Metalfest Pilsen 2025 - Pilsen

16.06.2025 | 13:44

06.06.2025, Amphitheater Lochotin

"Fu.. You Metalfest!"

Sonntag:

Auch die letzte Nacht war erfreulich ruhig und als Frühaufsteher nutzen wir die noch freien Duschen auf dem Campingplatz. Während des ausgiebigen Frühstücks gibt es dann auf Facebook Neuigkeiten bezüglich HEAVEN SHALL BURN und Metalfest. Leider hat sich die Lage von Marcus nicht gebessert und der Veranstalter hat keine Möglichkeit, so kurzfristig für einen adäquaten Ersatz zu sorgen. Dank der anderen Bands, die alle mitspielen gibt es ein paar Verschiebungen nach hinten. So beginnt die erste Band statt bereits um 10:30 erst um 12:50. Gut für uns, so kann ich endlich mal die Fotos der letzten zwei Tage sichern und die Technik reinigen. Zum Glück ist diese in diesem Jahr sehr zuverlässig, ein bisschen putzen reicht.

 

Pünktlich zum Auftritt der griechischen Band W.E.B. erreichen wir das Venue. Die Gitarren der Dark Metal-Band gefallen mir richtig gut und die Keys haben eine ordentliche Dramatik. Insgesamt ist mir das Ganze jedoch zu düster und ich nutze die Zeit, alte und neue Kontakte zu pflegen. Unsere langjährigen Campingnachbarn Thomas und Sarah haben wie bereits im vergangenen Jahr Besuch aus Peru dabei. Unglaublich, was diese Leute auf sich nehmen, um ein Festival in Europa besuchen zu können. Thomas empfiehlt mir wieder einmal das Bierbad in der Brauerei Purkmistr und ich beschließe, das mal auf die Agenda für den kühlen Herbst aufzunehmen.

 

Es geht weiter mit Musik aus Deutschland. Die Melodic-Rocker von HUMAN ZOO stehen auf der Bühne um unter anderem ein paar Stücke von ihrem aktuellen Album "Echoes Beyond" zu präsentieren. Die Band aus Balingen gibt es bereits seit 21 Jahren, aber es ist sehr lange her, als ich sie das letzte Mal live gesehen habe. Die Band beginnt mit 'Hello! Hello!' und ich merke, dass ich mich intensiver mit dem Sextett beschäftigen sollte. Sänger Thomas hat eine wirklich druckvolle Stimme und holt mich echt ab. Das ist alles rund, was da von der Bühne kommt. Doch leider kommt es, wie es kommen musste. Die Schleusen öffnen sich mal wieder und halten Ausschau nach Noah, der Nägel für seine Arche benötigt. Da es bis vor wenigen Augenblicken noch brüllend heiß war, liegt meine Regenkleidung in weiter Ferne. Ich beschließe, meine Kameras in Sicherheit zu bringen, flüchte ich ein nahgelegenes Bierzelt und ärgere mich richtig über einen verpassten Auftritt.

Es ist einfach zum Mäuse melken. Da stehen so großartige Bands auf der Stage, doch das Wetter macht, was es will. Das Regenradar ist mittlerweile mein bester Freund und sagt mir, dass es zum Gig von AD INFINITUM besser werden soll. Nun gut, die Technik wird immer zuverlässiger und behält recht. Als Sängerin Melissa Bonny die Bühne betritt, brennt sie Sonne mal wieder von Himmel und in wenigen Augenblicken tropft mir der Schweiß von der Stirn. Mir ist Melissa das erste Mal als Backing Vocalist bei Rock Meets Classic aufgefallen. Mittlerweile hat sie einige Projekte am Start und ist derzeit mit AD INFINITUM unterwegs. Mein Kollege Maik hat dem aktuellen Album "Abyss" die volle Punktzahl gegeben, und ich stelle fest, dass die 10 Punkte vollkommen zurecht vergeben wurden.

Nach einem kurzen Intro geht die 50-minütige Show mit 'Follow Me Down' los. Melissa hat hervorragende Musiker um sich geschart, welche den Modern Metal gut rüberbringen. Hat sich die Sängerin beim Opener noch auf klaren Gesang konzentriert, zeigt sie bei 'Aftermath', wie vielfältig sie ihre Stimme einsetzen kann. Innerhalb von Sekundenbruchteilen wechselt Melissa vom Cleargesang ins inbrünstige Growlen. Immer wieder sucht sie den Kontakt zu den feiernden Fans und begibt sich – natürlich wieder bei strömenden Regen- zum Wellenbrecher. Show kann die Dame auf jeden Fall. Ich hocke mittlerweile wieder neben meiner Angetrauten und lausche den beiden letzten Songs 'Unstoppable' und 'Into the Night'. Unter großem Applaus verabschiedet sich AD INFINITUM vom Pilsener Publikum.

Mit MUNICIPAL WASTE bekommen die Metalheads in Pilsen einen ordentlichen Arschtritt verpasst. War meine Kollegin Henri von den Crossover-Thrashern am Freitag auf dem Rock Hard-Festival begeistert, drehen die Herren um Sänger Tony "Guardrail2 Foresta die Meute in Pilsen mal schnell auf Links. Hier ist pure Eskalation angesagt. Der Aufforderung zu einer Wall of Death wird bedingungslos Folge geleistet und auch auf der Stage gibt es ordentlich Bewegung. Die Musik trifft zwar nicht ganz meinen Nerv, ich bin aber von der unbändigen Energie auf und vor der Bühne begeistert. Due US-Amerikaner können nur laut, wild und schnell, was Songs wie 'Wave Of Death' und 'Born To Party' beweisen. 50 Minuten wilde Fahrt, Daumen hoch für die Show.

Es wird mal wieder Zeit für etwas Essen und ich beschließe, mir den Auftritt von DALRIADA vom Rang aus anzuschauen. Die ungarische Folk Metal-Band ist erst vor wenigen Tagen als Ersatz für einen krankheitsbedingten Ausfall bestätigt worden und macht ihre Sache richtig gut. Geboten wird epischer Folk Metal mit ungarischen Texten, die Songs haben Namen wie 'Kinizsi Mulatsága' und 'Szondi Két apródja 1.' Klar, die Sprache klingt ungewöhnlich, doch musikalisch ist DALRIADA über jeden Zweifel erhaben. Die Mischung aus harten Gitarren und traditionellen Instrumenten wie Dudelsack und Violine kommt bei den Besuchern gut an. Auch hier gibt es wieder zahllose Crowdsufer, die dafür sorgen, dass es der Sec im Graben nicht langweilig wird. Tja, Abwechslung wird auf dem Metalfest großgeschrieben.

Das zeigt mit DEATH ANGEL die nächste Band und wir wechseln mal wieder Richtung Thrash. Kaum zu glauben, dass es die Band seit mittlerweile über vier Jahrzehnten gibt. Sänger Mark Osegueda ist enorm fit und lässt während des Singens permanent seine Matte kreisen. Okay, das letzte Album hörte auf den Namen "Humanicide" und wurde bereits 2019 veröffentlicht. Doch mit 'Wrath (Bring Fire)' haben die US-Amerikaner einen brandneuen Song mit nach Tschechien gebracht und die feiernden Kuttenträger hoffen auf ein neues Album der Band. Auch wir sind natürlich sehr gespannt, ob sich da demnächst etwas tut.Somit ist die heutige Setliste ein Best Of von DEATH ANGEL. 70 Minuten werden mit elf Songs aus sechs Alben gefüllt. Die Sonne lacht wohl angesichts der sehr guten Performance der Band über das komplette Set. Als ich wieder auf dem Rang bin, kommt eine lange Polonaise an uns vorbei, welche sich dann im geteerten Infield auflöst und sich in zahllosen Moshpits ergießt. Das ist echt fett. Auf dem gelungenen Gig erst mal ein kühles Blondes.

STRATOVARIUS hat ebenfalls kein neues Album mit nach Pilsen gebracht und spielt sich durch ihr Schaffen aus sieben Alben. Leider erlaubt die begrenzte Spielzeit von 70 Minuten nur 11 Tracks. Dass die Band viel mehr zu bieten hat, erfahrt Ihr in unserem großen zweiteiligen Diskografie-Check (Teil 1, Teil 2). In diesem werden ganze 16 Alben der finnischen Power Metal-Band besprochen. Gab es bei MUNICIPAL WASTE noch ein extrem buntes Backdrop, blendet mich jetzt fast ein heller Hintergrund. Während Sänger Timo Kotipelto mit der schnellen Nummer 'Forever Free' den Auftritt beginnt, mache ich mir Gedanken, ob das aufgestellte Symbol denn jetzt gerade steht oder eher schief. Sorry, dass da jetzt der Monk bei mir durchkommt. Auch während des Schreibens dieser Zeilen bin ich mir nicht ganz sicher.

Auch bei STRATOVARIUS wollen sehr viele Crowdsurfer von der Security auf den Boden der Tatsachen geholt werden. Die Zusammenarbeit zwischen den Sicherheitsleuten und uns Fotografen läuft wieder einmal hervorragend. Es bedarf nicht vieler Worte. Ein kurzer Tip auf die Schulter oder ein Blick und schon machen wir Platz, damit die Jungs ihren Job erledigen können. Durch diese Aktion fällt mir eine zierliche Frau auf, die immer und immer wieder im Pit landet und Richtung Grabenausgang rennt. So ganz jung scheint sie nicht mehr zu sein und ich bin neugierig. Nach 'World On Fire' warte ich auf die nächste Surfaktion von der Dame und passe sie ab. Ich möchte wissen, wie alt sie ist. Problem: Sie spricht weder deutsch noch englisch. Doch ein Übersetzer ist schnell gefunden und ich erfahre, dass die Frau 69 Jahre alt ist! Okay, ich war noch nie ein Fan des Crowdsurfens, doch diese kleine zierliche Frau ist der beste Beweis, dass Metal jung hält. Ich hoffe, dass ich dich im kommenden Jahr wieder an gleicher Stelle sehe.

Während ich noch über das Gespräch von gerade nachdenke, merke ich, wie mir die Kräfte schwinden. Doch einmal muss ich noch in den Graben. In den letzten 40 Minuten hat sich einiges auf der Bühne getan, wird diese doch für den heutigen Headliner entsprechend gestaltet. Kim Bendix Petersen, besser bekannt als KING DIAMOND erscheint wie aus dem Nichts – im ikonischen Zylinder, Skelett-Schminke, Umhang und dem unvermeidlichen Knochenmikrofon. Natürlich wird auch heute wieder Abigail aus dem Sarg gezogen und erdolcht. Das hier ist mehr als ein Heavy Metal-Konzert. Bei Auftritten von KING DIAMOND steht klar eine Show, umrahmt von zweifellos guter Musik im Vordergrund. Das Konzert ist ein makabrer Triumph aus Licht, Schatten und donnernden Riffs.

Der King ist für mich einer der charismatischsten Frontmänner, den ich in Pilsen erleben durfte. Seine glasklaren Falsettspitzen jagen Schauer über die Rücken der anwesenden Kuttenträger. Trotz seiner 68 Jahre wirkt er stimmlich topfit und körperlich präsent wie eh und je. Das ist ganz großes Kino, was die Band hier heute abliefert. KING DIAMOND wurde zurecht als Headliner verpflichtet. Haltet Ausschau auf unserer Webseite. Mindestens ein Redakteur wird noch ein Konzert vom Meister besuchen und ich denke, der Konzertbericht wird dann deutlich ausführlicher.


Mit dem Auftritt endet dann auch das Metalfest 2025 für Karin und mich. Wieder einmal hat das gelungene Festival meine Open Air-Saison eröffnet. Wieder einmal hab ich mich über das miese Wetter aufgeregt und mich über die perfekte Organisation gefreut. Wieder einmal hat es sich für mich wie ein "Nach Hause kommen" angefühlt. Und ich kann bereits jetzt schon sagen: Metalfest, wir sehen uns im kommenden Jahr wieder!

Text: Andre Schnittker, Karin Heinritz

Photocredit: Andre Schnittker

Redakteur:
Andre Schnittker

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