SIGH - Scenes From Hell
Auch im Soundcheck: Soundcheck 01/2010
Mehr über Sigh
- Genre:
- Avantgarde Black Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- The End/Soulfood
- Release:
- 29.01.2010
- Prelude To The Oracle
- L'Art De Mourir
- The Soul Grave
- The Red Funeral
- The Summer Funeral
- Musica In Tempora Belli
- Vanitas
- Scenes From Hell
Dunkler, bombastischer, aber gleichzeitig grimmiger Black Metal mit fantastischen Orchesterpassagen. Ein musikalisches Meisterstück!
Sie nehmen uns wieder auf eine musikalische Achterbahnfahrt mit, die Ausnahmemusiker von SIGH. Seit mir ein Kumpel vor über zehn Jahren das SIGH-Album "Hail Horror Hail" ausgeliehen hatte, verfolge ich das Schaffen der innovativ und avantgardistisch weitab des Mainstreams agierenden Band mit großem Interesse.
Vorweg muss ich eines anmerken: "Scenes From Hell" dürfte für weite Teile der Metallerschaft alles andere als Easy-Listening-Musik darstellen. Aber: es wird sich für Freunde außergewöhnlicher Mucke zig-fach auszahlen, sich mit dem musikalischen Schaffen von SIGH näher zu beschäftigen, zumal das musikalische Prachtstück "Scenes From Hell" mit zum Besten gehört, was ich in den letzten zwölf Monaten hören durfte.
Wandten sich Sänger/Keyboarder und Multitalent Mirai Kawashima sowie seine treuen Mitstreiter (seit einigen Jahren auch eine Mitstreiterin) mit den beiden Alben "Imaginary Sonicsape" (2001) sowie "Gallow's Gallery" insbesondere warmen Synthesizer-Sounds und 70er Jahre-Klängen zu, so wehte mit dem 2007er Album "Hangman's Hymn - Musikalische Exequien" wieder ein extravaganterer und vor allem rauherer Wind. Mit "Scenes From Hell" setzen die verrückten Japaner sogar nochmal einen drauf, denn zum einen klingt der Sound ungehobelter und derber - man fühlt sich fast an früheste Tage der Band zurückversetzt, als die bekennenden VENOM-Fans "Scorn Defeat" (1993) veröffentlichten - und vor allem die Orchester-Passagen fallen bedrohlicher und genialer denn je aus. Der rohere Sound könnte vielleicht auch mit der 2008 veröffentlichten EP "A Tribute To Venom" zusammenhängen, mit der SIGH einer ihrer wichtigsten musikalischen Einflüsse offiziell huldigten.
So...wie beginne ich meine eigentliche Beurteilung dieser nur schwer in Prosa zu fassenden Scheibe? SIGH klingen wie gesagt grimmiger als auf "Hangman’s Hymn" und fegen mit dem prachtvollen 'Prelude To The Oracle' schnell mit rohem Black Metal durch die Lüfte. Hymnische, prunkvolle Orchesterpassagen unterfüttern die spannende Atmosphäre. Perfekt gelingt es SIGH bereits mit dem Eröffnungsstück, dem Terminus "dunkler Bombast" eine ganz eigene Note angedeihen zu lassen. Noch bedrohlicher und dunkler geht es bei 'L'Art De Mourir' zur Sache. Der Orchestereinsatz hier ist Weltklasse! Die Bläsereinsätze fügen sich perfekt ein und die Blastbeats von Schlagwerker Junichi Harashima sorgen mit hohem Tempo für zusätzlichen Druck. Ohne Scheiß: wir haben es hier mit einem 10/10 Punkte-Stück zu tun! Selbiges gilt für das erhabene 'The Summer Funeral', einem bombastischen Werk voller Schwermut und Eleganz mit fantastischen Streicherpassagen. Mirai singt hier etwas gemäßigter, während der Meister und die Saxophonistin/Sängerin Dr. Mikannibal ansonsten abwechselnd fies keifen und growlen. 'The Soul Grave' ist ein musikalischer Vorbote der Apokalpyse geworden, der mit sirrenden Geigen und machtvollen Pauken wieder einmal die überragende Klasse der Japaner zu Tage treten lässt.
Würde das Stück 'Vanitas' nicht im Vergleich zu den übrigen Stücken zumindest in der ersten Hälfte etwas simpel arrangiert wirken und klänge 'Musica In Tempora Belli' nicht so schwer verdaulich, so könnte "Scenes From Hell" sogar ein Aspirant für die äußerst elitäre Höchstnote unserer Skala sein. Doch 'Musica In Tempora Belli' ist selbst für mich als Fan sehr schwer verdaulich geraten. Wer weiß, welche Halluzinogene oder Pilzarten sich Mirai und seine Mitstreiter/-in hier eingefahren haben.
Gastvocals gibt es auf "Scenes From Hell" übrigens von Kam Lee (THE GROTESQUERY, BONE GNAWER, MASSACRE, ex-MANTAS/DEATH) sowie von David Tibet (CURRENT 93) zu hören. Gemastered wurde das etwas dumpf, aber im Endeffekt doch stimmig in Szene gesetzte Werk von James Murphy (TESTAMENT), der gute Arbeit geleistet hat.
Keineswegs unerwähnt sollte das ausgezeichnet umgesetzte Artwork bleiben. Gestaltet wurde es von dem aus Israel stammenden Künstler Eliran Kantor (u.a. TESTAMENT, GWAR). Man hat wirklich den Eindruck, als habe er das neue SIGH-Album bei der Kreation dieses Kunstwerkes aufmerksam in sich aufgesogen, um die Szenerie der Hölle visuell zu inszenieren. Mal sehen, wo ich dieses Werk als Kunstdruck auftreiben kann...
Bliebe am Schluss noch die Frage zu klären, warum der Rezensent dieser Scheibe nur 8,5 Punkte gibt, während er "Scenes From Hell" in seiner Kritik über den grünen Klee lobt. Der Grund hierfür ist einfach: Seit meiner für den Soundcheck notwendigen Notenvergabe vor einigen Tagen habe ich die Scheibe noch vier Mal rotieren lassen und siehe da: sie hat weiter an Wirkung und Klasse in meinen Augen hinzugewonnen. Schlagt zu den 8,5 Punkten noch mindestens einen halben Punkt drauf, und ihr wisst, was zu tun ist. Fans von dunklem Avantgarde Black Metal müssen diese Scheibe haben! Glaubt ihr mir noch immer nicht? Lasst euch von den Hörproben fesseln!
Anspieltipps: The Summer Funeral, L’Art De Mourir, Prelude To The Oracle
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Martin Loga