Listig: Wer hat den Längsten? Die besten Longtracks mit einer Spielzeit über 10 Minuten (Platz 11-15)

12.07.2023 | 13:11

Munter geht es heute weiter mit dem dritten Teil unserer Reihe "Schwanzus Longus". Wer noch immer nicht weiß, worum es hier geht, der möge bitte in der Einleitung des ersten Teils nachschauen. Dankeschön! Hier folgen nun die Platzierungen 11 - 15.

Wen erwartet ihr unter den ersten 10 Plätzen? Dies und andere Gedanken zu dieser Reihe könnt ihr uns gern bei Facebook unter dem Beitrag mitteilen oder mit uns in unserem Forum diskutieren. Ihr seid herzlich eingeladen!

 

Wenden wir unser Augenmerk für Platz 15 nun wieder gen Britannien und freuen uns auf den einbeinigen Flöten-Schlumpf. Ja, kein Epik-Special ohne Jäzzröh Tüll, wie die Franzosen die Band liebevoll nennen. Ich benutze ab hier lieber die korrekte Schreibweise, um nicht despektierlich zu klingen. JETHRO TULL ist ein Name im progressiven Metier, ein großer Name und nach meinem naiven Befinden ist das auch völlig berechtigt. Denn mir fallen wenige Textschreiber ein, die mich häufiger komplett begeistern. Sei es mit ihrer tiefgründigen Melancholie, ihrer farbenfrohen Bildmalerei oder ihrem Wortwitz. Ian Anderson ist einfach ein Magier der Worte und die dazu gespielte Musik ist dann meistens auch noch ganz wunderbar. Wobei ich ja gestehen muss, dass ich besonders auf die Folk-Rock-Phase abfahre, ich alte Schnullerbacke. Mein Fehler, ich weiß. Aber darum soll es hier ja gar nicht gehen. Welchen Song hat sich Redaktion denn nun ausgesucht? Einen der beiden unendlich langen One-Album-Song-Dinger, namentlich 'A Passion Play' und 'Thick As A Brick'? Nö. Wir ticken mal wieder anders und haben uns 'Budapest' vom 87er Werk "Crest Of A Knave" gekrallt. Stefan Rosenthal schreibt auch treffend, weshalb uns dieser Song so sehr zusagt: "Zu einem späteren Zeitpunkt ihrer Karriere zeigen Ian Anderson, Martin Barre und Co. nochmal allen jungen Hüpfern wie feinste Unterhaltung geht - die Duelle zwischen Querflöte und Gitarre sind anbetungswürdig, das Hauptthema und die fast erotische Atmosphäre fantastisch und die Lyrics wieder mal grandios." Und ja, diese Lyriks sind sensationell. Wer bei "…and her legs went on forever…" nicht schmunzelnd im Sessel sitzt, hält BURZUM-Lyrik eventuell für komisch. Äh…, lassen wir das. Sieht Mister Jäger wohl auch so: "TULL-Folk und viel Emotion, eingebettet in einen Text, der simpel und effektiv auf den Punkt kommt wie in 'and her legs went on forever, like staring up at infinity'. Brillant." Auch Walter freut sich über den Text: "Von Tournee-Bekanntschaften erzählen viele Musiker in ihren Songs, aber keiner dermaßen respekt- und stilvoll wie Ian Anderson." Aber Stefan hat auch im musikalischen Sinne Recht. Wenn man bedenkt, dass "Crest Of A Knave" die einzige Grammy-Nominierung im Bereich "Best Hard Rock/Metal Performance Vocal or Instrumental" gegen solche Truppen wie METALLICA und AC/DC gewinnt und es aufgrund der daraus resultierenden Debatte von da an zwei getrennte Nominierungen für Heavy Metal und Hard Rock gibt, ist das Album schon eine Art Meilenstein. Natürlich hört man keinen Heavy Metal, aber für die Kollegen von JETHRO TULL ist die Scheibe schon recht hart. Zurück zu 'Budapest': Die Nummer ist bei mir auf jeder Bestenliste der Bande weit oben zu finden und begeistert mit seiner kurzweiligen Erzählart jedes Mal erneut. Episch.

Geschichten erzählen kann auch der Nordmann auf dem nächsten Platz 14. Sein bürgerlicher Name: Ace Forsberg. Die meisten werden ihn unter dem Künstlernamen Quorthon eher kennen. Ich muss hier wohl niemandem erklären, dass er der Kopf von BATHORY war und nun kann sich jeder an einem Finger abzählen, welcher Song hier folgen wird. 'Twilight Of The Gods' vom gleichnamigen Album aus dem Jahr 1991 ist wohl unfraglich einer der großen Songs aus dem Hause BATHORY. Kollege Rüdiger kann das wohl am besten in Worte kleiden und er schreibt: "Eine zeitlose, tiefgründige, erhabene und hochemotionale Hymne an Zweifel, Skepsis und Vergänglichkeit." Genau diese Gefühle durchlebt man beim Anhören dieser elf Minuten. Schwere, voran marschierende Rhythmik, Stiefel, die durch Schnee stapfen, klirrende Kälte und die choralen Gesänge muten wie permanente Klagegesänge an. Das hört auch Tobias so: "Quorthon ist der Meister des epischen Black und Viking Metals und hat natürlich auch ein paar Longtracks im Gepäck, wobei wohl 'Twilight Of The Gods' mit seinem ausgedehnten und spannenden Aufbau zu Beginn und seinen beschwörerischen Chören den Höhepunkt der BATHORY-Diskografie darstellt." Und Marcel geht sogar noch einen Schritt weiter: "Ein Monument Quorthons, mit dem er in Sachen Epik und Atmosphäre seinem Schaffen die Krone aufsetzt. Ein mächtiges Stück Wikingermetall." Ihr merkt es schon, wenn demnächst die Temperaturen wieder steigen und man nicht mit Kalorienbomben aus der Tiefkühltruhe dagegen ankämpfen möchte, empfiehlt sich als Alternative vielleicht eine Tube BATHORY auf die Ohren. Da beginnt man ganz automatisch unterm Kopfhörer mit dem Marschieren.

Wer beim nächsten Song anfängt zu marschieren, wird schnell aus dem Takt geraten, denn innerhalb der 683 Sekunden, die diese Nummer unsere Ohren umgarnt, geht es nur selten geradeaus. Ganz im Gegenteil, denn MERCYFUL FATE aus Dänemark hat schon im Jahr 1983 nicht mit Taktwechseln gegeizt. 'Satan's Fall' beschreibt die himmlische Geschichte von Hinkefußens Niedergang. Dabei schrillt sich unser Lieblingskönig Diamond im Sekundentakt in höchste Höhen, während das instrumentale Quartett zum höllischen Intermezzo bittet. Ich nehme an, dass ich es bereits mehrfach auf diesen Seiten geschrieben habe, aber der Gitarrenton von Michael Denner und Hank Sherman auf den Frühwerken von MERCYFUL FATE ist für mich einfach das Ultimative in Sachen Böse. Dazu dieser permanent nach vorn treibende Rhythmus der Herren Grabber und Ruzz, der trotz aller Eskapaden immer mitreißt. Immer. Das hört auch Kenneth so: "Der vorläufige Höhepunkt eines Albums, das nur aus Höhepunkten besteht." Völlig richtig, werter Kollege, denn auf "Melissa" gibt es sieben Mal 10 Punkte. Ein Album, welches sich bei mir niemals abnutzt. Auch Rüdiger teilt diese Meinung und geht sogar musikhistorisch noch einen Schritt detaillierter vor: "Eine der wesentlichen Referenzen diabolischer Horrorepik im Heavy Metal der Achtziger." Ich schrieb ja bereits vom ultimativ Bösen, oder? Wenn dann aber solche Plüschmetaller wie Frank Jäger oder ich in höchsten Tönen schwärmen, scheint ja irgendwas Besonderes an der Musik zu sein. Frank schreibt: "Der Herr Diamant hatte schon damals etwas zu erzählen und setzte seine satanistischen Botschaften, wohlgemerkt im Zusammenhang mit der Lehre der Church of Satan, in einen Song um, der vor allem musikalisch ein echtes Biest ist und die Genialität des Duos Denner und Sherman auf der gesamten Länge zum Ausdruck bringt." Um es auf den Punkt zu bringen: Wer sich nicht vor King Diamonds schrillen Gesängen versteckt, kommt um diese Göttergabe nicht herum. Auch 40 Jahre später nicht!

Der Sprung von King Diamond zu unserem nächsten Kandidaten fällt nicht besonders schwer, weiß man doch, dass der King großer Fan dieser Band ist. Die Rede ist von den Dinosauriern des Hard Rock namens URIAH HEEP. Welchen Song haben die Herren Schmelz, Kubaschk, Lühring, Stehle und Scheurer in unserer Liste platzieren können? Nun, es ist das beinahe verträumte 'July Morning' vom 71er Album "Look At Yourself". Geschrieben von Keyboarder Ken Hensley und Sänger David Byron bekommen wir hier eine Nummer zu hören, die vor allem den exzentrischen Gesang von David deutlich zeigt. Aber auch die typischen Interaktionen zwischen Tasten- und Saiteninstrumenten kommen in 'July Morning' ganz hervorragend zum Vorschein. Da stört ein "Lalala"-Part auch nicht im Geringsten. Vielmehr zeigt er auf, wie sehr es der Band in erster Linie um Emotionen als um musikalische Zurschaustellung geht. So sieht es auch Marius: "Auch im Dezember verführt dieser Song, mit geschlossenen Augen unterm Kopfhörer genossen, zu einem lauen Sommermorgen nach einer stürmischen Nacht - neun Minuten Gänsehaut 'on a road of my own'." Ganz pauschal kann man es aber auch so beschreiben:"Wahnsinnssong der Hardrock-Titanen." (Peter) oder "Eines der schönsten Stücke von URIAH HEEP." (Thommy). Unser redaktionsinterner HEEPologe Stehle berichtet: "Wundervolles 70er-Prog-Hardrock-Manifest voller Sehnsucht und Tiefgang. Byron in Bestform!" und Walter bestätigt nochmal meine oben angeführten Worte mit: "Die Darbietungen von Ken Hensley und David Byron machen diese Nummer zum tiefschürfenden Hochgenuss, während der Sound ein feines Sommergefühl vermittelt. Hach!". Da kann man gar nicht oft genug "hach"en. Kopfhörer auf und genießen, jetzt!

Mit Platz 11 kommen wir zurück auf deutschen Boden. Wenig überraschend gibt es einen Song unserer Freunde aus Krefeld. Euch allen ist klar, dass ich von BLIND GUARDIAN rede, oder? Dieses Mal handelt es sich um das 14 Minuten und 5 Sekunden lange, bereits 2001 vorab als Single veröffentlichte Stück 'And Then There Was Silence' vom "A Night At The Opera"-Album. Da ich nun kein ausgewiesener Fan dieser Band bin, übergebe ich an die Kollegen, die hier wärmere Worte finden und beginne mit den Worten von Marcel: "Dramatisch und cineastisch - der Titel suggeriert Stille, doch der Song ist in Sachen Abwechslung und Emotionen in der Nacht der Oper kaum zu übertreffen." Und auch Frank Jäger weiß mit Komplimenten um sich zu schmeißen: "Für Homer braucht man etwas Zeit; Zeit, die sich die Deutschen mit ihrem Lied nahmen, wobei selbst in dieser Länge manche geniale Passagen noch viel zu kurz kommen." Wow! Wer nun denkt, mehr Lobpreisungen könne es nicht geben, hat noch nicht vernommen, was Tobias und Stefan Rosenthal zu Papier bringen. Während Stefan schreibt: "Für mich nicht nur der großartigste Longtrack aller Zeiten, die Quintessenz von allem, was ich an BLIND GUARDIAN liebe und über Jahre der wichtigste genreübergreifende Song für mich, sondern immer noch die Speerspitze an dem, was Metal in mir auslösen kann", toppt Tobias dies mit seinem Kommentar sogar noch: ""A Night At The Opera" ist dank des Pomps nicht gerade das Lieblingsalbum vieler BG-Fans, aber bei der Vertonung der Ilias von Homer passt einfach alles. Dramatik, Epik, absolut außerirdische Gesangsharmonien und grandiose Lead-Gitarren machen die Nummer zu meinem persönlichen BLIND GUARDIAN-Lieblingstrack." Da ist selbst der Verfasser dieser Zeilen etwas sprachlos.

 

Überblick aller Artikel dieser Listig-Reihe:

Platz 1-5, Platz 6-10, Platz 11-15, Platz 16-20, Platz 21-25

 

Redakteur:
Holger Andrae

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