Perlen der Redaktion: Stephan Voigtländers Highlights 2022
24.01.2023 | 17:15Ein heißer Herbst und Glanzlichter en masse.
Das abgelaufene Jahr hielt in musikalischer Hinsicht just dann viel Hochkarätiges für mich bereit, als es eigentlich bereits am Ausklingen war. Vier meiner Top 5-Alben wurden erst in den letzten drei Monaten zu Gehör gebracht (auch wenn eines davon bereits im Frühjahr erschienen war), auch konzerttechnisch ging es erst ab Ende September so richtig hoch her. Zusätzlich fiel auch die Neugründung unseres Magazins als POWERMETAL.de e.V. ins letzte Quartal 2022 inklusive der Ernennung von Marcel als neuen Anführer der Rotte. Wohin uns diese sicherlich spannende Reise noch führen mag, wird sich zeigen, zunächst geht es hier aber um den gepflegten Blick zurück in meinem musikalischen Kosmos.
Über allem thront bei mir dann doch sehr eindeutig die Band, die den Bonus als "local hero" gar nicht nötig hat. Wenn ich behaupte, "Ayam" sei das beste DISILLUSION-Werk des gesamten bisherigen Schaffens der Leipziger (von mir mit 10 Punkten im Review garniert), dann will das schon etwas heißen, angesichts des Debüts "Back To Times Of Splendor", das ein echtes Beben in der damaligen Prog-Death-Szene auslöste, und auch des formidalben Combackalbums "The Liberation" von 2019. Doch hier passt einfach alles - filigrane Musikalität, große Gefühle, dann aber auch wieder ein unwiderstehliches Aggressivitätslevel und vor allem ein unfassbares Songwriting mit noch mehr Vielschichtigkeit als je zuvor. Obwohl alle Songs einen eigenen Charme und Individualität haben, schwebt mein Song des Jahres 'Abide The Storm' doch noch einmal ein Stück über allem. Zeitlos - das behaupte ich jetzt schon voller Überzeugung!
Bei Platz 2 und 3 kann ich mich etwas kürzer fassen - die BLACK SPACE RIDERS aus Münster sind in meiner Musikwelt alte Bekannte und das Album "We Have Been Here Before" erfüllte alle Erwartungen, indem es erneut einen wilden und abgefahrenen Mix aus der Abteilung Attacke und gefühlvollen Relax-Sounds bietet und einmal mehr zeigt, dass es schlicht keine andere Band gibt, die so klingt wie diese Fünf. Die Post-Rocker OH HIROSHIMA waren hingegen eine Neuentdeckung für mich, und auch wenn Post Rock ab und an mal Gefahr läuft, ins Beliebige abzudriften, so haben die fesselnden Songs auf "Myriad" so viel Griffigkeit und Emotionalität, dass sie mich durch die Bank weg überzeugen konnten und dafür sorgten, dass ich dieses Album wochenlang nicht aus dem Ohr bekam.
Ich kann es kaum glauben, dass die Doom-und-noch-so-viel-mehr-Sensation MESSA aus Italien hier so unter dem Radar flog. Angefixt, die Band näher zu begutachten, wurde ich durch die Umschreibung aus meinem Bekanntenkreis, MESSA klänge wie eine frühe Version von THE GATHERING - doch ehrlich gesagt höre ich da bis auf die Tatsache, dass die Musik von einem wundervollen, betörenden Frauengesang getragen wird, gar nicht so viele Parallelen. Der vielseitige Mix aus Doom, Psychedelic, Stoner und Ambient nebst orientalischen Elementen und die Vielzahl ungewöhnlicher Instrumente wie Oud, Dulcimer oder Mandoline machen hier das Besondere aus. Die beiden Singles - das flotte, tanzbare 'Dark Horse' und das wunderbar verschwurbelte 'Pilgrim' - geben einen guten Querschnitt des Albums wieder, doch habe ich vor allem auch 'Orphalese', '0=2' und insbesondere 'Rubedo' ins Herz geschlossen.
Auf den weiteren Plätzen finden sich in meinem Jahresranking Bands, die innerhalb der Redaktion ebenfalls gut bis sehr gut ankamen - namentlich IN THE WOODS, THE NEPTUNE POWER FEDERATION oder LONG DISTANCE CALLING - und natürlich auch persönliche Lieblinge wie die einzigartigen Heavy-Psych-Heroen KING BUFFALO, die Berliner Stoner-Rocker SAMAVAYO mit der toll bebilderten "Payan"-Scheibe (siehe T-Shirt im Bild oben) und die finnischen Düsterheimer SHAPE OF DESPAIR. Flankiert wird das Ganze von Neuentdeckungen wie den sehr originellen Retro-Rock-Schweden SPIRAL SKIES mit dem Album "Death Is But A Door", in das ich nach der Lektüre von Jens' Interview einfach reinhören musste, und dem durchgeknallten Patton/Lombardo-und-Co.-Express DEAD CROSS, eine Kollaboration, die bei diesen beteiligten Musikern von Vornherein einen wilden Ritt versprach, den man auch bekommt.
An der Livefront tat sich bei mir vor allem durch einige Festivals und den intensiven Konzert-Herbst sehr viel. Etwas enttäuscht war ich von der Record-Release-Show meiner Helden von DISILLUSION, doch das lag nicht am Auftreten der Band selbst, sondern einzig und allein am in meinen Ohren ziemlich schlechten Sound. Mehr als aufgewogen wurde dieser Eindruck aber durch andere, wunderbare Live-Erlebnisse wie das Konzert von LONG DISTANCE CALLING in der Leipziger Peterskirche, Shows von beispielsweise WEDGE und PARK+RIOT bei einem Mini-Festival auf einem Künstlerhof in der Nähe von Dresden, MANTAR und KADAVAR beim Re-Generation Fest auf der Leipziger Parkbühne, später im Jahr u.a. ACID MAMMOTH, MOTHER ENGINE und 1000 MODS auf dem Heavy Psych Sounds Fest wieder in Dresden oder die Einzel-Clubshows so unterschiedlicher Acts wie ELDER, HYPOCRISY, ALL THEM WITCHES, MADRUGADA und DAMIEN JURADO. Da war also eine Menge los und ich hoffe, diese Frequenz und vor allem Live-Qualität im laufenden Jahr beibehalten zu können.
Die Top20-Alben in der Übersicht. Mit einem Klick auf den Albumnamen gelangt ihr - soweit vorhanden - zur Rezension.
Rang |
Band | Album |
01. | DISILLUSION |
Ayam |
01. | BLACK SPACE RIDERS |
We Have Been Here Before |
03. | OH HIROSHIMA | Myriad |
04. | MESSA |
Close |
05. | IN THE WOODS |
Diversum |
06. | NEPTUNE POWER FEDERATION, THE |
Le Demon De L'Amour |
07. | MADRUGADA |
Chimes At Midnight |
08. | KING BUFFALO |
Regenerator |
09. | SAMAVAYO |
Payan |
10. | LONG DISTANCE CALLING |
Eraser |
11. | SPIRAL SKIES |
Death Is But A Door |
12. | SHAPE OF DESPAIR |
Return To The Void |
13. | DEAD CROSS |
II |
14. | ELDER |
Innate Passage |
15. | OCEANS OF SLUMBER |
Starlight And Ash |
16. | SIGH |
Shiki |
17. | AUßERWELT |
The Obsidian Ascent - The Panoptical I |
18. | SYBERIA |
Statement On Death |
19. | AETERNAM |
Heir Of The Rising Sun |
20. | EVERGREY |
A Heartless Portrait (The Orphean Testament) |
- Redakteur:
- Stephan Voigtländer