Perlen der Redaktion: Daniel Lindhorsts Highlights 2019
15.01.2020 | 12:22Ein Treppchen voller Bands, die ich vor 2019 noch gar nicht kannte. Neben ein bisschen Metal - vor allem in der doomigen Variante - gab es für mich auch viel guten Post Rock und Psychedelisches.
Mein erstes Kalenderjahr als Redakteur ist nun also zu Ende gegangen und so wird auch mir die Ehre zuteil, einen Blick auf mein musikalisches Jahr 2019 zu gewähren. Auffällig war dabei für mich persönlich, dass es zwölf der Alben ohne meine Arbeit für diese Seite gar nicht in meine Top-20-Liste geschafft hätten: Sie wären schlicht an mir vorübergegangen. So ergibt es sich dann schlussendlich auch, dass bei mir relativ viel unmetallisches und zudem untergründiges Material in der Aufstellung gelandet ist.
Das geht dann schon mit URBANE PRAXEN ganz oben in meinen Jahres-Charts los. Deren dritte LP "Warum?" hat mich im Sommer so dermaßen aus den Latschen gehauen, dass ich gar nicht anders konnte, als den Schweizer Genies die Höchstnote zu verpassen. Abgefahren ist nicht nur das Cover-Artwork, sondern einfach das Gesamtkunstwerk an sich; Psychedelic Rock als Genre-Stempel wird der innovativen Musik des Trios nur zum Teil gerecht. Zu schade, dass es das Album nur auf Vinyl und aus der Schweiz zu ordern gibt.
Nur ganz knapp dahinter landen die Dänen THE SHAKING SENSATIONS. Auch hier das dritte Album der Diskographie, auch hier ein dennoch überschaubarer Bekanntheitsgrad. Aber die besten Perlen finden sich ja oft ganz tief unten und so hat sich "How Are We To Fight The Blight?" im vergangenen Jahr ganz schnell einen Platz in der Dauerrotation gesichert. Da ein Sänger nicht von Nöten war, machte man ihn kurzerhand zum zweiten Drummer der Band, denn auf die Rhythmussektion legen die Herren aus Kopenhagen besonderen Wert. Für mich ein grandioses Album und die wohl beste Post-Rock-Veröffentlichung seit Jahren.
Bleiben wir in Skandinavien und beim instrumentalen Post Rock und kommen zu ORSAK:OSLO aus Schweden. Vier super sympathische (mehr oder weniger) junge Herren, die ich in 2019 sogar persönlich kennenlernen durfte und die mir nicht nur den dritten Platz auf meinem Album-Treppchen, sondern auch eines der besten Konzerte des Jahres beschert haben. Ausgeklügelte Song-Strukturen und ein gelungenes Schwanken zwischen Brachialität und Minimalismus bringen es bei mir regelmäßig zur Gänsehaut.
Der erfrischende Stoner-Doom von MARS RED SKY schrammt nur ganz knapp an meinem Podest vorbei. Nicht zuletzt der Gesang macht diesen besonders gelungenen Wüsten-Rock für mich aus. Das Album "The Task Eternal" habe ich inzwischen wirklich zahlreiche Male gehört und fast bei jedem Durchlauf ist ein anderer Song mein Favorit.
Auf den beiden folgenden und einzigen deutsch betexteten Plätzen geht es recht eng zu. Die beiden Bands, bei denen ich wohl von fast jedem Song den Text auswendig beherrsche, waren livetechnisch meine beiden absoluten Highlights des letzten Jahres. KNORKATOR kann sich in der Alben-Platzierung knapp nach vorne schieben, was der unglaublichen Raffinesse geschuldet ist, mit der es die Berliner Jungs schaffen, Ernsthaftigkeit und Politik in ihr albernes Gesamtkonstrukt einzubringen. Ich muss daher an dieser Stelle auch noch eine Lanze für den besten Song des Albums brechen, nämlich für das grandiose 'Rette sich wer kann', welches von Marius in seinem Review leider völlig zu Unrecht so gescholten wird.
Das selbstbetitelte Werk von RAMMSTEIN hätte ich nach meinem ersten Hördurchgang wohl deutlich weiter unten in meiner Liste verortet. Das Album sollte jedoch von Hördurchgang zu Hördurchgang immer weiter wachsen und sich einen sehr guten Platz im Mittelfeld meines Band-internen Rankings erkämpfen. 'Ausländer' ist mein persönlicher Song des Jahres und das Konzert in Rotterdam war eines der besten, denen ich je beiwohnen durfte. Ob RAMMSTEIN mich wohl jemals enttäuschen wird?
ORSOs "Paninoteca" war zu Beginn des Jahres das erste Album, das ich für POWERMETAL.de rezensieren durfte, und nachdem ich es erwartungsvoll das erste Mal in den Player schob, haute es mich gleich aus den Latschen. Unglaublich präziser Post Metal und vielleicht genau das, was sich mancher von den bei mir auch etwas weiter unten noch platzierten Schweden CULT OF LUNA gewünscht hätte. Der ein oder andere monierte bei letzteren nämlich, dass "A Dawn To Fear" ohne die Vocals womöglich mehr munden würde. Dann nehmt einfach ORSO her, da singt nämlich niemand.
Über meinen (man mag es kaum glauben) Erstkontakt mit Mike Scalzis Stimme und THE LORD WEIRD SLOUGH FEG habe ich bereits in der zugehörigen Gruppentherapie berichtet. Ohne Frage eine spezielle und liebenswerte Musik, die es auch auf "New Organon" zu hören gibt.
Die wohl sanftesten Töne in meiner Liste der besten Alben schlägt eine junge Dame aus Solingen mit der nach ihr benannten Band an: SUZAN KÖCHER'S SUPRAFON. Absolut geerdet und authentisch der Folk Rock, den man auf dem zweiten Album der 24-jährigen Frontfrau zu hören bekommt.
Die Top-10 beschließt RAMA aus Italien. Auch hier ist es das Zweitwerk "Everything Is One", das mich anno 2019 in Verzückung geraten ließ. Dadurch, dass der Stoner Rock gesanglich maßgeblich von hinduistischen Mantren geprägt ist, klingt das Dargebotene herrlich erfrischend und einfach so gänzlich anders, als man es kennt.
THE NEPTUNE POWER FEDERATION wurde mir dann in meinem ersten Soundcheck vom Chefredakteur "zugeschanzt". Welch freudiger Umstand, handelt es sich doch um ein ganz famoses Album der australischen Rattenkönigin nebst Gefolge.
Fantastischen Doom Metal mit gekonnten Sludge-Akzenten gibt es beim ersten Album von BURNING GLOOM zu hören. Wieder einer der zahlreichen Glücksgriffe bei den durch mich zu rezensierenden Langspielern.
Noch ein Erstlingswerk gibt es aus Kanada von SMOULDER. Wenigstens ebenso wohlklingend wie der Name des Albums "Times Of Obscene Evil And Wild Daring" klingt auch das auf die Platte gebannte. Eine Band, von der ich mir für die Zukunft noch einiges verspreche.
Während ich diese Zeilen tippe, ist es schon eine Weile her, dass ich die Rangfolge meiner liebsten Veröffentlichungen aus 2019 aufgestellt habe. Und deshalb bin ich nun selbst ein bisschen verwundert, dass es SLOW ORDER nicht weiter nach oben geschafft hat: Derart feinen instrumentalen Doom Metal habe ich nämlich selten gehört.
Ja ist es denn die Möglichkeit? Es strotz ja nur so vor Doom Metal in meiner Aufstellung. Mehr davon gab es im letzten Jahr neben dem epischen Brecher der fast schon alt eingesessenen Schweden ISOLE auch von WITCH RITUAL aus Deutschland. Düsterer geht es kaum, eine ganz herrliche Musik mit feinen Vocals von Fronterin Lacri. Einmal mehr der Beweis, wie viel unglaublich gute Musik es doch im Untergrund gibt; zu großer Bekanntheit hat es die Berliner Band nämlich (wie so viele andere in dieser Liste ebenfalls) bisher noch nicht gebracht.
QUEENSRYCHE hat in einem bockstarken Monat Februar zwar nur den vierten Platz des Soundchecks für sich beanspruchen können, für mein Empfinden mit "The Verdict" aber dennoch ein extrem gelungenes und kurzweiliges Album auf den Markt gebracht.
THE HOLEUM muss sich von mir auch an dieser Stelle wieder den CULT OF LUNA-Vergleich gefallen lassen. Und hat in dieser Hinsicht für mich persönlich so einiges richtig gemacht und sich mit einer gelungenen Doom-Post-Metal-Kombination einen Platz im Ranking verdient.
Der Abschluss meiner Auflistung wird dem Album mit dem prägnanten Titel "Pi" zuteil. Die deutsche Band NAZCA SPACE FOX hat mit spacigem Post Rock immerhin einige "gestandene" Bands aus meiner Liste katapultiert.
So haben zwar HAMMERFALL und auch FREEDOM CALL im letzten Jahr tolle Alben veröffentlicht, sind aber trotzdem knapp gescheitert. In meiner Liste könnten eigentlich auch DREAM THEATER oder CANDLEMASS (noch mehr Doom!) stehen, diese Alben habe ich aber tatsächlich schlichtweg noch nicht gehört. Die beste EP des Jahres möchte ich euch zum Schluss nicht vorenthalten, denn diese stammt von den Schweizern MEGATON SWORD, welche zugleich meine Newcomer des Jahres sind. Total geiler Fellhosen-Metal, der hoffentlich schon bald in die volle Album-Distanz gehen wird.
Die Top-20-Alben in der Übersicht. Mit einem Klick auf den Albumnamen gelangt ihr - soweit vorhanden - zur Rezension.
Rang | Band | Album |
01. | URBANE PRAXEN | Warum? |
02. | THE SHAKING SENSATIONS | How Are We To Fight The Blight? |
03. | ORSAK:OSLO | Orsak:Oslo |
04. | MARS RED SKY | The Task Eternal |
05. | KNORKATOR | Widerstand ist zwecklos |
06. | RAMMSTEIN | Rammstein |
07. | ORSO | Paninoteca |
08. | THE LORD WEIRD SLOUGH FEG | New Organon |
09. | SUZAN KÖCHER'S SUPRAFON | Suprafon |
10. | RAMA | Everything Is One |
11. | THE NEPTUNE POWER FEDERATION | Memoirs Of A Rat Queen |
12. | BURNING GLOOM | Amygdala |
13. | CULT OF LUNA | A Dawn To Fear |
14. | SMOULDER | Times Of Obscene Evil And Wild Daring |
15. | SLOW ORDER | Eternal Fire |
16. | ISOLE | Dystopia |
17. | WITCH RITUAL | Death:Beyond |
18. | QUEENSRYCHE | The Verdict |
19. | THE HOLEUM | Sublime Emptiness |
20. | NAZCA SPACE FOX | Pi |
- Redakteur:
- Daniel Lindhorst