Perlen der Redaktion: Timo Reisers Highlights 2022

12.01.2023 | 22:51

Meine persönlichen musikalischen Höhepunkte im Jahr 2022 oder "Live is Life", um es mit OPUS zu sagen.

"Here We Go Again", höre ich Coverdales David dezent in meinem Hinterköpfchen krächzen! Was für ein Jahr!

Die Deutschen wurden am Jahresende 2021 und zu Beginn 2022 trotz Impfung und allem Masken-, Regel-, Fernunterrichts-, Kleingruppen- et cetera- und Lockdown-Pi-Pa-Po erst einmal so richtig von Corona ge…, ähem…-beutelt. Meine Frau und mich erwischte es Anfang Februar, was sich ziemlich drastisch auf unseren Fernsehkonsum der Winter-Olympiade in Bejing und erfreulicherweise auch auf meine Schreibtätigkeit für POWERMETAL.de auswirkte.

Der nächste markante Tiefschlag war (und ist leider immer noch) der russische Überfall auf die Ukraine, befohlen von einem verwirrten, irren, ewig gestrigen, machtgeilen, gewissenlosen und bösen Despoten, der auf seine eigene Bevölkerung pfeift und nicht nur die Ukraine, sondern vor allem auch die russische Jugend verheizt, um endlich mal so einen richtig schönen, blutig-hässlichen, menschenverachtenden Angriffskrieg führen zu können, der einfach in den Lebenslauf eines jeden klassischen Diktators gehört, der etwas auf sich hält. Das ist meine persönliche, sarkastisch formulierte Meinung, die in einem Kurzüberblick zum Jahresgeschehen hier hingehört. Das soll es zu diesem Thema dann aber auch schon sein.

Zu Beginn der Faschingsferien fuhren Rüdiger Stehle und ich, quasi als süddeutsche Abordnung, gemeinsam zu einem Redaktionstreffen in die niedersächsischen Wastelands. Neben lustigem Kennenlernen von einigen werten Kollegen stand der Beschluss der Umwandlung in einen und die Neugründung des Vereins Powermetal.de an. Nach der gerade überstandenen Corona-Erkrankung war ich zwar schon alleine durch die Autofahrt ziemlich platt, genoss das Wochenende und die Gesellschaft der Mitstreiter jedoch in vollen Zügen. Ich erinnere mich sehr gerne an den nächtlichen Spaziergang zu unserer Pension mit Ben; Wieder von A nach B gehen zu können, war für mich erst eine Woche nach Ende meiner Quarantäne immer noch ein ziemliches Highlight. Schon Anfang Oktober fuhren Rüdiger und ich erneut im Namen von PM.de los: Diesmal, um der endgültigen Gründung unseres Vereins in Marburg beizuwohnen, die von Raphael Päebst bestens organisiert wurde.  Von diesem Wochenende bleiben mir neben diversen zu leistenden Unterschriften und der sehr angenehmen Tagung unter Leitung des neuen 1. Vorsitzenden Marcel Rapp vor allem die allerliebsten Jugendzentrums-Toiletten und der, in erster Linie für die Teilnehmer aus den niedersächsischen Wastelands, feuchtfröhliche Abend in der Marburger Oberstadt im Gedächtnis.

Und sonst? Im Kino dominierte Tom "Zahnweiß" Cruise mit "Top Gun – Maverick" die Box-Office-Ergebnisse (über 718 Millionen Dollar alleine in den USA, mehr als international! Die spinnen echt, die Amis!), jedenfalls bis James Cameron zehn Tage vor Weihnachten seine blauen Riesen in "Avatar 2 – Way Of The Water" nach 13 Jahren erneut vom Stapel laufen ließ. Für viele TV-Junkies und Streamer flimmerte das Jahres-Highlight von Ende Mai bis Anfang Juli erstmals über den heimischen Flachbildschirm: Die vierte Staffel von "Stranger Things" wurde endlich gesendet und begeisterte die seit drei Jahren wartenden Fans überwiegend restlos. KATE BUSH und METALLICA erfreuten sich als Zugpferde des Soundtracks durch die plötzlich über sie hereinbrechende neue Massenpopularität zudem an, im letztendlichen Ausmaß unerwarteten, kommerziellen Zugewinnen. Wie die Dame aus England können die Helden von METALLICA dabei über die Art und Weise und die Qualität der Verwendung ihrer Musik, im Falle von James Hetfield & Co von "Master Of Puppets", in "Stranger Things 4", hochzufrieden sein: Das waren dieses Jahr für mich die besten dreieinhalb Minuten Fernsehen seit vielen, vielen Jahren. Ich hatte zigmal feuchte Äuglein, Youtube machte es möglich. Großartig!

Das zweite riesige TV-Highlight kam für mich und viele andere Ende Oktober, in der Höhe der Streamingquoten ebenfalls unerwartet, in Gestalt von "Wednesday". Tim Burton gab im Regiestuhl und vor allem als Produzent alles! Mit einem tollen Schauspielerensemble sowie einer grandiosen Hauptdarstellerin, Jenna Ortega, die sich momentan mit ihrem über Nacht gekommenen Superstar-Status wahrscheinlich erst einmal zurechtfinden muss, lässt der für seinen dunkel-morbiden Gothic-Style bekannte Burton die berühmte "Addams-Family" zeitgemäß wieder aufleben. Selten bis nicht konnte man dieses Jahr Unterhaltsameres, und mit mehr Herzblut Produziertes streamen.

Ab April ebbten meine in beiden Vorjahren exorbitant angewachsenen Tonträgerkäufe allmählich ab, um schließlich von Mitte Juni bis zum Ende des Jahres hin fast zu versiegen. Der Grund ist schnell, einfach und mit einem breiten Grinsen auf den Lippen erklärt: Es fanden wieder in rauher Menge Konzerte statt, für die ich mein Geld ausgeben konnte. Die Karten hatten sich in den letzten zweieinhalb Jahren angesammelt und wurden nun quasi regelrecht "abgearbeitet".

Im übertragenen Sinne war der extrem heiße Sommer konzertmäßig für mich so rund und üppig, wie die meist rot-weiße Vorder- und Rückseite der "Miss Croatia", Ivana Knöll, die sich bei jedem Spiel der Fußball-Nationalmannschaft von Kroatien bei der Fußball-Weltmeisterschaft in ihren Landesfarben, mehr oder weniger bekleidet, von ihren besten Seiten zeigte, und dies mitten im Winter. Gut, dass die WM in Katar stattfand, sonst hätte sie womöglich frieren müssen!

Ich schwelgte also ab Ende Mai geradezu dekadent in wunderbaren, oftmals sehr guten Live-Darbietungen von UDO LINDENBERG, KISS, RAMMSTEIN, IRON MAIDEN, THE LORDS OF STEEL, ROSE TATTOO und einigen mehr.
Zwischendurch verstarb dann leider die Queen. (Durfte sie das überhaupt laut Protokoll? Sie war schließlich mein ganzes Leben lang immer irgendwie "da"?). Doch schon am nächsten Tag ging es für meine Frau und mich bei ED SHEERAN in München weiter. Weitere tolle Konzerte gaben auch THE CURE, PARKWAY DRIVE, PAUL DI ANNO sowie HELLOWEEN und ARCH ENEMY. Meine Top-5 der besten Gigs liest sich jedoch wie folgt:

1.    RIOT CITY – epochaler Totalabriss vor, bei 60 Leuten, ausverkauftem Haus!


2.    GREEN DAY – Das war vielleicht geil, Mannomann! Stadion-(Punk)Rock mit Wahnsinns-Energie vom Allerfeinsten.


3.    GLACIER – Nächtlicher US – Metal, mit unbändiger Spielfreude, mitreißend vorgetragen.


4.    ALICE COOPER/MICHAEL MONROE – Legendär: Am 60. Geburtstag von Matti Fagerholm. Party pur! Liebe Grüße in die Oberpfalz!


5.    TRUST – Ja, meine französischen Alltime-Helden Bernie und Nono können es mit ihrer jungen Mannschaft immer noch!

An dieser Stelle möchte ich meinem Wunsch Ausdruck verleihen, dass es mit dem KIT-Rising-Festival in Würzburg oder Umgebung über Corona hinaus weitergehen möge. Bei der stets erreichten Brillanz eines Festivals von Fans für Fans ist für die treuen Besucher Platz für zwei KEEP IT TRUE-Veranstaltungen in einem Jahr.

Ich komme nun zum Herzstück dieses Jahresberichts und widme mich daher ab dieser Zeile ausschließlich der "Musik aus der Konserve". Weil ich die Scheibe erst im neuen Jahr erstmals hörte, bekommt "A Paranormal Evening With The Moonflower Society" von AVANTASIA eine "honorable mention" der Jury (…also von mir!). Was ich da, beim Schreiben dieser Zeilen erst zum dritten Mal zu hören bekomme, gefällt mir ausgesprochen gut!

Bei der Erstellung meiner Jahresbestenliste benötige ich für potentielle Kandidaten immer einige Hördurchgänge und achte außerdem auf mein Bedürfnis, die Musik neben meiner Arbeit für PM.de auch genussvoll zu hören. Tobi S. mit seiner internationalen Truppe schafft es daher wegen der Kurzfristigkeit trotz positivem Erstkontakt leider nicht mehr in meine Liste. Das gilt ebenfalls für die nachfolgend aufgelisteten 20 Alben, die ich zwar einige Male gehört habe, jedoch eben nicht ganz so häufig, wie die 20 Tonträger, die ich in kleinen Textabschnitten würdigen werde:

-    STRYPER – The Final Battle
-    THEM – Fear City
-    QUEENSRYCHE – Digital Noise Alliance
-    THE FLATLINERS – New Ruin
-    PARKWAY DRIVE – Darker Still
-    XENTRIX – Seven Words
-    EVERGREY – A Heartless Portrait (The Orphean Testament)
-    IRDORATH – Götterdämmerung MMXXII
-    IRONHAWK – Ritual Of The Warpath
-    RATOS DE PORAO – Necropolitica
-    RED HOT CHILI PEPPERS – Unlimited Love
-    MARILLION – An Hour Before It’s Dark
-    SAXON – Carpe Diem
-    SKULL FIST – Paid In Full
-    THE LINDA LINDAS – Growing Up
-    DEF LEPPARD – Diamond Star Halos
-    MICHAEL SCHENKER MSG – Immortal
-    UDO DIRKSCHNEIDER – My Way
-    SMITH/KOTZEN – Better Days…And Nights
-    IRON KINGDOM – The Blood Of Creation

Seit dem 31. Dezember sind wir auch wieder tot, zumindest Joseph Aloisius Ratzinger alias Benedikt XVI. Damit ist das Jahr 2022 endgültig und unwiderruflich abgeschlossen. Ich kann mich nun also guten Gewissens ins Schwadronieren über meine liebsten Alben des vergangenen Jahres stürzen:

Auf Platz 20 geht es gleich einmal mit einer echten Überraschung los: Timo goes Deathcore! Yes, Babies! Mutete mir LORNA SHORE beim Konzert mit PARKWAY DRIVE noch ziemlich, nun ja, monströs, an, so saugte mich danach der aktuelle Longplayer "Pain Remains" regelrecht auf. Die symphonische Wucht, durchbrochen von heftigsten Metal-Gewittern und gestützt durch die wahnhaft-außerirdische Raubtierstimme von Will Ramos, erzeugt eine musikalische Droge, von der man nur schwer wieder die Finger beziehungsweise die Ohren lassen kann, selbst wenn man es vor dem Erstkontakt nicht für möglich gehalten hätte.

 

Manchmal glaube ich, man würde in Frankreich produzierte Musik auch erkennen, wenn nicht französisch gesungen würde. Diese eigentümliche gutgelaunte Melancholie und der verspielte Umgang mit Backgroundstimmen sowie die chansonhafte Musikalität innerhalb so ziemlich jeder Stilistik, zieht sich scheinbar durch wirklich jedes französische Musikstück. Dies gilt auch für eine meiner seit den frühen 90er Jahren liebsten Bands, die legendären 80er-Hardrocker von TRUST auf meinem Platz 19. Seit 2018 haben die alten Haudegen BERNIE BONVOISIN und NORBERT "NONO" KRIEF nach vorhergegangener, circa zehnjähriger Durststrecke bereits wieder drei beachtenswerte Alben mit einer jungen Begleitmannschaft vorgelegt. Wie auch die Vorgänger "Dans Le Meme Sang" und "Fils De Lutte", zeigt sich das aktuelle Studiowerk "Propaganda" relativ ruhig, nachdenklich, aber auch warm-wohlklingend rockig bei wunderbarem Sound. Dabei gefällt mir vor allem die Stimme von Bernie, der mittlerweile sehr viel besser, weil klangvoller, singt, als dies früher der Fall war.

 

BLIND ILLUSION ist eines dieser alten, herrlich funkelnden Thrash-Juwelen, die man über die Jahre beim KIT- Festival entdecken kann. Ich durfte sie bereits ein zweites Mal beim Stormcrusher-Festival 2019 live erleben und war auch dort von der umtriebigen, rumpelstilzchenhaften Bühnenaction und Spielfreude von Marc Biedermann und seinen Mannen fasziniert. Diese Bewunderung empfinde ich ebenfalls für das neue Studiowerk "Wrath Of The Gods", das sich immerhin auf meinen Platz 18 rotierte beziehungsweise streamte.

 

Ja, die Belgier! Lustiges Bier und lustige Leute. Letzteres gilt auch für die Jungs von EVIL INVADERS, die mir livehaftig einen sehr sympathischen Eindruck machten. Ihr ambitioniertes, nach meinem Dafürhalten etwas heavy metallischer denn thrashig ausgerichtetes neues Album "Shattering Reflection" schaffte es in meiner Jahresliste aufgrund des wiederholten Einsatzes als Arbeits-Hintergundmusik in meinem Gartenschuppen auf Platz 17. Dabei spielte vor allem die Halb-Ballade 'In Deepest Black' eine wichtige Rolle, die häufig nach erneutem Auflegen verlangte und zudem in diversen Playlisten eingesetzt wurde.

 

Womit ich schon zu den Kanadiern von RIOT CITY komme, denen Platz 16 gehört. Wie ihr bereits wisst, haben jene dieses Jahr meine Live-Wertung gewonnen, tatsächlich mit einigem Abstand vor GREEN DAY, weil sie das Hinterzimmer der Zille in Göppingen regelrecht abheben ließen. Dieser Abend war völlig überraschend, weil in jener elementaren Wucht unerwartet, ein einziger livehaftiger Heavy Metal-Rausch! Das neue Album ist nur unwesentlich weniger großartig geraten und findet immer noch regelmäßig den Weg auf meinen Plattenteller.

 

Ich möchte hier einmal eine Lanze für ARCH ENEMY brechen: Ich persönlich finde seit geraumer Zeit, dass dieser Band von der medialen, vor allem schreibenden Zunft doch relativ häufig Unrecht getan wird: Oftmals wird bei neuen Alben der Band das Vorgehen nach von AE bereits bekannten kompositorischen Stickmustern bemängelt. Im selben Schreibvorgang prangern die Verfasser dann meist die immer stärker werdende Kommerzialität, weil Melodiosität und latente Poppigkeit an, um dann anzumerken, dass stimmlich mit Angela Gossow doch alles besser war. Leute! So eine widersprüchliche, ignorante Grütze! Schon mal was von "Weiterentwicklung" gehört? Ich für meinen Teil gebe zu Protokoll, dass ich das neue Album wieder sehr gerne und häufig konsumiert habe und „Deceivers“ in der Tat stärker als das Vorgängeralbum "Will To Power" finde, weshalb es auch auf Platz 15 in meiner Liste gelandet ist.

 

"Boah, wat´ne Band!", um einen alten Werbespruch zu Gammelfleisch-Wurst für Platz 14 meiner Liste etwas zweckzuentfremden. AMORPHIS schafft seit einiger Zeit nicht mehr nur Musik, sondern tiefschürfende und vielschichtige Kunstwerke. Ich muss gestehen, dass mich beim Nebenherhören das mulmige Gefühl überkommt, dass ich "Halo" für seine unglaubliche Qualität eigentlich viel zu selten gehört habe. Hier ist jedes Lied ein Anspieltipp, vor allem 'On The Dark Waters' hatte es mir angetan.

 

Ihr solltet euch beim Lesen jetzt am besten nebenher einen waschechten Oktoberfest-Blasmusik-Tusch abspielen. Die Münchener DIY-Melodic-Punkrocker von SCREED haben es allen Ernstes auf Platz 13 geschafft. Weshalb, dürft ihr gerne in meinem noch relativ frischen Review nachlesen.

 

Auf Platz 12 wird es altehrwürdig mit "Hannovers Finest". Im Studio zum ersten Mal verstärkt durch Mikkey "Ich mach alles (Spässle!)" Dee, schaffen es Schenker, Meine, Jabs und Pawel Maciwoda relativ mühelos, über weite Strecken an die glorreiche Zeit der Band am Ende der 70er, beziehungsweise von Beginn bis Mitte der 80er Jahre, anzuknüpfen. Die knackige, melodieverhaftete Leichtigkeit mit harsch-trockener Durchschlagskraft der fulminant rockenden Gitarren gepaart, war und ist das wichtigste Kennzeichen der Musik einer von zwei deutschen Bands, die es in den weltweiten Rockolymp geschafft haben. Schön, dass die SCORPIONS das auf "Rock Believer" in dieser Qualität noch einmal im Studio hinbekommen konnten.

 

An dieser Stelle erst einmal alles Gute im neuen Jahr und allerbeste Genesungswünsche an DANNY BOWES, den Sänger von THUNDER! Danny kämpft sich mit Hilfe seiner Band und auch der dankenswerten finanziellen Unterstützung seiner Fans nach einer sehr ernsten Kopfverletzung seit Anfang August 2022 wieder zurück ins Leben und auf die Bühne. Die letzten gutgelaunten Socialmedia-Postings von Danny im Kreise der Band erleichtern die Anhänger von THUNDER doch ungemein. Das im Frühjahr veröffentlichte, wieder einmal tolle Album "Dopamine" lief, aus welchen Gründen auch immer, sehr viel häufiger als der ebenfalls sehr gute Vorgänger "All The Right Noises" bei mir, für den es im Vorjahr 2021 nicht einmal in die "…hätten es fast geschafft…"-Nennungen reichte. Der erdig-warme, teils soulige Hardrock der Briten erreichte letztes Jahr also meinen, fast undankbaren, elften Platz.

 

Meine Frau und ich weilten gerade im Sommerurlaub in Kroatien, als mir via WhatsApp ein Album-Link von Kollege Ledl  zugeroamt wurde: "Le Diademe D’argent" von SACRAL NIGHT. Was soll ich sagen, Mahoni traf damit voll ins Schwarze meiner metallischen Seele. Trotz gleißenden Sonnenscheins und Bruthitze hörte ich ab diesem Zeitpunkt des Öfteren beim Planschen und Sonnen die düster-einnehmende, in der Tat mitunter sakral klingende Metallmusik der Franzosen. Dabei wird die Basis von herkömmlichem Powermetal gebildet, der jedoch durch die symphonische Ausrichtung eigenständig, frisch und, für mich zumindest, neuartig klingt. Vergleiche mit AVATASIA oder NIGHTWISH und deren Nachahmern funktionieren nicht, da SACRAL NIGHT eine wesentlich düsterere, und ja, wirklich getreu ihrem Namen, sakrale Melodieführung und Klangfarbe erschaffen, die ich in dieser Art noch nicht von einer Powermetal-Band gehört habe. "Das silberne Stirnband" hat es zu Recht auf Platz 10 meiner Top 10 im Jahr 2022 geschafft.

 

Auf Platz 9 befindet sich das höchsteingestiegene Debutalbum dieses Jahres. Demnach sind die schwedischen Melodic Deathmetaller von ELDPROV in dieser Konsequenz natürlich auch mein Newcomer des Jahres geworden. Bitte lest hierzu gerne das von mir verfasste Review.

 

Besondere Freude macht es mir, euch auf Platz 8 den unkaputtbaren Matti Fagerholm aka Michael Monroe, scheinbar mit seinem Lebensmotto als Albumtitel, zu präsentieren: "I Live Too Fast To Die Young". Es läuft für den alten Finnen bei mir: Zwei Platzierungen, sowohl als Live-Act, wie auch in den Top 10. Hierzu habe ich ebenfalls bereits ein, hoffentlich kurzweiliges, Review geschrieben. Viel Spaß damit!

 

Für das nächste Album einer mir sehr am Herzen liegenden Truppe existiert auch schon ein Review von mir: "Le Demon De L'Amour" von THE NEPTUNE POWER FEDERATION hat es aufgrund zahlloser Durchläufe vor allem des ersten und der letzten beiden Lieder auf Platz 7 in meiner Liste geschafft. Zudem heimste die Australierin mit ihren Bandgenossen meinen "Award", also die Nennung in meiner Jahresbesten-Liste für das tollste Artwork eines Albums ein. Herzlichen Glückwunsch an Bandleader Inverted CruciFox himself, der das Bild selbst gezeichnet hat! Ich gratuliere aber gleich nochmals, nämlich zum Titel "Timos Song des Jahres". Dieser geht an 'We, Beasts Of The Night', weil in dessen Todesjahr niemand derart herzergreifend schön und angemessen MEAT LOAF und seinem Schaffen gehuldigt hat, auch wenn der Song wahrscheinlich schon vorher aufgenommen wurde.

 

Hossa, und nach dieser Absahnerei von TNPF gibt es gleich nochmals eine Premiere in meiner Liste: nämlich das erste DESTRUCTION-Album, das ich physisch mein Eigentum nenne! Und "Diabolical" hat es aufgrund zeitweiliger Dauernutzung als beruhigende Hintergrundmusik beim Autofahren gleich enorm weit nach vorne auf Platz 6 geschafft. Trotz neuer Besetzung liefern Schmier und Konsorten standesgemäß und ohne Eingewöhnungsschwierigkeiten genau das ab, was man von DESTRUCTION erwartet: brechharten mit durchaus filigranen Riffs und Soli gewürzten, teils ordentlich Tempo aufnehmenden Thrashmetal!

 

Ich liebe RAMMSTEIN! Aus ganz, ganz vielen Gründen, die aufzuzählen in diesem kurzen Abschnitt einfach zu viel Platz wegnehmen und außerdem auch zu weit weg vom eigentlichen Thema führen würde, nämlich dem aktuellen, quasi noch neuen Album "Zeit".  Mit diesen personellen Überbleibseln von FEELING B ist übrigens die zweite Band "Made in Germany", die es in den internationalen Rockolymp geschafft hat, in meinen letztjährigen Top-20 neben den SCORPIONS auch noch vertreten. Die ganzheitlich betrachtet perfekteste und kompletteste deutsche Band hat wieder in Bestform voll abgeliefert: Tolle Songs, neben typischen RAMMSTEIN-Inhalten wie in 'OK' und 'Dicke Titten' sogar unerwartete oder neue, auf typische Art und Weise in den Texten aufbereitete Themen wie zum Beispiel Vergänglichkeit, Schönheitschirurgie und Abschied, sowie wunderbar anzuschauende Kunstwerke in Form von einzigartigen Musikvideos, und das alles innerhalb von zweieinhalb Jahren seit der Veröffentlichung des letzten, selbstbetitelten Albums! Das ist eigentlich mittlerweile sensationell zeitnah für die Herren Landers, Kruspe, Lindemann, Lorenz, Riedel und Schneider. Ein Schelm, wer da an Corona denken muss! Mein persönlicher Ultra-Hit, der wirklich zahllose Male in meinem Gartenschuppen und im Auto lief, ist 'Lügen'. Dieser belegte nur ganz knapp den zweiten Platz in meiner Liste der besten Songs des Jahres. Für das gesamte Album "Zeit" reichte es in meinen Top 20 für Platz 5.

 

Timo goes Deathcore, Teil 2! Ein Geständnis ist an dieser Stelle angebracht: Eigentlich handelt es sich bei "Erebos" von VENOM PRISON um mein meistgehörtes Album im letzten Jahr, da ich zunächst sehr viele Durchläufe brauchte, um mich an die Stilistik anzunähern und mit diesem inhaltlich, atmosphärisch und musikalisch echt „schweren Brocken“ klar zu kommen. Als es dann bei mir "geschnackelt" hatte, wurde ich das Teil ungelogen für einige Wochen nach Veröffentlichung meines Reviews (Bitte gerne lesen!) nicht mehr richtig los. Das Album lief ständig im Auto und auf Kopfhörer, schließlich bestellte ich mir tatsächlich noch die LP. Der Song 'Pain Of Oizys' hat in der dieses Jahr bei mir hart umkämpften Bestenliste der Songs sogar den 3. Platz belegt. Das von Eliran Kantor gemalte Cover, das einen nach etwas überlegender Betrachtung mit seiner Ausdrucksstärke emotional von den Füßen holen kann, war mein zweiter Platz für das Coverartwork des Jahres. Letztendlich landete "Erebos" in meinen Top-20 doch "nur" auf Platz 4, weil ich schließlich geschmackliche Präferenzen geltend machen musste.

 

Megadave hat es geschafft! Das neue Album seiner Kapelle, mit coronösem Gedenk-Titel "The  Sick, The Dying…And The Dead!" versehen, konnte sich auf meinen Platz 3 thrashen. Dabei begann mein Hörgenuss bereits Monate vorher, weil MEGADETH drei Lieder vorab veröffentlichte. Wenn ich mich nicht irre, waren das 'Night Stalkers', 'Soldier On!' und 'We'll Be Back'.  Alle drei waren absolute Volltreffer auf meiner Geschmacks-Skala und ich sabberte ab diesem Zeitpunkt schon nur bei Nennung des Bandnamens wie ein Pavlovscher Hund. Das vollständige Album bot mir dann mit dem Titelsong, 'Celebutante', zwei geilen Coverversionen (Dead Kennedys 'Police Truck', Sammy Hagar 'This Planet’s On Fire') und vor allem dem epischen 'Mission To Mars' weiteren Brennstoff für die Flamme meiner Begeisterung. Aber auch der Rest des Albums ist gut hörbar, was im Spätsommer zur Dauernutzung im Auto führte.

 

Oh Yeah! Metal Ladies, legt eure gusseisernen Tops an, Gentlemen, holt euren stählernen Lendenschurz aus dem Schrank und streift euch euren Kissenüberzug über die Birne: Hier kommen auf Platz 2 die Kapuzen-Krieger von SAVAGE MASTER samt ihrer Herrin und jagen euch mit markerschütternden Hymnen, die Fiste, äh, Fäuste raisend, durch die Nacht! Dazu müsst ihr selbstverständlich stilecht angezogen sein, die Kutte, `ne olle Spandex-Buchse, weiße Turnschuhe und eine geöffnete Bierdose in der Hand tun es zur Not aber auch noch gerade so. Ihr denkt es euch sicher schon beim Lesen: Mit dieser Scheibe hatte ich sehr viel Spaß! Oh ja, die Band rund um Stacey Savage hat für mein Empfinden ihr eingängigstes und packendstes Werk abgeliefert. Überall groovt der rock 'n' rollige Charme durch die Metalriffs, Stacey singt zwar meist etwas tiefer als zuvor, aber dennoch so leidenschaftlich wie eh und je und Songperlen wie die fast poppige Metal-Granate 'Hunt At Night' und das bei mir Gänsehaut erzeugende 'Rain Of Tears' sind nur Sahnehäubchen auf einem mich durch die Bank begeisternden, traditionellen Heavy-Metal-Album. Hört auch unbedingt in 'The Hangmans Tree' und 'Queen Satan' rein! "Those, Who Hunt At Night" klingt außerdem soundmäßig endlich mal richtig gut! Aber keine Angst: Es rumpelt schon noch ordentlich.

 

Vor dem Höhepunkt decke ich noch kurz die Kehrseite der Medaille auf: Trotz einiger Durchläufe schafften es Mille und mit ihm KREATOR mit "Hate Über Alles" nicht, mich zum Ausflippen zu bringen. Dabei kann ich gar nicht genau begründen, weshalb das so war. Irgendwie blieb keines der Lieder so richtig in meinem Musikgedächtnis hängen. Vielleicht lag es auch daran, dass ich letztes Jahr einiges an für mich Neuem entdeckte, mein Köpfchen schlichtweg damit überfordert war und KREATOR vermutlich dann einfach rausgeworfen hat? Jedenfalls hört meine Album-Enttäuschung des Jahres 2022 auf den Titel "Hate Über Alles".

 

Der 1. Platz gehört bei mir dieses Jahr uneingeschränkt einer durchgeknallten Truppe, die aus im Orange County lebenden Mexikanern besteht, welche inzwischen von atomarem Feuer angetrieben werden. Diese ließen mich im Frühjahr vor allem mit ihrer fiebrigen Blechbläser-Sektion völlig durchdrehen. 8 KALACAS hat sich mit Leib und Seele dem Ska-Core und seiner Quasi-Neuschöpfung, dem Ska-Metal verschrieben. Der Kreis zum Verständnis schließt sich für dich, lieber Leser, mit der Information, dass ich seit jeher Ska und Bläsersätze in Pop- und Rockmusik liebe. Daher hatte ich seit Jahren keine neue Platte mehr, die meine Begeisterung für Ska in dieser Form regelrecht in Brand gesteckt hat. Bis heute läuft "Fronteras" immer mal wieder bei mir und dann meist gleich vollständig oder sogar mehrmals hintereinander! Mit großer Freude und Genugtuung stellte ich bereits im Sommer bei einem Fest mit Freunden fest, dass diese geniale Musik auch von manch anderem inzwischen rege gehört wird. Jetzt habe ich euch hoffentlich ein letztes Mal so heiß gemacht, dass ihr auch dieses bereits bei PM.de vorliegende Review von mir noch lesen werdet.

Zu guter Letzt gilt es, den POWERMETAL.de-Artikel des Jahres 2022 zu küren. Das ist für mich aufgrund der einzigartigen, Socialmedia-geschwängerten Entstehungsweise die "Gruppentherapie: METALLICA – Lux Aeterna", die von Tobias Dahs zusammengestellt wurde. Nerdiger, fanatischer und positiver bekloppt geht es im Hobby-Musikjournalismus wohl kaum, als Texte über die Qualität einzelner Lieder gemeinschaftlich mit 13 Teilnehmern zu erarbeiten.

Liebe Grüße und vielen Dank fürs Lesen!

"Bow to no one off your knees!" (VENOM PRISON in 'Pain Of Oizys')

 

Rang

Band Album
01. 8 KALACAS
Fronteras
02. SAVAGE MASTER
Those, Who Hunt At Night
03. MEGADETH
The Sick, The Dying...And The Dead
04. VENOM PRISON
Erebos
05. RAMMSTEIN
Zeit
06. DESTRUCTION
Diabolical
07. THE NEPTUNE POWER FEDERATION
The Demon De L'Amour
08. MICHAEL MONROE
I Live Too fast To Die Young
09. ELDPROV
Rift
10. SACRAL NIGHT
Le Diademe D'Argent
11. THUNDER
Dopamine
12. SCORPIONS
Rock Believer
13. SCREED
What Have We All Become
14. AMORPHIS
Halo
15. ARCH ENEMY
Deceivers
16. RIOT CITY
Electric Elite
17. EVIL INVADERS
Shattering Reflection
18. BLIND ILLUSION
Wrath Of The Gods
19. TRUST
Propaganda
20. LORNA SHORE
Pain Remains

 

Redakteur:
Timo Reiser
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