T-Stage, denn dort folgt jetzt MYRKUR, ein Black-Metal-Projekt, also gar nicht mein musikalisches Futterspektrum. Allerdings höre ich im Intro erstmal folkloristische Töne der Sängerin, die mit Black Metal mal so gar nichts zu tun haben und auch das erste Lied hat mit dem besagten Stil nichts zu tun. Im Gegenteil, das ist eher eine Mischung aus Pagan-Rock und Enya und es dauert bis kurz vor dem Ende des Openers, bis mal ein bisschen BM-Sound zu hören ist, immer noch hinter der schönen Stimme von Amalie Bruun, der dänischen Sängerin, deren Ein-Frau-Projekt MYKUR ist. Im Folgenden werden die Lieder musikalisch durchaus noch heftiger, aber als Black-Metal-Projekt würde ich es nicht bezeichnen. Eher als Folk-Projekt mit Extreme-Metal-Einflüssen. Da ich die Musik nicht kenne, werden die Stücke auf Dauer etwas eintönig, da das Strickmuster doch immer recht ähnlich ist. Aber trotzdem sollte ich mir das mal auf Tonträger zu Gemüte führen, denn MYRKUR ist eine späte positive Überraschung des diesjährigen SBOA.
[Frank Jaeger]
Es geht für mich auf die Zielgerade. Die letzten Tage stecken dem alten Mann ordentlich in den Knochen. In Absprache mit meinen Redaktionskollegen beschließe ich, dass das Summer Breeze 2024 für mich mit KORPIKLAANI enden wird. Manche Metalheads meinen: "die spinnen, die Finnen", ich dagegen fühle mich jedes Mal einfach sehr gut unterhalten. Gerüchten zufolge sollen die Folkmetaller regelmäßig leicht angeschickert ihre Shows absolvieren. Wenn dem so ist, machen sie ihre Sache auf dem Summer Breeze verdammt gut. Vor wenigen Minuten hat HEAVEN SHALL BURN noch die Mainstage in Schutt und Asche gelegt und es ist immer eine Herausforderung, den Stimmungspegel entsprechend hochzuhalten. Dies gelingt KORPIKLAANI auf jeden Fall. Die Meute im Infield ist aus dem Häuschen und die Grabenschlampen haben ordentlich Arbeit mit den zahlreichen Crowdsurfern. Aber mal ehrlich, auf dem Summer Breeze könnten die Wildecker Herzbuben singen, die Zahl der Surfer wäre genau so hoch. Neben Klassikern wie 'Vodka' und 'Ievan Polkka' spielt KORPIKLAANI einige Stücke vom im April erschienen Album "Rankarumpu“". Natürlich werden die Songs in finnischer Landessprache gesungen, doch bierbeseelt werden die Stücke aus tausenden Kehlen lauthals mitgegrölt. Apropos Bier. Es wird Zeit für einen Absacker. Noch ein kühles Blondes, bevor es Richtung Campground geht. Ich lasse die letzten Tage Revue passieren. Wieder einmal haben die Organisatoren alle Register gezogen und für ein ausgewogenes Lineup gesorgt. Schön, dass die Gargoyles wieder an der Mainstage "kleben", sie wurden in den letzten Jahren nicht nur von mir vermisst. Mit dem Wetter haben wir echt Glück gehabt, unsere Wagenburg auf dem Campground hat sich auch auf dem Breeze bewährt und mittlerweile ist Seuchenvogel Dominik auch wieder auf dem Damm. Die Zusammenarbeit mit meinen Kollegen lief ebenfalls hervorragend. Mit einem weinenden Auge schau ich auf mein kaputtes Objektiv, aber das ist eine andere Geschichte.
[Andre Schnittker]
Parallel zu den alkoholisierten finnischen Waldschraten spielt CULT OF FIRE auf der T-Stage, die zu diesem Zweck mit ziemlich opulenten Aufbauten ausstaffiert wurde. Die Band macht Black Metal, diesmal aber wirklich, und alle Musiker sind kostümiert und mit Masken ausgestattet. Die Gitarristen scheinen sogar vor zwei großen, beleuchteten Kobras zu sitzen, während der Sänger mit Hörnern hinter einem Tisch mit ziemlich vielen Räucherstäbchen oder -schalen und Kerzen auf der Stelle steht. Musikalisch dominieren Keyboards und eine trotz Blastbeats eher getragene Atmosphäre. Das kann ich mal ein paar Lieder hören, dann wird es mir aber langweilig und da auf der Bühne nichts, aber auch überhaupt nichts geschieht, außer dass der Lichtmann für etwas Bewegung sorgt, ist es Zeit für einen erneuten Ortswechsel.
INSOMNIUM bildet den Abschluss auf der Main Stage. Mittlerweile ist es wirklich spät geworden. Ich habe die Band schon einmal gesehen und war davon nur mittelmäßig beeindruckt, aber die schönen Melodien in dem Death Metal der Finnen sind natürlich schon ein Pfund, mit dem man wuchern kann. Die gelegentlichen Parallelen zu AMORPHIS sind stilistisch unüberhörbar. Trotzdem bin ich nicht mehr aufnahmefähig, es ist nach ein Uhr nachts, sorry Jungs, aber mit eurer Musik im Ohr geht es jetzt endgültig weg vom Summer Breeze 2024.
Kaputt. Das ist das vorherrschende Gefühl bei der POWERMETAL.DE-Truppe. Vier Tage voller Metal, Überraschungen, Schweiß und gutturalem Gesang sind zu Ende. Zwar spielt noch ARKONA auf der T-Stage, aber den Auftritt lassen wir ausfallen. Es geht nicht mehr.
Als Fazit bleibt uns nur zu ziehen, dass das SBOA auch in diesem Jahr ein starkes, eventuell ein bisschen zu Extreme-Metal und Hardcore-lastiges Billing zustande gebracht hat, bei dem wir oft die Qual hatten, uns zwischen Bands entscheiden zu müssen. Das Gelände war ausreichend weitläufig auch für ein mit 45000 Besuchern ausverkauftes Festival, das Angebot an Speisen und Getränken war wie immer vielfältig.
Wenn es etwas zu bemängeln gibt, dann die kurzzeitige Konfusion im Pressebereich, wer nun mit welchem Pass wo und wann fotografieren durfte, aber das betraf natürlich nur ein paar Handvoll Fotografen. Die Idee des Zahlens mit RFID-Chips im VIP-Bereich ist gut, das sollte auf das gesamte Festival ausgedehnt werden, beim Graspop ist es bereits Gang und Gäbe. Es geht einfach schneller. Nur müsste dazu die App so programmiert werden, dass man immer seinen Kontostand sehen kann und es müsste klar sein, wie man sein Restguthaben zurückbekommt. Ansonsten ist das die Zukunft.
Glücklich und mit einem musikalischen Overkill im Ohr macht sich der Tross der PM'ler auf die Rückreise und verkündet: Kauft euch ein Ticket für 2025, das "SUMMER BREEZE"-Festival ist ein fester Bestandtell des Metalsommers im Süden. Ich erwarte, dass die nächste Ausgabe ebenfalls im Vorfeld ausverkauft sein wird, deswegen: Am besten gleich zuschlagen, solange es Tickets gibt und diese sogar noch verbilligt zu haben sind.
[Frank Jaeger]
- Redakteur:
- Frank Jaeger