Gruppentherapie: NECROPHOBIC - "In The Twilight Grey"

03.04.2024 | 12:16

Der stimmigste Sound des März-Soundchecks?

Nach den Gruppentherapien zu den neuen Alben der beiden Schwergewichte JUDAS PRIEST und BRUCE DICKINSON und der Highspeed-Melodien-Bombe DRAGONFORCE, kommen wir jetzt zu einer Band, die vor allem unsere harten Jungs und Mädels begeistert. Viel Lob für NECROPHOBIC gab es schon von Mario, für den "In The Twilight Grey" einmal mehr ein Pflichtkauf ist. Und auch unsere Therapeuten werfen weiter unten mit Superlativen um sich. Auch klanglich sieht man den Fünften des gigantischen März-Sondchecks eigentlich auf der Pole Position.

Wenn die Tage allmählich länger und die Temperaturen wärmer werden, sorgt die schwedische Blackened-Death-Granate mit "In The Twilight Grey" für einen frostig-düsteren Schauer im März, einfach herrlich.

Schon die letzten Alben kamen extrem gut an bei uns - "Dawn Of The Damned" und "Mark Of The Necrogram" jeweils mit Bronze - und obwohl das aktuelle Bollwerk "nur" auf Platz fünf landet, fängt "In The Twilight Grey" genau dort an, wo die Vorgänger aufgehört haben: So hat die zehnte NECROPHOBIC-Scheibe nicht nur ein richtig geiles Artwork und einen Sound, der dir die Falten aus dem Hemd zaubert, sondern auch diesen gewissen Tiefgang inmitten jener Brutalität. Mal melodisch, mal hoch aggressiv - Ramstedt und Bergeback, die beiden Gitarristen, sind vollends in ihrem Element und sorgen bei den schweren 'As Stars Collide' oder 'Cast In Stone', aber auch den Abrissbirnen 'Clavis Inferni' oder 'Mirrors Of The Thousand Lakes' für die gewisse markante Darbietung, dass eben niemand geringeres als NECROPHOBIC am Werk ist. Die Songs sind so stellvertretend für den hiesigen Bandsound.

Einzig mit dem startenden 'Grave Of The Past' sowie dem Titeltrack kann ich mich nicht so ganz anfreunden, obgleich ich es zu schätzen weiß, dass die Schweden beispielsweise beim zweitgenannten Track ein Höchstmaß an Atmosphäre aufweisen. In der Nachbetrachtung haben mir die beiden Vorgänger aber ein klein wenig besser gefallen, obwohl "In The Twilight Grey" natürlich für Fans keinerlei Wünsche offen lässt und wieder sehr viel Feinkost im pechschwarzen Death Metal zu bieten hat.

Note: 8,0/10
[Marcel Rapp]

Fünfunddreißig Jahre unterwegs und NECROPHOBIC liegt mit dem zehnten Studioalbum im Wochenbett. Marcel sprach bereits viel Wahres über "In The Twilight Grey", dem ich nur zustimmen kann: Es ward ein Werk der Dunkelheit geboren, obschon in zwielichtiges Grau getaucht statt in tiefstes Schwarz, das doch alles aufbietet, was der geneigte Fan an seinen Stockholmer Favoriten liebt. Zehn Jahre ist es bald her, dass Rückkehrer Anders Strokirk sich das Mikro von Tobias Sidegård zurückgeholt hat, und es bleibt dem Chronisten letztlich nicht viel mehr als zu konstatieren, dass es fraglos stark beeindruckt hat zu beobachten, wie viel Fahrt die Band seit "Mark Of The Necrogram" aufgenommen hat. Mit jedem Album seither konnte das Quintett auf ganzer Linie abliefern, und das ist dieses Mal kein Stück anders.

In einem unheimlich stark besetzten Soundcheck ist der fünfte Rang für ein Album dieser stilistischen Gangart zweifelsfrei eine hervorragende Leistung, und aus meiner Sicht besonders bemerkenswert ist hierbei, dass "In The Twilight Grey" unter den oberen Fünf auf der Produktionsebene den stimmigsten und organischsten Sound abliefert. Das Album fließt wunderbar geschmeidig aus den Boxen und umgarnt den Hörer mit seinen sinistren Leadgitarrenmelodien, grandiosen Harmonien und einer dunklen, gefangennehmenden Dynamik, die ihresgleichen sucht. Ramsteds Leads und Bergebäcks Riffing erfüllen alle Erwartungen, welche man an dieses Genre haben kann. Wobei es tatsächlich vor allem die Soli und Leadmelodien sind, die in ausnahmslos jedem Song packen können: Man höre nur einmal das überragende 'As Stars Collide' und staune! Cristiansson und Sterner glänzen als Rhythmusgruppe par excellence, was beispielsweise 'Stormcrow' beeindruckend unterstreicht: Ein rasendes Riffinferno, das hackt und klöppelt, als gäbe es kein Morgen, und doch so rund und stimmig abgemischt ist, dass das Schlagwerk nie zu steril und ballernd klingt, wie es im zeitgemäßen Heavy Metal leider viel zu oft der Fall ist. Hier lässt das dramatische und fein akzentuierte Trommeln noch immer genug Raum dafür, dass auch der Bass atmen und merkliche Akzente setzen kann. Immer wieder sind da auch diese magischen Leadgitarren und Refrains, die sich tief ins Hirn eingraben. Ein Traum!

Für Sammler sei darauf hingewiesen, dass es "In The Twilight Grey" als - mit einem knappen Viertelhunderter leider recht teures - Mediabook mit zwei Bonustracks gibt. Zum einen gibt es hier zusätzlich die tolle Eigenkomposition 'Blackend The Horizon', und zum anderen das sehr coole, weil perfekt für den Genrewechsel adaptierte W.A.S.P.-Cover 'The Torture Never Stops'. Ob euch das die amtlichen Mehrkosten von gut 8,- Euro wert ist, müsst ihr natürlich selbst entscheiden. Ich wurde schwach, auch wenn ich derlei Veröffentlichungstaktiken grundsätzlich eher weniger mag. Doch hier haben wir es mit einem sehr frühen, aber gleichwohl schon sehr heißen Kandidaten auf das Black/Death-Metal-Album des Jahres zu tun, also was soll's? Zumal das feine Rydén-Artwork in dieser Form auch nochmal besser herüberkommt. So oder so: Der Zehntling ist ein bärenstarkes Statement von NECROPHOBIC, und daher gibt es hierfür eine zwingende Empfehlung von mir.

Note: 9,0/10
[Rüdiger Stehle]

Als ich mich letztes Jahr mit dem THULCANDRA-Album "Hail The Abyss" beschäftigt habe, dachte ich mir oft: "Gutes Album, aber wann kommt denn endlich wieder was vom Original?" Nun stehen wir hier mit dem zehnten Album der Schweden in der Hand und es ist wieder mal ein Fest. War schon der Vorgänger eine Granate, wenn es um melodisch-epischen Black/Death geht, dann setzt "In The Twilight Grey" genau damit fort, wobei "Dawn Of The Damned" zumindest bei mir schneller gezündet hat. Der aktuelle Langspieler brauchte da etwas länger, hat sich inzwischen aber auch meine Gunst erspielt.

So erinnert der Opener 'Grace Of The Past' an ältere Großtaten aus "Hrimthursum"-Zeiten, während 'Clavis Inferni' wegen der Death/Thrash-Schlagseite auf den letzten drei UNLEASHED-Alben hätte stehen können. 'As Stars Collide' und 'Stormcrow' gehören dann vielleicht zu den eingängigsten Songs, die die Band geschrieben hat, jedoch stört das im Albumkontext absolut nicht, da einerseits das Songwriting weit entfernt von banal ist und die Gitarristen in vielen Momenten mit geschmackvollen Leads nur so um sich werfen und damit jeden einzelnen Song verfeinern.

Mit 'Shadows Of The Brightest Night' folgt einer der Gründe, warum der Fünfer sich wieder einmal selbst übertroffen hat. Man schreibt wahre Epen! Genannter Song, 'Nordanvind' und der alles überstrahlende Titeltrack gehören zum Besten, was die Band in den letzten Jahren so an Genialität auf Platte gebannt hat. Wie gerade im Song 'In The Twilight Grey' mit Dynamiken, wunderbaren Melodien und dem facettenreichen Gesang von Andreas Strokirk gespielt wird, ist unvergleichlich groß.

So komme ich zu dem Schluss, dass "In The Twilight Grey" seine beiden schon bärenstarken Vorgänger sogar noch überbietet und insgesamt das beste Album der Band seit "Death To All" (2009) ist. Die Schweden haben mich wieder einmal komplett am Haken und zeigen mir, dass sie zurecht weiterhin eine meiner absoluten Lieblingsbands bleiben.

Note: 9,5/10
[Kenneth Thiessen]

NECROPHOBIC ist eine gottverdammte Premiummarke. Wirklich jedes Album der Schweden ist auf einem brutalen Niveau und man kann die Uhr danach stellen, wann die Jungs um das verbleibende Gründungsmitglied Joakim Sterner wieder ein pechschwarzes Ausrufezeichen setzen werden. Nun ist es endlich wieder so weit, und "In The Twilight Grey" begeistert mich, wie auch seine beiden Vorgänger, erneut komplett.

Abermals schafft es die Band, neben kompromissloser Härte und beeindruckendem technischen Verständnis den einzelnen Songs auch eine fiese Eingängigkeit unterzujubeln. Das man es sich bei dieser Einprägsamkeit nicht mit seinem Kernklientel verscherzt, ist mal wieder die größte Errungenschaft einer erneut fantastischen Platte. Mal animiert der Chorus zum ekstatischen Mitgrölen und anderswo kann man sich ganz den Leads hingeben, welche Rüdiger zurecht als magisch betitelt. Somit fasse ich mich diesmal auch ungewöhnlich kurz und spreche auch eine absolute Kaufempfehlung aus. Lieber nutze ich die Zeit um eines von diesen Mediabooks zu ergattern, denn es kann ja nicht sein, dass ich ein Cover von 'The Torture Never Stops' à la NECROPHOBIC bisher noch nicht kenne. Teufel nochmal.

Note: 9,0/10
[Stefan Rosenthal]

Die Jungs gibts schon so lange wie ich Metal höre und trotzdem hab ich NECROPHOBIC erst seit "Mark Of The Necrogram" auf dem Schirm. Dieses Album liebe ich einfach und ich bin gespannt, ob die Band mich mit der neuen Scheibe genauso mitreißen kann. Die ersten drei Auskopplungen hatten mich allerdings zu Anfang nicht restlos überzeugt. Auch wenn 'Stormcrow' schon sehr in die Kerbe haut, die man von NECROPHOBIC kennt - und liebt - kommt 'Grace Of The Past' doch etwas ungewohnt mit gedrosseltem Tempo daher.

Aber was soll ich noch sagen, was die Kollegen nicht schon angemerkt haben. Um hier auf Teufel komm raus das Haar in der Suppe zu finden, bin ich dann doch zu sehr Fan. Eine düster-raue Stimme, melodische Gitarre, treibendes Grundtempo. Das richtige Maß an Härte und Geschwindigkeit. Für mich vereint NECROPHOBIC einfach perfekt das Beste aus Melodic Black und Death. Deshalb wird auch das neue Album "In The Twilight Grey" bei mir rauf- und runterlaufen. Ob so oft wie meine Lieblingsscheibe kann ich noch nicht sagen, aber meine Note spricht wohl für sich.

Note: 9,0/10
[Barbara Sopart]

Uff, 35 Jahre gibt's die schon und ich kann mich kaum erinnern, mal ein Album von diesen Schweden gehört zu haben? Dabei habe ich es 2020 schon getan, für den Oktober-Soundcheck. "Dawn Of The Damned" war für mich hier ein "spieltechnischer Raubüberfall mit bissigen Melodien". Nun, kein Ton ist davon hängengeblieben, doch ich bin in diesem Genre auch wahrlich nicht zu Hause.

Und dennoch gebe ich meinen Vorrednern recht, die "In The Twilight Grey" ja ausnahmslos loben. Das Album ist zweifellos eines der Besseren, wenn es um die härtere Gangart geht. Das bedeutet, dass auch das Plüschohr nicht sofort aussteigt. Jawohl, hier gibt es genug Melodien und auch das ein oder andere pfiffige Gitarrensolo, die mich bei Stange halten. Ob das jetzt der stimmigste Sound des Monats ist, lieber Rüdiger, das lassen wir mal offen. Ich mag den Klang bei BRUCE DICKINSON oder JUDAS PRIEST schon deutlich mehr und gerade die Uptempo-Passagen tackern mir doch noch eine Spur zu penetrant.

Für mich dürfte es dazu gerne noch etwas mehr Black- und weniger Death Metal sein. Für Dauerbeschallung ist mir das dann auch stilistisch noch etwas zu eintönig. Da geh ich dann lieber auf die neue BORKNAGAR. Dass die dem Stile mehr zugeneigten Therapeuten hier aber schwer begeistert sind, ist selbst für mich höchst verständlich. Eine 8,5 wie anno 2020 gebe ich aber diesmal nicht, schon aus Angst, dass ich in vier Jahren wieder alles vergessen habe. Denn ich glaube nicht, dass es ein Wiederhören gibt.

Note: 7,5/10
[Thomas Becker]

Redakteur:
Thomas Becker

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