Perlen der Redaktion: Marcel Rapps Highlights 2019

17.01.2020 | 16:16

Wenn mir in einigen Jahren 2019 noch einmal in den Sinn kommt, kann ich eventuell müde darüber lächeln. Doch noch ist alles zu frisch, um entsprechend abgebrüht das vergangene Jahr Revue passieren zu lassen. Es ereigneten sich viele schöne, aber auch einige unschöne Dinge, die ich - so salopp man das gerne sagt - wohl ohne unsere geliebte Musik nicht so glimpflich überstanden hätte. Menschen kamen, Menschen gingen, oftmals still und leise, doch ab und zu mit einem lauten Knall. Diesen Knall gab es auch musikalisch und das nicht zu knapp.

Denn wenn gleich eine Handvoll meiner Lieblingsbands in einem Jahr mit neuem Material von sich hören lässt und sich eine weitere für 2020 schon angekündigt hat, dann stehen die Zeichen auf Sturm. Nutzen wir also gemeinsam die Zeit, um zurück zu blicken. Es geht unter anderem um winderprobte Nordmänner, das Erwachen in Arizona und hochepischen Glanz aus deutschem Hause.

Generell wurde meine alte Liebe zur Musik eines gewissen Herrn Kilmister wieder entfacht, die mich in früheren Tagen enorm prägte und begleitete, 2019 aber eine Sonderstellung einnahm, um mit einer gewissen Lässigkeit an einige nicht ganz so lässige Dinge heranzugehen. So oder so, MOTÖRHEAD war omnipräsent. Doch auch das noch aktuelle FARMER BOYS-Album, AVENGED SEVENFOLDs "Hail To The King" und viele Frühwerke TURBONEGROs liefen ebenso auf Dauerrotation wie die wichtigsten RIOT-, SAVAGE GRACE- sowie FLOTSAM & JETSAM-Klassiker. Kaum zu glauben, dass hierbei auch noch Zeit blieb, in neue Alben und zukünftige Evergreen-Kandidaten reinzuhören. Doch bei seinen Lieblingen macht man eben gerne eine Ausnahme.

Die erste faustdicke Überraschung gab es mit dem SACRED REICH-Comeback-Album "Awakening". Habt ihr, verehrte Leser, wirklich geglaubt, dass Rind und Co. noch einmal mit neuem Material um die Ecke kommen? Und dass es dann auch so zügellos und ungemein geil klingt? Und dass die eher gemütlichen Arizona-Jungs es dann noch einmal vollends wissen wollen? Nun denn, das Auferstehungsalbum war ein kräftiger Schlag in die Gesichter aller Kritiker und hat es knapp hinter der "Humanicide"-Wuchtbrumme meiner Lieblinge DEATH ANGEL knapp auf Rang vier geschafft.

Auch wenn es "Revelations Of Oblivion" nicht ganz auf mein persönliches Treppchen schaffte, so werde ich 2019 immer mit POSSESSED in Verbindung bringen. Auf dem Rock Hard Festival hat einer der sympathischsten und nettesten Menschen ein absolutes Feuerwerk entzündet, das Interview mit seinem Schießbudenbetreiber Emilio ist mir auch heute noch in wunderbarer Erinnerung und das Album per se lässt keinerlei Wünsche offen, seien wir einmal ehrlich. Und obwohl ich mich eigentlich bei jedem meiner Interviewpartner persönlich bedanken müsste, bleiben mir rückblickend neben Herrn Marquez die Gespräche mit den TURBOKILL-Jungs, Alex Hellid von ENTOMBED, dem THE 69 EYES-Fronter Jyrki sowie Herrn Lars Ramcke am ehesten im Gedächtnis.

Wer mich kennt, weiß, dass ich großer STORMWARRIOR-Anhänger bin. Als dann die Nachricht über das "Norsemen"-Erscheinen publik wurde, war ich natürlich frittenfettheiß, meine Fanboy-Brille wurde aufgesetzt und letztendlich wurde ich auch nicht enttäuscht. Auf seine Pappenheimer kann man sich eben verlassen und bei solch einem stürmischen Hymnenarsenal übersteht man auch den kältesten Winter. Ähnlich gewaltig, aber bisweilen viel epischer und emotionaler sorgte das dritte ATLANTEAN KODEX-Album für besondere Momente. Wie hoch waren die Anforderungen, wie gewaltig die Fußstapfen, die für die Band aber nicht zu groß waren. Wer die weiße Göttin verehrte, wird auch "The Course Of Empire" in sein Herz schließen. Daneben sorgten die kalifornischen Todesengel mit "Humanicide" für ein Volle-Punktzahl-Album, zu dem ich auch noch Monate später felsenfest stehe. Und auf Bands wie OVERKILL, AMON AMARTH und FIDDLER'S GREEN war auch im vergangenen Jahr Verlass, aber auch objektiv eher zwiespältig aufgenommene Bands überzeugten mit künftigen Backkatalog-Highlights. Ob wir mit DRAGONFORCE den Extremen folgten, mit ENFORCER auf dem Zenith standen, mit FLOTSAM & JETSAM das Ende des Chaos' näher betrachteten oder einmal mehr über die EXCREMENTORY GRINDFUCKERS die Köpfe schütteln mussten, im Nachhinein bin ich sehr froh, all diesen Super-Alben im vergangenen Jahr begegnet zu sein.

Angefixt durch THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA gab ich auch dem neuen SOILWORK-Album eine Chance. Eine wohl sehr weise Entscheidung, war für mich 'Arrival' samt superber Melodie, anständigem Härtegrad und gewissem Suchtfaktor doch DER Hit aus dem vergangenen Jahr. Für weitere Song-Überraschungen erster Güte, mit denen man im Vorfeld nicht unbedingt gerechnet hat, sorgten 'Steh auf' von LINDEMANN, SUM 41s ‚'The People Vs.', die Über-Hymne 'No Anthem' aus dem Hause FIDDLER'S GREEN sowie - haltet euch fest - 'Donner & Blitzen' vom JUDAS PRIEST-Häuptling ROB HALFORD. Zusammen mit in meinen Augen Obligatorischem wie Songs von ATLANTEAN KODEX, ENFORCER, OVERKILL oder MAYHEM ergibt meine 2019er Playliste einen wahrlich kunterbunten Haufen verschiedenster Stile und Emotionen. Eine perfekte, musikalische Untermalung für das Jahr 2019.

Doch nicht nur etablierte Bands, sondern auch gewisse (zumindest für mich) Newcomer eroberten mein Gehör. Allen voran sorgte die filigrane und immens spielfreudige Mischung aus Melodie und Thrash as fuck aus dem Hause ZODIAC ASS für ein akustisches Trommelfeuer erster Güte. Auch viele Wochen später überrollt mich die Mannschaft aus dem süddeutschen Raum mit Bravour. Aber auch TURBOKILL hat mit "Vice World" ein bockstarkes Debütsternchen an den Himmel des Schwermetalls gezaubert. Von den Jungs wird man künftig noch definitiv viel mitbekommen, denn 2019 war erst der Anfang. Und auch mein lieber Freund, der Zörner-Stefan, hat mit RETERNITY eine neue Band aus der Taufe gehoben, die mit "Facing The Demon" dem melodischen Heavy Metal ihren Stempel aufgetragen hat. Ich freue mich schon auf die nächsten Gespräche mit dir, Stefan. Ich bin dir noch einen Besuch auf einer deiner Live-Shows schuldig.

Wo wir schon beim nächsten Thema wären: Auch live konnten mich viele Bands überzeugen: Angefangen bei RIOT V auf dem Turock Open Air sowie die spätsommerliche Kombination aus METAL CHURCH und ARMORED SAINT über die Rock-Hard-Festival-Überraschung SKID ROW und das SOULFLY-Konzert in Köln bis hin zu Live-Garanten wie OVERKILL und KNORKATOR, war alles dabei. Doch das KISS-Konzert im Essener Stadion war wohl das Highlight des vergangenen Jahres. Die Show, die Stanley, Simmons und Co. bei bestem Wetter auf die Beine stellten, bereitet mir auch Monate später noch eine gewisse Gänsehaut und einige Momente für die Ewigkeit. Man mag über die Konzertpolitik der Mannen zwar zwiespältiger Meinung sein, doch betrachtet man ausschließlich Show und Musik, war das am 03.06.2019 schon ganz großes Kino. Doch als Thrash-Metal-Fan blickt man auf das letzte Jahr auch mit einem weinenden Auge zurück, sagte die Über-Macht SLAYER doch wohl auf ewig Lebewohl. Das Bild Tom Arayas bei seinem letzten Auftritt bleibt für lange, der Kloß im Hals leider für ewig.

Was wünsche ich mir persönlich für 2020? Musikalisch kann es ruhig laut werden - das Bang Your Head, Rock Hard Festival sowie viele kleinere sowie größere Konzerte stehen bereits auf der Agenda. Und wenn Bands wie SEPULTURA, THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA, ANVIL und Konsorten schon neue Scheiben angekündigt haben, sieht es auch an der Veröffentlichungsfront alles andere als mau aus. Und privat? Vor negativen Ereignissen ist bekanntlich niemand geschützt, doch würde es mich sehr freuen, wenn ich in knapp 360 Tagen ein besseres Fazit über 2020 ziehen könnte als ich es aktuell über 2019 mache. Doch egal, was auch geschehen mag, alles hat seinen tieferen Sinn. Um alles - positiv wie negativ - entsprechend kompensieren, verarbeiten und begreifen zu können, gibt es nur ein einziges Mittel: die Musik.

2019 war also ein äußerst gemischtes, musikalisch jedoch hochklassiges, ereignisreiches und wunderbares Jahr, von dem ich noch viel zehren kann. Ich werde bald 32 Jahre alt. Meine Redaktionskollegen werden sicherlich nur müde drüber lachen, doch selten habe ich mich älter und ausgelaugter gefühlt.

Bei allem Alltagsstress und den damit verbundenen Gedanken ist es aber umso wichtiger, entsprechende Rückzugspunkte zu haben. Familie, Freunde, aber auch die ersten Töne persönlicher Lieblingsalben gaben mir 2019 und werden mir auch in den Folgejahren viel Kraft und Zuversicht geben. Haltet an positiven Punkten im Leben fest, verliert nicht das Wesentliche aus den Augen und schöpft Kraft aus den Dingen, die euch gut tun!

Die Top-20-Alben in der Übersicht. Mit einem Klick auf den Albumnamen gelangt ihr - soweit vorhanden - zur Rezension.


Band Album
1. STORMWARRIOR Norsemen
2. ATLANTEAN KODEX The Course Of Empire
3. DEATH ANGEL Humanicide
4. SACRED REICH Awakening
5. FIDDLER'S GREEN Heyday
6. OVERKILL The Wings Of War
7. AMON AMARTH Berserker
8. MAYHEM Daemon
9. POSSESSED Revelations Of Oblivion
10. ZODIAC ASS Where Injustice Turns Into Law
11. SLIPKNOT We're Not Your Kind
12. SOILWORK Verkligheten
13. FLOTSAM & JETSAM The End Of Chaos
14. DRAGONFORCE Extreme Power Metal
15. BETHLEHEM Lebe dich leer
16. ENFORCER Zenith
17. HAMMERFALL Dominion
18. RAM The Throne Within
19. AIRBOURNE Boneshaker
20. EXCREMENTORY GRINDFUCKERS Musik zum Kopfschütteln

Redakteur:
Marcel Rapp

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