Perlen der Redaktion: Timo Reisers Highlights 2020
07.02.2021 | 21:45Meine persönlichen musikalischen Höhepunkte im Jahr 2020 oder "Ich liebe den Geruch von Desinfektionsmittel am Morgen!"
Eine der ersten Erinnerungen, die mir an das letzte Jahr in den Sinn kommen, ist tatsächlich die erste Autofahrt zum Präsenzunterricht der 9. Klasse nach dem totalen Lockdown, irgendwann Anfang Mai, wenn mich nicht alles täuscht: Nach knapp zwei Monaten Isolation mit einem seltsamen Gefühl im Bauch, fuhr ich von MONSTER MAGNETs 'Last Patrol' angetrieben den Berg zu meiner Schule hinauf. Der drückende Sound von Dave Wyndorf und seinen Mitstreitern half mir dabei, beschwingt eine Parklücke auf dem großen, aber wie üblich überfüllten offentlichen Parkplatz vor unserer Schule zu finden (Gedanken-Memo: "Es ist Lockdown! Warum zum Henker, ist der be%§&%$&ene Parkplatz voll!?!?"). Beim Hinaufsteigen der Treppen fummelte ich, 'Last Patrol' summend, hektisch eine Stoffmaske auf mein Gesicht. Oben angekommen drückte ich die Tür auf, und da strömte er mir bereits wolkenartig entgegen, der wunderbare Geruch von bestem Hand-Desinfektionsmittel! An mindestens zwei Spendern dieser edlen Flüssigkeit musste ich auf dem Weg zum Klassenzimmer vorbei. Was mich zusätzlich darauf konditionierte, bei jeder Gelegenheit von den Dingern Gebrauch zu machen, war der herrlich klackernde Klang, wenn man mit der Hand ordentlich draufschlägt! Da könnte ich mir direkt einen gepflegten Tic züchten, so toll finde ich das Zeug!
Und sonst? Während des Lockdowns? Neben Lernpäckchen herrichten, Videokonferenzen, Telefonaten und Email-Korrespondenz mit Schülern, Eltern und Kollegen sowie vielfältigen Schreibarbeiten, bekamen neben meiner Gattin natürlich Hund und Garten erheblich mehr Aufmerksamkeit, als noch im Jahr zuvor. Ich entdeckte unseren Geräteschuppen neu, werkelte dort ordentlich innen und außen herum und installierte schließlich, wie ich es schon lange vorhatte, eine Mini-Anlage. Darauf erklangen zunächst diverse Bestellungen von einem Donzdorfer Label-Versand, die mir DHL vor der Haustür abstellte. Vor allem die kompletten Back-Kataloge von MONSTER MAGNET (siehe oben), PARADISE LOST und NILE wurden mir neben der einen oder anderen Neuveröffentlichung und diversen Re-Releases geliefert; musikalisches Methadon als Ersatz für die vielen ausfallenden Konzerte und Festivals! Tipp an dieser Stelle: Es hat etwas sehr Befreiendes, Reinigendes, NILE samstagnachmittags im sonnenüberfluteten Garten ordentlich aufzudrehen, nur manchmal sanft störend übertönt vom mehr oder weniger harmonischen Familienlärm aus den umliegenden Gärten!
Anfang Juni fand dann, sogleich als es erlaubt wurde, ein erfrischend heiteres Metal-Schuppen-Eröffnungs-Fest statt, bei dem wir zu zehnt mit reichlich Abstand und vor Freude strahlenden Gesichtern auf unseren Stühlen saßen, Musik hörten und selig quatschten, froh darüber, endlich einmal wieder andere Menschen persönlich zu treffen. Während dieses Festes ermunterte und motivierte mich der hoch geschätzte Kollege Mahoni Ledl mit seiner fantastischen Begeisterungsfähigkeit erneut (genauer: zum dritten Mal...), meine Hobby-Schreiberei mit Hilfe von Powermetal.de etwas strukturierter, ambitionierter und letzten Endes für mehr Leser anzugehen. Gesagt, getan, ab diesem Zeitpunkt arbeitete ich konsequent an meiner Bewerbung, die schlussendlich dazu führte, dass ich jetzt für euch hier schreibe; für mich sicherlich eines der ganz persönlichen Highlights des Jahres! An diesem Tag Anfang Juni erfreute uns im Schuppen wahrscheinlich auch die eine oder andere der nun folgenden musikalischen Perlen, sofern sie zum Zeitpunkt des Festes schon veröffentlicht war.
Ich entschloss mich relativ spät dazu, neben dem Ausfüllen der Jahrespoll-Liste ebenfalls einen "Perlen"-Artikel zu verfassen, da ich zunächst annahm, zu wenige Neuerscheinungen erworben und vor allem gehört zu haben, um den 20 Listenplätzen gerecht werden zu können. Aber weit gefehlt, ich war sehr verblüfft, als ich meinen Platten- und CD-Schrank sichtete: Die sich mir dort darbietende Anzahl der im Jahr 2020 erschienenen Tonträger, zuweilen noch dazu äußerst exquisite Exemplare, war dann doch mehr als ausreichend!
Um es gleich vorwegzunehmen, weil ich sonst platze und das unbedingt vermeiden will:
Überstrahlt wurde das musikalische Jahr für mich von einer meiner absoluten Lieblingsstimmen, genauer gesagt der fabulösen Sangeskunst von SAVIOUR MACHINEs nebenbei auf Solopfaden wandelndem Wunderorgan ERIC CLAYTON. Seit 2018 ist dieser wieder live unterwegs, firmierend unter ERIC CLAYTON & THE NINE. Das Album, das er mit seinen niederländischen Mitstreitern, den "Nine" Twan Bakker (Schlagzeug), Rob Dokter (Bass), Bas Albersen (Gitarre), Ludo Caanen (Keyboard) und Jeroen Geerts (Gitarre) sowie diversen Gästen, unter anderem seinem Bruder Jeff Clayton aufgenommen hat, heißt "A Thousand Scars" und hat textlich Erics persönlichen Lebensweg zum Inhalt, der vor allem in den letzten circa 20 Jahren sehr wechselhaft und zeitweise geradezu dramatisch verlief. Auf dem Album finden sich diverse Genres - neben an das SAVIOUR MACHINE-Klangbild angelehnten, modern produzierten Gothic-Metal-Stücken wie 'Revelation Mine' oder 'Initiated' ertönen zum Beispiel einige etwas souligere Nummern ('The Space Between Us', 'Chasing Monsters', 'A Man's Heart', 'American Whore'), aber auch treibende düster-poppige Klänge ('In The Lines', 'New Man') bereichern die stilistische Melange der 15 Stücke des knapp 79-minütigen Albums. Die instrumentalen Arrangements mit dem Klavier oder auch der Einsatz der Background- und Begleitstimmen von Angelina und Genia Lackey sind durchweg zum Niederknien großartig geraten, was das musikalische Endergebnis zusätzlich noch aufwertet. Zusätzlich, weil das überwiegend von Jeff und ERIC CLAYTON, aber auch von Musikern der "Nine" und Adam Pederson komponierte Songmaterial qualitativ schlichtweg völlig durch die Decke geht! Was für Lieder, was für ein Meisterwerk! Der Höhepunkt unter den Höhepunkten des Albums ist für mich aber ohne Frage der am Schluss stehende, wunderschöne Gospel (...ich stecke den Song jetzt einfach mal in diese Kategorie!) 'The Greatest Of These', der einem das Herz glühen und überlaufen lässt! Natürlich wird nicht nur dieses Lied, sondern das gesamte Album von der warmen Baritonstimme Claytons geprägt, an der ich mich nach wie vor kaum satt hören kann. Wenn jedoch dieser Song gegen Ende an dramatischem Ausdruck zunimmt, bekomme ich nach unzähligen Durchläufen und über zwölf Monate nach dem ersten Hören immer noch feuchte Äuglein und zentimeterdicke Gänsehaut! Niemand geringerer als Devon Graves von PSYCHOTIC WALTZ zeichnet für Produktion (zusammen mit ERIC CLAYTON), Aufnahme und Mixing verantwortlich! Das wäre in jedem Fall eine Erwähnung wert, muss dann jedoch auch von der Tatsache ergänzt werden, dass das gesamte Album ultra-fett, warm, transparent und insgesamt einfach unglaublich perfekt klingend aus den Boxen fließt! In den letzten Jahren habe ich da nur relativ wenig Vergleichbares in dieser ganz oben anzusiedelnden Güteklasse gehört. Auch wenn ich als Vorbesteller den Download bereits im November 2019 erhielt, höre ich das Album immer noch ab und an. Vor allem Ende August und im September lief es sehr oft, da in diesem Zeitraum endlich die herbeigesehnte Schallplatte vor der Tür wartete und eine im Online-Stream übertragene Release-Party zur Feier anstand. Diese letzten Bemerkungen sind auch für diejenigen bestimmt, die das Album erscheinungsmäßig bereits 2019 verortet hatten.
So, und nun blicken wir einmal nach weiter unten, zum "niederen Geschnetz"! Dieser unbedingt lediglich scherzhaft gemeinte Satz soll nur noch einmal den Stellenwert verdeutlichen, den "A Thousand Scars" von ERIC CLAYTON im letzten Jahr für mich hatte.
Unter den in meiner Poll-Liste hinter dieser Großtat aufgeführten 19 Plätzen erscheint nämlich ein hochkarätiges Album nach dem anderen. So liest man zum Beispiel den Namen ARMORED SAINT diesmal in meiner Liste, auch wenn ich bisher, man möge mir verzeihen, live und aus der Konserve nie sehr viel mit ihnen anfangen konnte. "Punching The Sky" hat es aber als Download auf mein Handy geschafft und somit auch vermehrt in meine Gehörgänge, was schlussendlich wohl den Ausschlag gegeben hat. Fazit in diesem Fall: Ich muss wohl einfach mehr ARMORED SAINT hören!
Nach der triumphalen livehaftigen Wiederauferstehung war ja relativ schnell klar, dass CIRITH UNGOL auch neues Songmaterial aufnehmen möchte und wird. Ich würde gewaltig lügen, käme die Behauptung über meine Lippen, dass ich CIRITH UNGOL immer gehört und vergöttert hätte. Doch nach zwei tollen Konzerten (KEEP IT TRUE 2017 und BANG YOUR HEAD 2019) legte ich mir neben den bereits vorhandenen alten Glanztaten auch noch die Neuveröffentlichungen zu und fand Gefallen daran. So gehört "Forever Black" ebenfalls zu meinen zwanzig besten Alben des letzten Jahres.
Relativ früh im Jahr begeisterte mich "MMXX" der SONS OF APOLLO, deren Scheibe mir vor allem wegen Billy Sheehan in die Hände fiel, den ich endgültig großartig finde, seit ich MR. BIG beim Rock Of Ages-Festival endlich einmal live erleben durfte. Der Rest der Mannschaft ist könnerisch natürlich ebenfalls über jeden Zweifel erhaben (Derek Sherinian, Jeff Scott Soto, Mike Portnoy, Ron "Bumblefoot" Thal). Dieser tolle Progressive Metal ist eigentlich ziemlich meine Wellenlänge, ich muss jedoch zugeben, dass ich sehr häufig am ersten Song 'Goodbye Divinity' hängenblieb, der enormes Suchtpotential für mich hat.
Von meinen für Powermetal.de rezensierten Alben kamen die wild rennende "Division Hades" der Franzosen LONEWOLF, sowie die "Nine Lives" der vortrefflich hardrockenden walisischen Frauenband HÄXAN auf die Liste. Die Chilenen DEMONIAC frästen sich mit virtuosem und ideenreichem Black-Thrash dermaßen tief in die Nerven meines Musikgeschmacks, dass es tatsächlich der dritte Platz wurde.
HIGH SPIRITS hatte ich 2012 einmal auf dem "ROCKHARD"-Festival gesehen, dennoch ist "Hard To Stop" das erste Album von ihnen, das mein Plattenregal von innen sehen darf! Ich erinnere mich an die eine oder andere sommerliche Stunde in und an meinem Gartenschuppen, während der mich diese Scheibe schwer begeisterte.
Nachdem ich mich in den letzten Jahren etwas mit BRUCE SPRINGSTEEN & THE E-STREET BAND beschäftigt hatte, ist ein Listenplatz für das prächtige neue Album "Letter To You" Ehrensache. Dennoch lechze ich, wie wahrscheinlich jeder, der ihn und diese Band einmal live gesehen hat, vor allem danach, dass der "Boss" nach der Pandemie LITTLE STEVEN & Co. alsbald wieder nach Europa übersetzen lässt, um mit den bis dahin so gut wie möglich durchgeimpften Publikumsmassen ein eventuell letztes Mal drei bis vier Stunden lang abzurocken, als gäbe es kein Morgen mehr!
Nun zu DOOL. Ein für mich seltsames Thema, zündete dieses im Vorfeld von der Musikpresse allerorten hochgelobte Album, mein erstes der Band, bei mir zunächst so überhaupt nicht. Ich empfand die Scheibe als zu unausgegoren dahintönend zwischen Alternative Rock, Postpunk und Rockmusik mit Frauenstimme. Aufgrund eines vermuteten Pressfehlers lief die Scheibe dann ein paarmal öfter, als ihr die Gunst, in der sie bei mir stand, eigentlich erlaubt hätte, und nach und nach zündeten die sich langsam ausbreitenden Rockteppiche der Band und die hypnotisierenden Melodien! Daher ist auch der Titel des Albums "Summerland" von DOOL hier zu lesen.
Was habe ich mich doch auf "Empire Of The Blind" von HEATHEN gefreut! Und gut ist es auch geworden, das Nachfolgewerk von "Evolution Of Chaos". Zehn Jahre hat es gedauert. Und wenn ich ehrlich bin ist der Listenplatz auch ein Stückchen weit meiner Freude über den Fakt zu verdanken, dass überhaupt noch einmal ein Album von den Jungs kam, denn so warm, wie mit dem damals wie ein Blitz aus heiterem Himmel in mich einschlagenden Vorgänger bin ich mit "Empire Of The Blind" noch nicht geworden, zu steril und konstruiert wirken viele Passagen. Aber die CD wird immer noch regelmäßig von mir eingelegt, das ist immer ein gutes Zeichen.
Die BURNING WITCHES sind für mich eine der erfrischendsten True-Metal-Entdeckungen der letzten Jahre. Klar fahren die fünf schicken Damen auf der Bühne im Vergleich zu vielen metallischen Neandertalern gewiss einige optische Bonuspunkte ein, die sie nicht von der Hand weisen können! Dennoch ist eines ganz genauso gewiss: Die erst seit 2015 gemeinsam musizierenden Eidgenossinnen mit der niederländischen Sängerin Laura Guldemond haben neben ihrem angenehmen femininen Äußeren auch Melodien, Hooklines und Songs zu bieten, für die einige männliche Musikerkollegen Kataloge von Verträgen mit dem Teufel abschließen würden! So ist die neue Platte "Dance With The Devil" abermals ein wunderbar rund durchlaufendes Stück Heavy Metal geworden, das häufig seinen Weg in eines meiner Abspielgeräte finden wird. Ein wenig fehlt mir momentan beim Hören jedoch immer noch die besondere, enthusiastisch vorgetragene und so herrlich leicht "Over the Top"-klingende, irre Stimmfärbung der ersten Sängerin Seraina Telli.
Nun sind wir in meinen Top 10 angekommen: Thin Lord, äh, Dead Lizzy, Mist..., DEAD LORD aus Schweden ist mittlerweile eine Hardrock-Band, auf deren Alben fieberhaft gewartet wird, so auch auf "Surrender". Nach dem letzten Album vor zwei Jahren kräuselte sich allerdings bei Anhängern der Band so mancher hard-rockende Schnauzbart besorgt, wenn es um die Erwartungen und Befürchtungen bezüglich der Qualität des nächsten Albums ging. Die musikalische Journaille konnte jedoch früh im Vorfeld der Veröffentlichung Entwarnung ausrufen, ebenso von der Fanbase wurde das neue Album schließlich wesentlich wohlwollender und einstimmiger angenommen, als noch der Vorgänger "In Ignorance We Trust". Die Songs sind insgesamt eingängiger und strahlen wieder vermehrt diesen einzigartigen "lizzyesken" Charme aus, den DEAD LORD mittels der Gesangsmelodien von Hakim Krim und der herrlichen Twin-Gitarren-Parts wunderbar zu erzeugen weiß.
Auf meinem neunten Platz hat sich wohl die am regelmäßigsten Alben produzierende Band der Gothic-Metal-Szene eingerichtet. PARADISE LOST ist für Viele der Begründer dieses Genres, besteht seit 1988 und hat seit 1990 wacker 16 Alben produziert. Das kann man in heutigen Zeiten durchaus als Veröffentlichungsrekord verbuchen! Leider schwankte die musikalische Ausrichtung und Qualität für meine Begriffe zwischendurch bemerkenswert, man versuchte manchmal vielleicht zu sehr, dem jeweiligen Zeitgeist gerecht zu werden. Seit 2012 sind die Alben wieder konstant gutklassig, wenn auch mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung, da denke ich vor allem an den Doom-Brocken "Medusa". Das neue Werk "Obsidian" schließt musikalisch tatsächlich ein Stück weit den Kreis zu den besten und erfolgreichsten Alben der Band, als da wären "Icon" und "Draconian Times". Damit ist PARADISE LOST momentan qualitativ ganz sicher "back in the game", leider kam live-businesstechnisch jetzt natürlich Corona dazwischen. Also Leute: Wenn der Zirkus vorbei ist, geht auf ein Konzert der Briten. Die Jungs haben sich das verdient.
THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA entdeckte ich im Jahr 2018, also relativ spät. Die Eingängigkeit der toll arrangierten, jederzeit melodieverliebten AOR-Rocksongs, immer mit einer sehr eigenen Schmissigkeit garniert, fand bei mir im worteigenen Sinne Gehör und einen neuen Käufer des Backkatalogs! Somit versteht es sich von selbst, dass das neue Album "Aeromantic" der mit nicht zu unterschätzenden Livequalitäten ausgestatteten Band mit dem tollen Namen ebenfalls in meinen Fundus (und auf Platz 8) wanderte. Darauf geht es eine Kleinigkeit rockiger als bisher zur Sache, ansonsten reißt die Band mit den genannten Trademarks jeden Fan tanzbarer, nicht zu harter melodischer Rockmusik mit. Tatsächlich findet sich auch auf diesem Album kein einziger Song, der einen ernsthaft die Skip-Taste suchen ließe.
Platz 7: WITCHWOOD aus Italien begeisterte mich beim "Hammer Of Doom"- Festival 2017 mit dem spritzigen, für die heutige Zeit unkonventionellen 70er-Rock auf der Stelle, obwohl diese sehr, nun ja, konservative, um nicht zu sagen, altmodische Interpretation von härterer Rockmusik der siebziger Jahre gewiss nicht grundsätzlich meine Sache ist. So purpelt und coopert es unter anderem wieder regelmäßig auf "Before The Winter", dezent versteckt oder auch mal direkt vernehmbar. Vor allem tullt es aber wieder heftig, häufig und absolut unwiderstehlich! Die fabelhafte Instrumentierung, der sich eine JETHRO TULL zitierende Band automatisch verschreibt (unter anderem Mandoline, Hammondorgeln, Flöten, Akkordeon, und so weiter), versteht sich von selbst, ebenso der automatisch damit einhergehende große Anspruch der Musik. Ich kann diesem richtig guten Album mit der kurzen Erwähnung innerhalb meiner "Perlen" aufgrund seiner Vielfältigkeit und musikalischen Vielschichtigkeit somit einfach nicht gerecht werden. Daher lautet meine Empfehlung: Besorgt euch die Platte und taucht selbst ein in den Rock-Kosmos von WITCHWOOD!
Ähnlich wie die Italiener ist auch DARK FOREST auf Platz 6 eine meiner liebsten Festivalentdeckungen der letzten Jahre. Die Briten rissen mich beim "Harder Than Steel"-Festival 2016 derart mit, dass gleich das eine oder andere Scheibchen mit mir nach Hause fuhr. Der Rest wurde mir dann dieses Frühjahr quasi von der Post direkt in meinen Schuppen gebracht, inklusive des superguten neuen Albums "Oak, Ash & Thorn". DARK FOREST liefert truen Heavy Metal mit filigranen Riffs, der süchtig macht! Die oftmals leicht mittelalterlich anheimelnden Harmonien werden durch die tolle Gitarrenarbeit herrlich treibend dargeboten und sind genau das richtige Ohrenfutter für alle Menschen, die im April eines jeden Jahres (außer 2020 und 2021) ein Wochenende lang in einer gewissen Turnhalle mit Tageslichtgarantie herumstehen und feiern, als hätten wir das Jahr 1983.
Nun kommt Platz fünf. Und den hat bei mir eine Band ergattert, von der ich, wie viele andere Rockfans ebenso, dachte, da kommt jetzt ganz bestimmt nix mehr, und wenn, dann von einer völlig indiskutablen Besetzung ohne hörbare Motivation, außer der des Kohlescheffelns, das die Weltmarke AC/DC mittlerweile vollautomatisch bewerkstelligt. Weit gefehlt und selten so geirrt! Dass Phil "Scarface" Rudd in Studionähe gesichtet wurde, war ja mittlerweile bekannt. Dass aber Brian Johnson trotz Interims-Äxls gutem Aushilfsjob an der Live-Front mit neuen Hörgeräten das komplette Album einsingt und Cliff Williams sich trotz vor einigen Jahren geäußerter endgültiger Lustlosigkeit auch noch einmal breitschlagen ließ, hatte ich nicht gewusst und nicht erwartet! Und so rockt "Power Up" absolut Midtempo-lastig, aber fett wie Butterschmalz durch die Boxen und hat unglaublich viele Menschen in dieser vermaledeiten Corona-Zeit glücklich gemacht! Diese Besetzung, die so nahe am "Back In Black"-Line-up ist, wie es heutzutage eben noch geht, hat mit Hilfe von Songs wie zum Beispiel 'Realize', 'Rejection', 'Shot In The Dark', 'Through The Mists Of Time', aber auch 'Witch's Spell' und 'Demon Fire' das beste Album seit "The Razor's Edge" aufgenommen. Man kann es eigentlich immer noch nicht glauben, so großartig ist das!
Mein vierter Platz gehört einer Band, die ich letztes Jahr zum ersten Mal live gesehen hätte, wäre nicht... ihr wisst Bescheid. Mann, Mann, Mann, was habe ich mich darauf gefreut, ICE-T und seine Aggro-Mannschaft inklusive ERNIE-C das Tollwood-Zelt in München dem Erdboden gleichmachen zu sehen! Dem Tonträger hingegen brachte ich kaum Erwartungshaltung entgegen. Doch das war nochmals eine grandiose Fehleinschätzung meinerseits. Ohrenzeugenberichten zufolge (ich kenne derzeit noch nicht alle Alben der Band) haut uns BODY COUNT mit "Carnivore" das beste Album der Karriere um die Ohren! Mal ehrlich: Eine Band, die Konzerte gerne mal mit SLAYERs 'Raining Blood' oder 'Postmortem' und 'Ace Of Spades' von MOTÖRHEAD beginnt, ist entweder komplett größenwahnsinnig oder schlichtweg großartig! Und diese letztgenannte Annahme bestätigt BODY COUNT mit nahezu allen Songs des neuen Albums. Mir gefallen vor allem 'Point The Finger', 'The Critical Beatdown' und 'Another Level' richtig gut. Die genannte 'Ace Of Spades'-Coverversion prangt ebenfalls auf dem Album und Lemmy wäre stolz, ganz ehrlich! Sie haben es nicht verkackt! Die Krone setzen ICE-T und seine Truppe der Scheibe aber mit der Eigenkomposition 'Bum-Rush' auf, die allen Ernstes und völlig zu Recht eine Grammy-Nominierung einheimsen konnte. Manchmal gibt es eben doch Gerechtigkeit.
Platz Nummer 3 habe ich weiter oben bereits erwähnt. In Kurzform, weil zu DEMONIACS "So It Goes" bereits ein ausführliches Review von mir zu lesen ist. Deshalb kommt nun als letzte Erwähnung die Nummer 2 meiner Liste: Gillan! Morse! Airey! Glover! Paice! Ich bin selbst am meisten überrascht, dass sich das neue Album der Rock-Legende DEEP PURPLE überhaupt in meinem Ranking für 2020 befindet, noch dazu so weit oben! Die legendären Herren müssen bereits beim bandinternen Brainstorming zur Namensgebung geahnt haben, dass sie da etwas richtig Großes produzieren, daher haben sie das Album gleich mal lautmalerisch "Whoosh!" genannt. Meist wanderten DEEP PURPLE-Alben bisher Jahre nach Veröffentlichung vom Grabbeltisch in meine Sammlung, weil Purple eben in die Sammlung eines pflichtbewussten Rockmusik-Fans gehört. Richtig oft angehört werden sie bei mir jedoch nicht. Bisher! Diesmal wurden aber bereits Monate vor dem Erscheinen metaphorische Goldhäufchen in Form von überbordenden Lobeshymnen über "Whoosh!" ausgeschüttet und auch die Berichte aus "erster Hand" von Freunden und Bekannten fielen überschwänglich aus. Also bestellte ich das Album und war wie alle anderen vom ersten Ton weg überzeugt: DEEP PURPLE zeigt noch einmal, weshalb man einen so großen und klangvollen Namen hat. Dreizehn wunderbare, unberechenbare, mal fetzige, mal gefühlvolle, zu jeder Zeit großartig instrumentierte Rocknummern versammeln sich auf "Whoosh!". 'Throw My Bones', 'Drop The Weapon', 'No Need To Shout', eigentlich geht jeder Song als Anspieltipp durch! Besonders in mein Herz georgelt hat sich aber 'Nothing At All', das durch zauberhaft lässige melodische Schönheit besticht. Daumen und alles was sich strecken lässt nach oben für "Whoosh!" von DEEP PURPLE, das immer noch des öfteren bei mir im CD-Player rotiert!
Ich gehöre zu den glücklichen Menschen, die im ersten Jahresviertel noch fünf Konzerte erleben durften. Daher war das DREAM THEATER-Konzert in Ludwigsburg ganz klar mein Favorit im letzten Jahr. Fast unerwartet toll war aber auch FIVE FINGER DEATH PUNCH mit MEGADETH für mich, sowie die großartige "The Bay Strikes Back"- Tour mit TESTAMENT, EXODUS und DEATH ANGEL. Das "Metal Assault"-Festival fand ich vor allem wegen SORTILEGE und dem W.A.S.P.-Coverauftritt von CHRIS HOLMES & THE MEAN MEN sehr gelungen, und den Corona-Zapfenstreich spielte dann SABIRE am 7. März in der Göppinger Zille für mich.
Das laue Lüftchen war für mich dieses Jahr "Sudden Death" von HORISONT und das metallisch schickste Cover hat sich SODOM für "Genesis XIX" ausgesucht. Nicht in meine Liste geschafft haben es ca. 25 andere Neuerscheinungen, darunter unter anderem so illustre Namen wie TESTAMENT, DIE ÄRZTE, COMMUNIC, PSYCHOTIC WALTZ und STRYPER. Die beste Vinyl-Box hat RUSH anlässlich des 40-jährigen Jubiläums von "Permanent Waves" veröffentlicht. Daraus seht ihr hier das herrliche Poster!
Vielen Dank fürs Lesen! Ich wünsche euch alles Gute für das Jahr 2021! Jetzt muss ich mal gucken, ob noch Desinfektionsmittel im Schuppen ist...
Rang | Band | Album |
01. | ERIC CLAYTON |
A Thousand Scars |
02. | DEEP PURPLE |
Whoosh! |
03. | DEMONIAC |
So It Goes |
04. | BODY COUNT |
Carnivore |
05. | AC/DC |
Power Up |
06. | DARK FOREST |
Oak, Ash & Thorn |
07. | WITCHWOOD |
Before The Winter |
08. | THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA |
Aeromantic |
09. | PARADISE LOST |
Obsidian |
10. | DEAD LORD |
Surrender |
11. | HÄXAN |
Nine Lives |
12. | BURNING WITCHES |
Dance With The Devil |
13. | HEATHEN |
Empire Of The Blind |
14. | DOOL |
Summerland |
15. | BRUCE SPRINGSTEEN |
Letter To You |
16. | HIGH SPIRITS |
Hard To Stop |
17. | LONEWOLF |
Division Hades |
18. | SONS OF APOLLO |
MMXX |
19. | CIRITH UNGOL |
Forever Black |
20. | ARMORED SAINT |
Punching The Sky |
- Redakteur:
- Timo Reiser